Frau Kierschke, wie kam es, dass Sie Pfarrerin in Ottawa werden?
Die EKD veröffentlicht jedes Jahr ihre freien Auslandspfarrstellen und das habe ich mir immer mal gerne angeschaut. Doch so unbedingt weg wollte ich nicht, denn in Storkow hat es mir wirklich gut gefallen. Aber dann wurde die Auslandspfarrstelle in Ottawa frei und ich habe mich einfach mal beworben, weil nach Kanada wollten mein Mann und ich schon immer mal. Auch der gegenseitige Eindruck mit der dortigen Gemeinde war positiv, die haben wir im Januar schon besucht. Und schlussendlich hat dann alles gepasst, auch wenn wir lange nicht wussten, ob es zum 1. August auch wirklich klappt: der Flug, die Visa. Das hat sich erst in den letzten zwei Wochen ergeben.
Was erwartet Sie in Ottawa?
Die dortige Gemeinde ist sehr klein, hat 360 Mitglieder. Untypisch ist, dass die Hälfte deutsch- und die andere englischsprachig ist, denn vor zwei Jahren sind zwei Gemeinden fusioniert. Das heißt, ich muss einen Gottesdienst auf Deutsch und einen auf Englisch halten. Aber das wird schon werden. Die Kirche öffnet erst wieder im September, bis dahin werde ich Videogottesdienste machen. Da kann man dann sehen, wie ich mich Woche für Woche verbessere (lacht). Das Pfarrhaus steht in einer Vorstadtsiedlung, sehr nett und ruhig. Und sobald man aus der Stadt fährt, ist man umgeben von Wäldern und Nationalparks.
Was werden Sie vermissen?
Sicherlich die Kolleg*innen im Kirchenkreis, wir haben viel zusammen gemacht. Die alten Dörfer und Kirchen hier in Brandenburg. Die brandenburgische Landschaft genieße ich schon. Meine Familie, werde ich sehr vermissen. Wann können meine Mutter und Brüder mich mal besuchen? Das ist schon schwer, nicht zu wissen, wann man sich das nächste Mal sieht. Aktuell lässt es sich nicht abschätzen. Und, na klar, das deutsche Brot, das werde ich vermissen.
Und worauf freuen Sie sich?
Es wird ein Abenteuer, was ganz anderes. Darauf freuen wir uns als Familie schon. Auch auf die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen vor Ort und auf die Sprache, auf die andere Liturgie im Englischen. Die ist sehr lutherisch. Auch darauf, wie Kirche in Kanada ist. Das System ist ganz anders, ohne Kirchensteuer. Außerdem stehen ganz andere Themen auf der Agenda, etwa die „First Nations“, die Ureinwohner Kanadas. Da bin ich sehr gespannt.
Auslandspfarrer*innen wie Judith Kierschke werden von der EKD für sechs Jahre entsendet. Mehr als 100 deutschsprachige Auslandsgemeinden gibt es weltweit.
Interview: Friederike Höhn