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An die große Stärke der Kirche erinnern

Zeitzeugen aus dem Bereich der Kirche in Ost und West erinnern sich am Sonntag in der Berliner Parochialkirche an die Friedliche Revolution und die Kirche in der DDR. In einem Filmprojekt wurden 41 Menschen interviewt. Wir wenden uns mit 4 Fragen an Initiator Martin-Michael Passauer

Die Versöhnungskirche vor ihrer Sprengung 1985 durch die DDR, umgeben von der Mauer. 1989 hatte sie ausgedient.Foto: Archiv Versöhnungskirchengemeinde

Herr Passauer, Sie haben das ­Zeitzeugenprojekt zur Friedlichen Revolution 1989 initiiert, das am Sonntag präsentiert wird. Wie kamen Sie dazu und was ist Ihnen daran besonders wichtig?

Nach meiner Wahrnehmung ­fangen wir 60 Jahre nach dem Bau der Mauer und gut 30 Jahre nach ihrer Öffnung an, uns unsere ­Geschichte durch Geschichten zu ­erzählen. Die Zeit der Interpretationen, der Ab- und Bewertungen und der Deutungen weicht einer Zeit des Zuhörens und Entdeckens. Das weckt Neugier. 

Ich wollte in Kooperation mit dem westlich sozialisierten Super­intendenten des Kirchenkreises ­Berlin Stadtmitte, Bertold Höcker, besonders Menschen ermutigen, ihre Geschichte zu erzählen, die ­öffentlich wenig vorkommen, ­obwohl sie viel bewegt haben. Denn bei  Veranstaltungen und Ereignissen waren und sind ja bis heute die ­Menschen besonders wichtig, die vor – während und danach –  aktiv mitgestaltet haben. Sie wollten wir ehren. Außerdem kenne ich von manchen Menschen Geschichten, die es wirklich wert sind, fest­gehalten zu werden. So sind die ­Interviews eine sehr interessante Geschichtsstunde. Gestaltet von Menschen aus  unterschiedlichen Jahrgängen, Berufs- und Interessen-Gruppen. 

Welche Rolle spielt die Kirche in der DDR und der christliche Glaube bei dem Projekt?

Die Frage nach der Kirche, ihrem Inhalt, ihrem Standort innerhalb der Gesellschaft und ihrer Zukunft ­begleitet mich seit meinen Aus­bildungszeiten. 1969 wurden wir ­ordiniert mit der Bemerkung, dass wir als Gehalt allenfalls Alimente ­erwarten können. Alles andere ist ungewiss. Und dann habe ich erlebt, wie lebendig eine Kirche sein kann, wenn sie durch äußere Herausforderungen ständig ihren Standort und ihre Daseinsberechtigung  begründen muss. 

Dieser Lernort Kirche lädt geradezu ein, die eigenen Gaben, Interessen und Fragen einzubringen. Und durch ihr synodales Prinzip konnte sie einem eher diktatorisch aus­gerichteten System wunderbar vorleben, wie wenig Macht es braucht, um möglichst viele Menschen einzubinden. Das war eine große Stärke. An diese Stärke, die sich auch heute mit dem Wort Kirche verbinden lässt, möchte ich erinnern.

Sie sind selbst ein Zeitzeuge, ­welche Botschaft wollen Sie vor allem an junge Leute heute ­weitergeben?

Ein Motto der sogenannten 1968er Bewegung, das mich sehr ­geprägt hat, hieß: „Wer verändern will,  muss mitmachen.“ Auch ich selber habe nicht geglaubt, wie ­spannend etwa die Einmischung in die inneren Angelegenheiten einer Kirche sein kann. Einmischen, um der Demokratie ihren unverwechselbaren Platz zu erhalten.  Ein- und mitmischen um der Gleichgültigkeit ihre Kraft zu nehmen. Denn ­Gleichgültigkeit ist schlimmer als Hass. 

Die Bürgerbewegung in der DDR erkämpfte auch freie Wahlen. Was würden Sie heute den Bürgerinnen und Bürgern im Blick die Wahlen am 26. September zurufen?

Macht mit – kommt – wagt etwas. Überlasst das Wahlergebnis nicht den Umfragen von heute. Denn unter den vielen drängenden Fragen stehen der Erhalt und die Festigung unserer Demokratie an erster Stelle. Und da ist jede und jeder gefragt. 

Die Friedliche Revolution konnte sich der totalitären Macht entgegen­stellen, weil für viele Zeit ihres ­Lebens eben die Kirche der Lernort für Demokratie war – und hoffentlich bleiben wird. Das steht für mich beispielhaft für engagiertes Leben. 

Die Fragen stellte Sibylle Sterzik. 

Martin-Michael Passauer (Foto von 1992), war Stadtjugendpfarrer für ­Ostberlin, Ostberliner Superintendent und von 1988 bis 1990 persön­licher ­Referent von ­Bischof Gottfried Forck.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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