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Als Pfarrer rund um den Beetzsee

Serie "Das Landparramt": Ritterschlag bei der Feuerwehr, Bier beim Dorffest, Jogginghose im Garten. Stefan Hartmann aus Päwesin möchte als Pfarrer für jeden in den Dörfern und Gemeinden ansprechbar sein.

Stefan ­Hartmann: „So wie die Person des Pfarrers oder der Pfarrerin ist, so nehmen Menschen die Kirche wahr.“ Foto: Eva Braungart

Von Eva Braungart

„Dreizehn Dörfer, elf Kirchen und einen Hof“, so fasst Stefan Hartman selbst sein Pfarramt in der Beschreibung des Instagram-Accounts zusammen. Einen Teil dieser Dörfer durchfährt der Bus von Brandenburg/Havel nach Päwesin. Kleine Dörfer, oft nur eine Straße mit Häusern rechts und links davon, kleine Dorfkirchen und der Beetzsee, dessen Oberfläche sich in der Herbstsonne spiegelt. Der Bus hält schließlich ­direkt vor der barocken Dorfkirche Päwesin. 

Dahinter liegt das Pfarrhaus, in dem Pfarrer Stefan Hartmann (32) seit ­Januar 2019 mit seiner Frau wohnt. Er wurde zwar in den Entsendungsdienst nach Päwesin geschickt, ist aber froh, auf dem Land zu sein. Sein Vikariat absolvierte er in Berlin-Tegel. Danach entschied sich der Berliner bewusst für das Land. „Bereits zu Beginn schlugen mir Sympathie, große Dankbarkeit und Freude aus den Dorfgemeinden entgegen“, erzählt er. In einer Zeit, in der es schwieriger wird, Pfarrstellen auf dem Land zu besetzen, freuen sich Dorfgemeinden über junge, engagierte Pfarrer wie Stefan Hartmann. 

Gute Beziehung zu allen ­Dörfern und Kirchen

In vielen Dörfern spielen Vereine eine wichtige Rolle. So zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr. Einen guten Kontakt zu den Gemeinden und ihren Vereinen zu haben, ist Pfarrer Hartmann wichtig, und die Einladung zur Einweihung des neuen Gerätehauses in Weseram empfand Hartmann als „Ritterschlag“. Die guten Beziehungen zu jeder Kirchen und jedem Dorf um den Beetzsee liegen ihm am Herzen. 

Für ihn sind die dreizehn Dörfer und elf Kirchen nicht bloß eine ­Herausforderung, sondern auch eine große Chance. Aufgrund der hohen Anzahl an Kirchen und Gemeinden kann nicht jeden Sonntag ein Gottesdienst in jeder Gemeinde statt­finden. Auch ein Pfarrer mit gutem Draht nach „oben“ kann sich nicht teilen und an mehreren Orten gleichzeitig sein. Allerdings ist jedem Dorf ein „Highlight“ im ­Kirchenjahr vorbehalten. 

Klischee des Pfarrers als Sittenwächter ablösen

„Den Gemeinden ist es wichtig, etwas Eigenes zu haben“, das hat Pfarrer Hartmann bemerkt. So schmückt Päwesin die Kirche liebevoll zu Erntedank, in der Butzower Dorfkirche ist es bei einem Gottesdienst für die Jäger so voll, dass Stühle herbeigestellt werden müssen. Besucherzahlen, von denen Kirchen in den Städten manchmal nur ­träumen. 

Nicht nur die Strukturen des Landpfarramtes ändern sich. Stefan Hartmann möchte sich vor allem von dem Klischee des „Pfarrers als Sittenwächter“ ablösen. Auf Dorf­festen trinke er auch einmal ein Bier, im Garten sei er in Jogginghose anzutreffen. Ihm sei es wichtig, dass die Gemeindeglieder auf ihn zugehen können, denn: „So wie die Person des Pfarrers oder der Pfarrerin ist, nehmen Menschen Kirche wahr.“ 

Neue Strukturen bringen aber auch große Herausforderungen: Zwar sagte Hartmann von Beginn an zu allen Gemeinden: „Ich will für euch da sein.“ In der Realität gestaltet sich das auch als schwierig. Vor allem bei einer Pfarrstelle mit so vielen Dörfern. Er sagt, er würde gerne häufiger Geburtstagsfeiern besuchen und so nah wie möglich an allen Gemeindegliedern sein. „Menschen in ihren unterschiedlichen Lebens­lagen zu begleiten ist für mich ein Privileg.“ Auch bei Beerdigungen will er sich für jeden so viel Zeit nehmen, wie die Trauernden brauchen. 

Hohe Ansprüche durch viele Verwaltungsaufgaben

Das Landpfarramt stellt hohe Ansprüche an die Pfarrer, denen sie selbst manchmal nur schwer gerecht werden können. Für Hartmann hat sein seelsorgerlicher Auftrag Vorrang, aber ein Pfarrer muss sich auch um viele Verwaltungsaufgaben kümmern. Sein Glaube gebe ihm Mut für die neuen Aufgaben und helfe ihm, nicht zu verzweifeln, sollte er an den ­Ansprüchen scheitern. 

Seine Predigten sollen zum Nachdenken anregen, auch Raum für Zweifel und Diskussionen bieten. ­Natürlich habe er sich auch die Wahlergebnisse der Landtagswahlen in Brandenburg im September in seinen Dörfern angesehen. „Mir sind aber im persönlichen Gespräch noch keine AfD-Parolen begegnet“, sagt er. Interreligiosität wird auch in ­Päwesin und nicht nur in Berlin ­gelebt: Direkt neben dem Pfarrhaus befindet sich ein buddhistisches Kloster, das den Friseurladen und den Bäcker im Dorf betreibt und damit ein großer Gewinn für die ­Gemeinde ist. 

Als Pfarrer muss man vor allem andere Meinungen hören und unterschiedliche Standpunkte manchmal auch aushalten können, sagt Hartmann. Aber auch „an den Stellen, wo es mit christlichen Werten nicht mehr vereinbar ist, klare Kante zeigen“. Der Dialog dürfe mit keinem Gemeindeglied abreißen. 

Als ein Ehepaar, das den Wiedereintritt in die Kirche in Erwägung zog, morgens vor der Tür des ­Pfarramtes stand, nahm sich Stefan Hartmann eine Stunde Zeit, um mit den beiden über den Glauben und das Zweifeln zu sprechen. „Gott ist der erste, der sagt: Los, fang mit mir neu an“, sagt Hartmann. 

Eigentlich wollte er Medizin studieren

Hört man Stefan Hartmann reden, merkt man schnell, dass er als Pfarrer seine Berufung gefunden hat. Allerdings war dies nicht von Anfang an klar: Nach einem guten Abitur fing er zuerst an Medizin zu studieren. Jedoch merkte er schnell, dass dieser Studiengang nicht das Richtige für ihn war. Freunde sagten schließlich: „Studiere doch Theologie, das passt zu dir.“ Sie behielten Recht. Stefan Hartmann ist mit ­Leidenschaft dabei. 

Bereits als Jugendlicher engagierte er sich kirchlich und ließ sich ein Jahr vor der Konfirmation taufen. Zur Arbeit mit jungen Menschen in seiner ­Gemeinde sagt er: „Jugendliche sollen einen Rahmen bekommen, in dem sie das Tragende des christ­lichen Glaubens erfahren.“ Als Pfarrer mit einer so hohen Anzahl an Gemeinden ist man auf gute Kommunikation und Zusammenarbeit angewiesen. In Päwesin und den anderen Dörfern um den Beetzsee entwickeln sich damit aus den vielen Herausforderungen auch große Chancen für Neues.

Mehr Lust auf Geschichten aus dem Landpfarramt? Lesen Sie hier über Pfarrer Christoph Strauß aus Beiersdorf.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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