Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

Anne Franks Kastanie

Vor einer Frankfurter Schule erinnert ein Gedenkbaum an das jüdische Mädchen

Tochterbaum der Anne-Frank-Kastanie auf dem Schulhof der Anne-Frank-Schule in Frankfurt am Main. Eine Kastanie im Hinterhof eines Nachbarhauses war Anne Franks einzige Verbindung zur Natur in ihrem Versteck in Amsterdam. Foto: Heike Lyding/epd
Der ehemalige Hausmeister Lothar Kehl und die stellvertretende Schulleiterin Monika Peuser am Tochterbaum der Anne-Frank-Kastanie auf dem Schulhof der Anne-Frank-Schule. Foto: Heike Lyding/epd
Anne Frank, um 1940. Foto: epd/akg-images

Von Nils Sandrisser (epd)

"Fast jeden Morgen gehe ich auf den Dachboden hinauf, um die stickige Luft aus meinen Lungen zu pusten", schrieb Anne Frank (1929-1945) in ihr berühmtes Tagebuch. "Vom meinem Lieblingsplatz aus auf dem Boden sehe ich hinauf in den blauen Himmel und in den kahlen Kastanienbaum, an dessen Zweigen kleine Tropfen wie Silber glitzern. So lange wie dies existiert, so dachte ich, werde ich leben mögen, um dies zu sehen, diesen Sonnenschein, diesen wolkenlosen Himmel."

Diese Kastanie im Hinterhof eines Nachbarhauses war Anne Franks einzige Verbindung zur Natur in ihrem Versteck in einem Amsterdamer Hinterhaus. Dort lebte sie, bis sie und ihre Familie 1944 verraten und deportiert wurden. Die 15-jährige Anne und ihre Schwester Margot starben vor 75 Jahren, vermutlich im Februar 1945, im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Ableger jenes Baums, der ihr im Amsterdamer Hinterhaus Trost spendete, wachsen mittlerweile überall auf der Welt, etwa vor dem Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York. Im Jahr 2008 wurde auch ein Bäumchen vor der Anne-Frank-Schule in Annes Geburtstadt Frankfurt am Main gepflanzt. Doch eines Nachts im Dezember 2013 kamen Unbekannte, sägten das gut zwei Meter hohe Bäumchen ab und nahmen es mit.

"Die Schüler haben mit offenem Mund dagestanden", erinnert sich die stellvertretende Schulleiterin Monika Peuser an den folgenden Morgen. "Sie haben gefragt: Wer macht so was?" Die Polizei hat keine Hinweise finden können. "Der Fall ist nach wie vor ungeklärt", sagt der Frankfurter Polizeisprecher Manfred Füllhardt.

Symbol der gedanklichen Freiheit

Mögliche Täter gibt es nicht nur im rechtsextremen Lager. Schüler oder Nachbarn, die Angst hatten, dass der Baum ihnen das Licht nehmen würde, sind zumindest denkbar. Aber Monika Peuser sagt: "Es liegt schon nahe, dass das Ganze einen antisemitischen Hintergrund hatte." Der Baum war durchaus bekannt, bei seiner Pflanzung hatten Medien darüber berichtet.

Für ihre Schülerinnen und Schüler besitze der Baum eine hohe Symbolkraft, sagt Schulleiterin Nicola Gudat: "Ein Symbol für Freiheit, auch für gedankliche Freiheit. In unserer Wahrnehmung war das schon ein Angriff."

Anne Frank, deren Gesicht in der Schule von vielen Wänden blickt, sei eine Identifikationsfigur für die Schüler. Das jüdische Mädchen wurde 1929 in Frankfurt geboren, 1934 wanderte sie mit ihrer Familie in die Niederlande aus. Als dort 1942 die Deportationen der Nazis begannen, tauchten die Franks in einem Hinterhaus unter, wo Anne ihr berühmtes Tagebuch schrieb.

"Identität und Herkunft waren große Themen für Anne Frank, und das sind sie auch für unsere Schüler", sagt Gudat. Rund 80 Prozent ihrer Realschüler haben mindestens einen Elternteil, der nicht in Deutschland geboren ist.

Zunächst schien es, als sei der Verlust des Bäumchens unersetzlich. Denn vom Mutterbaum im Amsterdamer Hinterhof ist nur noch ein Stumpf übrig: Während eines Sturms brach die durch einen Pilz vorgeschädigte Weiße Rosskastanie am 23. August 2010 ab.

Wenn es wirklich die Absicht der Täter in Frankfurt war, ein Symbol des Gedenkens an Anne Frank zu zerstören, haben sie ihr Ziel aber verfehlt: Die Kastanie hat überlebt und wieder ausgetrieben.

"Es war gar nicht sicher, dass das Bäumchen wieder austreibt", sagt Lothar Kehl, ehemaliger Schulhausverwalter. Aber das Grünflächenamt habe sich um die Kastanie bemüht. Mittlerweile hat sie sogar zwei kleine Stämmchen, rund drei Meter hoch.

75 Jahre nach Anne Franks Tod zählt ihr Tagebuch zu den meistgelesenen Büchern der Welt. Neuere Untersuchungen des Anne-Frank-Hauses in Amsterdam datieren den Tod des jüdischen Mädchens auf spätestens Mitte Februar 1945. Ihre Mutter Edith wurde in Auschwitz ermordet, der Vater Otto überlebte als einziger der Familie die Schoah. Das Jüdische Museum in Frankfurt zeigt in einer Dauerausstellung Gegenstände aus dem Familienbesitz, die Anne Franks Cousin Buddy Elias (1925-2015) ihm als Dauerleihgaben überlassen hatte.

Die Kastanie vor der Anne-Frank-Schule ist mittlerweile durch ein halbhohes Gitter gegen Angriffe geschützt. "Aber eine 100-prozentige Sicherheit wird es nie geben", sagt Monika Peuser.

 

Anne Frank und ihr Tagebuch

 

 

News-Detail

Frankfurt/Main/epd Das jüdische Mädchen Anne Frank wurde 1929 in Frankfurt am Main geboren, 1944 von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager deportiert. Sie starb vor 75 Jahren in Bergen-Belsen, vermutlich Mitte Februar 1945. Anne Frank wurde nur 15 Jahre alt. Ihr Tagebuch ließ ihr kurzes Leben zu einem weltweit bekannten Symbol für die Gräuel des Nationalsozialismus werden.

Sie bekam das Tagebuch zu ihrem 13. Geburtstag geschenkt. Wenig später musste die Familie Frank untertauchen. Es war das Jahr 1942, der Massenmord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten und ihre Helfer hatte begonnen. Zwei Jahre lang lebte sie versteckt in einem Amsterdamer Hinterhaus.

"Ich bin so froh, dass ich Dich habe!", lautete ihr erster Tagebucheintrag. Bis zum 1. August 1944 schrieb Anne Frank über den Alltag in der Amsterdamer Prinsengracht. Im August 1944 stürmte die Gestapo das Versteck, die acht Verfolgten waren verraten worden. Anne und ihre ältere Schwester Margot starben im Konzentrationslager Bergen-Belsen an den Folgen von Hunger und Entkräftung.

Vater Otto Frank überlebte als Einziger der Untergetauchten den Holocaust und publizierte das Tagebuch. Es wurde in rund 70 Sprachen übersetzt und gehört zum Weltdokumentenerbe.

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.