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Chance vertan?

Pflegelöhne: Welche Rolle spielen Diakonie und Caritas?

Pflegelöhne
„Ein flächendeckender und allgemeingültiger Branchentarifvertrag ist

Vor wenigen Wochen haben die Gewerkschaft Verdi und der kleine Arbeitgeberverband BVAP, die Bundesvereinigung Arbeit- ­geber in der Pflegebranche, einen Tarifvertrag geschlossen, der Lohnsteigerungen von bis zu 8 Prozent über dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes ­vorsieht. Bundesarbeitsminister ­Hubertus Heil wollte diesen ­Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären. Das lehnte die katho­lische Wohlfahrtsorgani­sation ­Caritas ab. 

Von Uli Schulte Döinghaus (mit epd)

Normalerweise nimmt kaum jemand zur Kenntnis, wenn ein Gremium des katholischen Wohlfahrtsverbandes Caritas etwas beschließt oder ­ablehnt. Anders am 25. Februar, als die Dienstgeber (Arbeitgeber) der „Arbeitsrechtlichen Kommission“ der Caritas „Nein“ zu einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Altenpflege sagten. Das „Ja“ der Dienstnehmendenvertreter („Arbeitnehmende“) in der Caritas-Kommission reichte nicht aus. 

Die Arbeitsrecht­liche Kommission der Diakonie beschloss daraufhin, nichts zu beschließen. Die Dienstgebenden in deren Arbeitsrechtlichen Kommission hätten die Abstimmung abgelehnt, so der Sprecher der Mitarbeiterseite, Andreas Korff, dem epd. Die Mitarbeiterseite habe abstimmen und ein Zeichen für einen Branchentarif setzen wollen. Wegen der Ablehnung der Dienstgeberseite sei aber keine Mehrheit zustande gekommen. In der Kommission der Diakonie sitzen je zwölf Mitarbeitenden- und Dienstgebenden­vertreter. Ein flächendeckender und ­allgemeingültiger Branchentarifvertrag „Altenpflege“ ist vom Tisch.

Die Vorlage dafür sollte eine ­tarifliche Vereinbarung zwischen der kleinen Bundesvereinigung ­Arbeitgeber in der Pflegebranche (BVAP)  und der Gewerkschaft Verdi geben. Darin wurden für dieses Jahr etwa Mindestlöhne zwischen 12,40 Euro (für Pflegehilfskräfte) und 16,10 Euro (für Pflegefachkräfte) ausgehandelt, im übernächsten Jahr ­jeweils zwei Euro mehr. In privaten, gewinnorientierten Pflegeunternehmen werden zumeist niedrigere Löhne und Gehälter bezahlt. Bei Caritas und Diakonie wird durchweg etwa zehn Prozent besser entgolten. 

Das Problem: Die Gewerkschaft Verdi repräsentiert nicht einmal jede zehnte Mitarbeiter*in in der Altenpflege-Branche, in der rund eine halbe Million Pflegekräfte arbeiten. 

Auch der Arbeitgebendenverband BVAP vertritt nicht genug ­Unternehmen und Einrichtungen. Organisiert sind kaum mehr als die gemeinnützigen Altenpflege-Einrichtungen unter dem Dach der ­Arbeiterwohlfahrt (AWO), des Arbeitersamariterbunds (ASB) sowie der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Auch der ­Diakonische Dienstgeberverband Niedersachsen e.V. ist – als einziger kirchlicher Verband – Mitglied dieses Tarifbündnisses. Um die Konditionen dieses kleinen Verbandes zur Mindestuntergrenze eines bundesweiten „Tarifvertrages Pflege“ zu machen, hätte es der Stimmen der mächtigen Wohlfahrtsverbände ­Caritas und Diakonie bedurft.  

Besorgt um günstigere Tarife

Ihre Ablehnung haben die „dienst­gebenden“ Vertretenden der ­Caritas unter anderem mit der Sorge begründet, dass ihre günstigeren ­Tarife künftig nicht mehr von den Pflege- und Krankenkassen bezahlt werden. „Wir sehen die Gefahr, dass die ­Kostenträger sich künftig am ­Tarifvertrag Altenpflege (zwischen BVAP und Verdi) als Norm orientieren und unsere höheren Kosten nicht mehr refinanzieren werden“, sagt Norbert Altmann, Sprecher der Caritas-Dienstgeber. Caritas-Präsident Peter Neher betonte die Unabhängigkeit der Arbeitsrechtlichen Kommission. Aber: Deren Entscheidung schade der Glaubwürdigkeit der Caritas und sie komme zu Unzeiten für die katholische Kirche, sagte Neher dem Pressedienst der Caritas.

Der Vorstandsvorsitzende der diakonischen Arbeitgebenden in ­Niedersachsen, Rüdiger Becker, kritisierte, mit dem Veto der Caritas sei eine große Chance vertan worden. „Dieses Nein ist fatal.“ Becker war an der ­Ausarbeitung des Tarifvertrags auf Arbeitgebendenseite beteiligt. Es sei zu erwarten, dass sich nunmehr Pflegekräfte den Gewerkschaften zuwendeten. Es werde für die kirchlichen ­Verbände nicht leichter, ihren ­Beschäftigten zu erklären, warum die Gewerkschaften bei kirchlichen Lohnverhandlungen nicht mit am Verhandlungstisch säßen.

Autonomie der Kirchen prüfen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte nach dem Veto der Caritas erklärt, ein neuer Anlauf zu einem Branchentarif werde sehr viel Zeit kosten und angekündigt, die Pflegemindestlohn-Kommission neu zu berufen, damit man zumindest auf diesem Weg zu höheren Mindestlöhnen in der Altenpflege komme. Kritik kam auch aus der SPD-Bundestagsfraktion. Die arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Kerstin Tack, ­forderte als Konsequenz, die Auto­nomie der Kirchen bei der Lohnfindung auf den Prüfstand zu stellen.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie erklärte, für die Beschäftigten der Diakonie ändere sich nichts. Für sie gelte weiter das kirchliche Tarifwerk, dass in aller Regel deutlich ­höhere Entgelte vorsehe als die Vereinbarungen von BVAP und Verdi. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung der ­Pflegekräfte bleibe aber „ganz oben auf der politischen Tagesordnung“. Dazu brauche es eine umfassende Pflegereform, die sicherstelle, dass Lohnerhöhungen refinanziert  würden. „Die Kosten dürfen nicht durch steigende Eigenanteile den Pflege­bedürftigen aufgebürdet werden.“

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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