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Brennt unser Herz?

Die Möglichkeit, mit Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen wieder Gottesdienst in kleiner Gemeinschaft im Kirchenraum feiern zu können, hat in der Landeskirche zu einer Debatte geführt, ob und wie dies schnell umgesetzt werden sollte. Hinter dieser Debatte steckt die aufregende Frage, was uns der Gottesdienst heute bedeutet.

Liebe Pröpstin, 

die Wogen schlagen hoch: Sollen wir jetzt wieder Gottesdienste in leiblicher Anwesenheit feiern? Mit 15, 20 oder demnächst auch wieder 50 Personen ist es erlaubt. Nicht alles, was ­erlaubt ist, nützt. Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch dran, denn es bleibt ja das Risiko der Ansteckung. Deshalb sagen viele: Wir wollen es lieber noch eine Weile lassen. Außerdem mag es gar nicht so angenehm sein, weit auseinander, Nasen-Mund-Schutz und nicht wirklich singen können.

Gottesdienst zu diskutieren, ist gut evangelisch. Ich habe hier und da kräftig gesagt, dass ich mich freue: weil es einfach ein Glück, ein Segen ist, wenn wir Gottesdienst feiern. Weil das den Sonntag ausmacht, dass Gott mit uns, zu uns spricht, uns liebt, uns das Leben schenkt – weil man das feiern muss, immer wieder. ­Digital, elektronisch. Und auch analog wie eh und je. Ich habe danach Sehnsucht. Wenn es möglich ist und wenn es niemanden gefährdet –, die Verantwortung haben wir natürlich – freue ich mich einfach, wenn wir es tun. Zu schlicht? 

Herzlich Christian 

Lieber Bischof,

überhaupt nicht! Es geht für uns als die „Gemeinschaft der Heiligen“ um die Frage nach dem Grund unseres Glaubens. Die geistlichen Impulse zwischendrin, die Zoom-Jugendgottesdienste halten uns verbunden – mit Gott und untereinander. Der – schlichte – Grund der Glaubensfreude liegt im Zusammenkommen, Hören, Sprechen, Singen. Es ist Lebensmittel des Glaubens. 

Da gerät wohl gerade was ins Rutschen, wenn etliche sagen: Mit den digitalen Gottesdiensten haben wir doch viel mehr erreicht, lasst uns digital bleiben. Ja vielleicht, weil eine besondere Situation neue Formate anzieht und manche alte Formen ermüdet waren. Das Bitte-nicht-Zurück in die ermüdeten Formen ist laut; auch diese Stimme: Lasst uns alles zur Gottesdiensterneuerung nutzen. 

Jetzt geht es aber erst mal darum, die geistliche Kernfrage zu stellen: Brennt uns das Herz so, dass wir zusammenkommen zu dem freudigen Ereignis, dass Gott uns dient und mit uns ins Gespräch geht? Manchem zeigt sich, dass es doch nicht die ganze Sehnsucht ist. Dann ­helfen vielleicht die Krise und die Debatten, in der geistlichen Kernfrage klarer zu sehen, ­ehrlicher auf die eigene Sehnsucht und die der Gemeinde zu schauen. 

Ich gestehe, dass das Verfassen von Hygiene-Eckpunkten und die daraus entstehenden Fragen die Sehnsucht nach Gottesdienst und die Vorfreude zu ersticken drohen. Es ist Zeit, jenseits der Frage Gottesdienst analog ja oder nein zu fragen: Wie ernst ist uns die Freude des Gottesdienstes als Haltepunkt, ­Gemeinschaftserlebnis und gedeckter Tisch Gottes für uns? Das ist die Frage vor allen pragmatischen Entscheidungen. Liege ich da falsch? 

Herzlich grüßend
Christina

Liebe Pröpstin,  

Gottesdienst ist nicht zuerst, dass wir Gott dienen. Gottesdienst ist zuallererst: Gott dient uns. Das feiern wir, dafür danken wir. Theo­logisch ausgedrückt: Gottesdienst ist kein ­Menschenwerk, keine Pflicht, kein Müssen, kein „Opfer“ von Lebenszeit oder Kreativität. Gottesdienst ist Gottes Liebe für uns, sein gutes Werk an uns. 

Ich wiederhole, was du geschrieben hast und mir wichtig ist: Es ist Grund der Freude. Das hat noch nichts mit analog oder digital zu tun, aber mit den Gefühlen, der Haltung dazu. In den biblischen Worten: Brennt mein Herz dafür? Was ein brennendes Herz ist, können wir gut bei den Fußballfreunden erleben. Ohne Fußball ist für sie einfach kein Wochenende. Klar, da geht es auch um riesige Summen Fernsehgeld und um die Frage, ob hier „Extrawürste“ für eine Unterhaltungsbranche gebraten werden bis hin zur ethischen Verantwortung, ob ein Unterhaltungsbetrieb anderen lebenswichtige Tests wegnimmt. Ich kann das nicht beurteilen, finde es aber wichtig, darüber zu debattieren. Viele Menschen empfinden das als Teil ihres ­Lebens. 

Der Gottesdienst ist das allwöchentliche Bundesfest. Wir feiern, dass Gott mit uns einen Bund des Lebens eingegangen ist. Ohne das ist das Wochenende kein Wochenende. Damit ist noch nicht entschieden, ob digital oder analog, auch nichts im Blick auf die Uhrzeiten. Ich höre manchmal, auch im Alltag sei ja viel Gottesdienst, so stehe es bei Paulus. Gutes tun, für jemanden da sein, am Krankenbett sein – auch das ist doch Gottesdienst und der sei zur Zeit viel wichtiger. 

Oh ja! Deshalb: Lasst uns das nicht gegenein­ander ausspielen. Seelsorge hier, gottesdienstliche Feier dort. Die Feier über den Grund unseres Lebens und was daraus folgt, das Handeln für andere, sollte niemand auseinander reißen. Es gehört zusammen. Gottes Tun für uns. Unser Tun für andere. Und so gehört das selbst­verständlich auch alles in den Gottesdienst: die Klagen, die wirtschaftlichen Ängste, die Nöte, die Fragen, die Zweifel. Nicht nur der Dank. Auch Bitte und Klage, Zusammenstehen und Suchen genauso.

Was kommt derzeit ins Rutschen? Nach meinem Eindruck taucht die Frage auf, was wir eigentlich wie gerne als Gottesdienst feiern. Die Krise führt uns womöglich eine Krise des Gottesdienstes, so wie wir ihn oft feiern, vor Augen. Das mag uns vorwärts bringen. Und hoffentlich neu entflammen im Erinnern, was Gott für uns tut. Und was zu feiern das schönste Bundesfest ist, von Woche zu Woche, digital und analog. 

Herzlich grüßt Christian

Lieber Bischof,

abgesehen vom Fußballvergleich: Die ­Intention des Paulus’ wird verkehrt, wenn der Gottesdienst des Alltags die kultische Feier verdrängt. Es lebt der Gottesdienst im Alltag davon, umfasst als Gottesdienst das gesamte Leben der Glaubenden, weil – jenseits des ­Alltags – Orte und Zeiten sind, an denen wir ­gemeinsam unseren Dank und unsere Bitte­ ­formulieren und unser Herz auf Empfang ­stellen können, rituell, kultisch, tragend. Genau das braucht der Gottesdienst im Alltag der Welt, um sich von Gott einnehmen, ­ansprechen zu lassen. 

Die Debatte um Schutz der Menschen ­versus Gottesdienst kann sich nicht darauf ­berufen, Gottesdienst im Alltag der Welt sei ausreichend. Es gibt Zeiten der Schwerpunktsetzung und des Verzichts, dann ist das ­paulinische Wort ein Trost, kein Argument für den Ersatz des einen durch das andere. 

Es geht mit der offenherzigen Ansage, wie gut, dass wir uns wieder auf Gottesdienste freuen dürfen, nicht darum, Gottesdienst in seinen traditionellen Formen abzusichern, sondern darum, Gott Raum und Zeit zu geben, damit wir von ihm erreicht werden können. Eben doch noch was anderes als die Sehnsucht nach der liebgewonnenen Fußball-Unterhaltung. 

Aber was heißt das jetzt für die Pfarrerin, die mit dem Gemeindekirchenrat Entscheidungen trifft? Was heißt es für die Gemeinde, die keine Ressourcen hat, über das hygienisch Geforderte zu verfügen? Was für diejenigen, die gern noch mehr Zeit zum Ausprobieren der neuen Formate hätten? Je nachdem wie die Ortsmöglichkeiten sind, wird anders entschieden werden. Bitte kein Gottesdienst unter Regel-Krampf und Muss-Zwang, sondern mit Augenmaß, wo es für alle passt. 

Gottesdienst ist Geistes-Sache, keine Sache der Anweisung. Und hoffentlich werden ­Gottesdienste wieder zu dem, was sie sein wollen: Ausdruck der Freude Gottes über uns und Ausdruck unserer Freude über Gott. 

Das wünscht sich herzlich grüßend
Christina

Liebe Pröpstin,  

nein, eine Sache der Anweisung darf Gottesdienst nie sein. Und deswegen verstehe ich jede Gemeinde, wenn sie jetzt mit den Partnerinnen und Partnern vor Ort schaut, was sich gemeinsam Neues entwickeln lässt, wie das Komplementäre von Digital und Analog vielleicht auf mehrere Schultern verteilt, es ein gemeinsames Gottesdienstpilgern geben kann – vielleicht ja auch frühjahrsdraußen, open air – Frühling für den Gottesdienst in jeder Hinsicht. Denn er soll anstecken – aber auf keinen Fall ansteckend sein in Sachen Virus. Solange das anders ist, gilt es zu verzichten, ganz klar, diese Zurückhaltung ist unbedingt. 

Und ja, der Fußballvergleich wird schnell schief. In meinem Elternhaus hieß es, er sei die „schönste Nebensache der Welt“. Gottesdienst als Fest des Lebens ist vieles, aber eines gewiss nicht: Nebensache. Es geht ja um Gottes Liebe, Gerechtigkeit, Weltverantwortung, Gemeinschaft, Fürbitte, Zuspruch, gute Worte zum Leben, Kollekte für andere, füreinander da sein, Töne und Rhythmen, beste Unterhaltung (mit Gott) …

Darüber sind wir uns einig. 

Herzlich und dankbar – Christian 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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