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Aufatmen! Und singen

Endlich treten Lockerungen beim Musizieren in Kraft. Aber warum ist das Singen eigentlich so wichtig?

Laut und druckvoll: Lighthill-Gospel gab 2017 ein großes Konzert in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin. Foto: Uwe Baumann

Von Almut Stümke

In meiner Lieblings-Krimireihe löst Miss Maisie Dobbs ihre Fälle immer mit einer ähnlichen Methode: Vom Gegenüber unbemerkt, imitiert sie dessen Körperhaltung und begibt sich in die gleiche Körperspannung. So erspürt die Privatdetektivin verborgene Gefühle der Verdächtigen und bringt damit – da wird es dann immer besonders spannend – die entscheidende Wendung des Falls.

Dieser Moment in den Krimis freut mich jedes Mal wieder: die räumliche Ebene über den Verstand hinaus. Körperliche Präsenz wirkt und strahlt aus. Wenn Sie ein Kind beruhigen wollen, atmen Sie am besten selber erstmal tief durch. Und sicher kennen Sie das Gefühl, neben dem Lieblingsmenschen zu sitzen und sich einfach durch die Nähe entspannen zu können, so richtig aufzuatmen?

Aufatmen können nun auch ­unsere Chöre: Gemeinsames Singen ist jetzt Schritt für Schritt wieder erlaubt – große Freude! Freude über das Wiedersehen in der Gruppe, aber vor allem über das Wiederhören! Freude über den ­gemeinsamen Klang, Freude über die körperliche Präsenz, die auf­einander wirkt, Freude bei allen Chorleiter*innen, die endlich wieder ihre Chöre hören und wirksam proben können.

In den Lockdowns ist ja (weiß Gott!) nicht nur geschwiegen ­worden. Ganz unterschiedliche Wege des Durchhaltens gab es: ­Die Liturgischen gestalteten in kleinster ­Besetzung so viele ­Gottesdienste mit­ wie sonst im ­Leben nicht. Die Diakonischen spielten vor Pflegeheimen, gezwungener­maßen ganz ohne Proben. Im Einzelunterricht gab es interessante Erfahrungen. Produzent*innen stellten Youtube-Einsingen, Audio-Übedateien oder ganze gemeinsame Filmprojekte her und rüsteten dafür in Windeseile Hard- und Software und vor ­allem Knowhow nach. 

Die Fortbildungshungrigen brachten sich über Tutorials aus dem Internet – aus ­fernen Ländern oder aus dem Nachbarort – neue Stimmbildungsübungen, barocke Verzierungstechnik oder Körper-Perkussion bei. Die ­Digitalen probten per Videokonferenz miteinander und lernten dabei viele Noten, aber auch die eigene Stimme und den eigenen oder ­einen anderen Chor kennen. Gerade in Jugendchören war in manchen Zoomproben auch mal eher das Gespräch als das Singen wichtig. Die Politischen stellten sich laut und erreichten Entscheidungsträger*innen mit der Botschaft „Vergesst die ­Kultur nicht“. Die Kreativen steckten viel Energie in die Beziehungsarbeit. Eine Kantorin ­erzählt: „In den ­Kinderchor-Zoomproben hat die Gruppe regelmäßig ein ,Kind der Woche‘ gekürt, dem ich abends dann eine kleine Aufmerksamkeit vorbeigebracht habe. Das hat mir viele schöne Begegnungen mit den einzelnen Kindern und deren Eltern beschert!“ 

Nun ist es aber an der Zeit, die „verlorenen Jahrgänge“ wieder ­hinein zu holen. Kaum ein Chor, vor allem kaum ein Kinderchor konnte neue Mitglieder ­gewinnen. Chöre drohen einzuschlafen, Traditionen gemeinsamen Chorlebens wegzubrechen. Eine ganze Kohorte von Kindern läuft Gefahr, Singen als ­gefährlich statt als bereichernd ­anzusehen.

Singen braucht (wieder) Raum! Geben wir dem Chorleben wieder den verdienten Platz im Alltag, als Vermittler sozialer Kompetenz. Wer im Chor singt, braucht keinen Teambuilding-Workshop zu be­legen. Wer im Chor singt, nimmt die körperliche Präsenz der anderen wahr, lässt sie auf sich wirken und wirkt selber auf die Mit­menschen. Man muss dann ja nicht ­unbedingt Privatdetektivin werden.

Aber es geht nicht nur um ­humanistische Bildung, sondern auch um die Begegnung der Kirche: Endlich können wir wieder das ­spirituelle Erleben des gemein­samen Musizierens anbieten. Eine angenehme Körperspannung des Gegenübers, eine Schwingung im Raum oder ein energiegeladener Puls im Ensemble kann auch einen Weg zu Gott bedeuten. Geben wir dem ­Singen wieder Raum!

Singen – was jetzt erlaubt ist

In Berlin und Sachsen ist Gemeindegesang mit Maske unter einer Deckenhöhe von mindestens 3,5 m wieder erlaubt. Ein Abstand von 2 m zu Menschen aus anderen Hausgemeinschaften muss eingehalten werden. In der ganzen Landeskirche ist im Freien gemeinsames Singen und Blasen, mit 2-3 m Abstand, wieder erlaubt. Ein negativer Test, eine vollständige Impfung oder der Nachweis einer Genesung innerhalb eines halben Jahres ist für eine Teilnahme an der Probe oder dem Konzert nachzuweisen, und die üblichen AHA- und ­Lüftungsregeln sind einzuhalten. Auch Konzerte sind unter Auflagen wieder möglich. In Berlin dürfen Chöre bereits mit ­begrenzter Personenzahl (20, geimpft, genesen, getestet) wieder in geschlossenen, aber gut gelüfteten Räumen proben und auftreten. In Brandenburg und Sachsen ist in Innenräumen Einzelunterricht möglich, in Gottesdiensten dürfen Ensembles bis zu 6 Personen (geimpft, genesen, getestet) den liturgischen Gesang ausüben.

Mehr unter: www.chorverband-berlin.de und www.kirchenmusik-ekbo.de

                                                  

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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