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Christus lädt ein

Im Streit um ein gemeinsames Abendmahl fordert der Tübinger Kirchenhistoriker Volker Leppin ein Ende des „Ping-Pong-Spiels“ zwischen dem Vatikan und führenden deutschen Theologen. Im Gespräch mit Judith Kubitscheck (epd) erklärt der evangelische Theologe, was geschehen muss, dass es in der Diskussion um die wechselseitige Teilnahme von Protestanten und Katholiken am Abendmahl wieder vorwärts geht und Gespräche mit dem Vatikan über eine zentrale Ökumene-Frage stattfinden

Gemeinsames Abendmahl
Abendmahl, Fresko in Sant’ Angelo in Formis bei Capua, um 1100.

Herr Professor Leppin, Sie haben zusammen mit der katholischen Theologin Dorothea Sattler aus Münster die wissenschaftliche ­Leitung des Ökumenischen ­Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) inne. Der ÖAK hat mit einem Votum unter dem Titel „Gemeinsam am Tisch des Herrn“ zum gemeinsamen Abendmahl von Katholiken und Protestanten für Diskussionen gesorgt – selbst der Vatikan hat sich in die Debatte eingeschaltet. Was spricht aus Ihrer Sicht für ein gemeinsames Abendmahl?

Die Hauptbotschaft ist, dass derjenige, der einlädt zum Abendmahl und der sich im Abendmahl schenkt, Jesus Christus ist. Wenn Jesus aber einlädt, gibt es dann überhaupt Gründe für menschliche Amtsträger, sich da dazwischen zu stellen? Maßt sich da der Mensch nicht eine Macht an, die er so nicht haben kann?

Nach der Veröffentlichung des Papiers hat sich der Vatikan mit „Lehrmäßigen Anmerkungen“ zu Wort gemeldet und das Papier des ÖAK kritisiert. Können Sie die ­Kritik nachvollziehen?

Zuallererst sehe ich es auch als eine Würdigung an, wenn vom Vatikan auf das Papier reagiert wird. ­Allerdings hätte ich mich gefreut, wenn das in einer dialogischeren Form geschehen wäre. Aus meiner Sicht gibt es zwei Gründe, die es Rom schwierig gemacht haben, positiv auf unser Papier zu reagieren. Erstens ist die katholische Kirche eine Weltkirche: Wenn in Deutschland etwas erlaubt wird, hat das dann auch Auswirkungen auf die weltweite katholische Kirche. Dies verhindert auch manchmal Entwicklungen. Und eine Entscheidung, die das Abendmahl betrifft, ist keine Lappalie. Wir reden da nicht über die Frage, in welcher Farbe ein Kirchengebäude gestrichen werden soll. Das Abendmahl gehört zu den grund­legenden Inhalten christlichen ­Glaubens.

Der zweite Aspekt ist die Frage, wie man Ökumene versteht. Entweder schaut man, was die unterschiedlichen Positionen sind und was ihr grundlegend wahrer Kern ist. Oder es gibt eine feste Norm, so wie es in den jetzigen Reaktionen der katholischen Kirche der Fall ist. Sie wird an andere Kirchen angelegt, ohne nach deren Wahrheitsgehalt zu schauen, was einen sachlichen ­Austausch erschwert.

Letztlich hat der Vatikan dem ­gemeinsamen Abendmahl eine klare Absage erteilt. Lag das auch daran, dass für den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt im Mai 2021 ein solches Abendmahl ­geplant war?

Das liegt nahe. Aber Rom schaut auch insgesamt nervös auf die Situation in Deutschland. Deutschland ist durch seine Geschichte gemischtkonfessionell mit zwei Großkonfessionen, was es so international kaum gibt. Und auch die Debatten im Rahmen des Synodalen Weges sind ein beeindruckender neuer Versuch, Kirche zu gestalten – da kommt aus der Sicht Roms vieles zusammen.

Wie Sie schon erwähnten, haben die deutschen Katholiken innerhalb der katholischen Weltkirche eine besondere Rolle. Wie steht die Deutsche Bischofskonferenz zum Abendmahls-Papier des ÖAK?

Natürlich bestehen unterschiedliche Auffassungen in der Deutschen Bischofskonferenz. Aber ich gehe davon aus, dass die allermeisten Bischöfe grundsätzlich willens sind, einen ökumenischen Weg zu gehen und ich gebe gerne zu, dass ich nicht in deren Haut stecken will. Denn viele können sicherlich unsere theologischen Überlegungen nachvollziehen, aber hören auf der anderen Seite die sehr harten Töne aus Rom. Ich hoffe, dass die Bischöfe einen passenden, gemeinsamen Weg für die Christinnen und Christen in Deutschland finden.

In dem Magazin „zeitzeichen“ sprach sich der Professor für ­Systematische Theologie an der Universität Wien, Ulrich Körtner, dafür aus, dass die Ökumene „eine Denkpause einlegt, statt den eingeschlagenen Weg unverdrossen weiterzugehen, auf dem ein erneutes Scheitern vorprogrammiert ist.“ Was sagen Sie dazu?

Herr Körtner neigt zu pfiffigen Formulierungen, ich lese ihn immer gerne. Ich würde an dieser Stelle aber sagen, dass „Denkpause“ ein unglückliches Bild ist. Besser ist ein weiteres Nachdenken darüber, wo sich die ökumenischen Gespräche, die in der Tat seit vielen Jahren auf die immer gleichen Schwierigkeiten stoßen, weiterentwickeln können. Ich finde wichtig, dass man auf dem Ökumenischen Weg Kontroversen stärker in den Blick nimmt und nicht nur auf Gemeinsames schaut. Auch in unserem Dokument nehmen wir deutlich erkennbar die Unterschiede wahr, so wie das auch Papst Benedikt bereits angemahnt hat.

In der theologischen Diskussion wird man sicher erst einmal damit leben müssen, dass es keine wesentlichen neuen Entwicklungen geben wird. Deshalb ist für mich derzeit der Weg der Spiritualität wichtig. Wir beobachten schon jetzt, dass in ­Gemeinden gemeinsam gebetet wird und auch gemeinsame Gottesdienste – wenn auch ohne Abendmahl – ­gefeiert werden. Das sind Möglichkeiten, durch gelebten Glauben immer mehr Gemeinsamkeiten zu schaffen und dann zu erkennen: 

Im Grund­legenden gibt es sehr viele Gemeinsamkeiten.

Denken Sie, dass durch gemeinsam erlebte Spiritualität dann auch von der Kirchenbasis aus der Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl stärker wird oder ein solches dann auch immer häufiger praktiziert wird?

Einer der Kritikpunkte aus Rom war auch, dass man nicht einfach etwas bewilligen kann, wenn es sich faktisch durchsetzt, sondern dass man darüber theologisch nachdenken muss. Dem stimme ich zu. Aber als Theologe würde ich auch sagen, vielleicht sind die Menschen in den Gemeinden schon ein Stück klüger als wir und können uns helfen, es auch zu werden.

Sie haben schon angedeutet, dass die Diskussion ums Abendmahl festgefahren ist. Was muss aus Ihrer Sicht passieren, dass es ­wieder vorwärts geht?

Da unser Papier ja schon die Aufmerksamkeit im Vatikan geweckt hat, würde ich mir wünschen, dass aus diesem Ping-Pong-Spiel, das wir momentan erleben und was eigentlich für keine der beteiligten Seiten schön ist, ein echtes Gespräch würde: Dass wir beispielsweise mit Kardinal Koch, der im Vatikan für Ökumene zuständig ist, offen darüber reden, wo denn jetzt eigentlich die Hindernisse und die Punkte sind, über die man nochmals anders nachdenken sollte. Und da habe ich immer noch die Hoffnung, dass sich durchaus etwas bewegen kann, wenn es von einseitigen Mitteilungen zu einem argumentativen ­Austausch kommt.

Was motiviert Sie persönlich, sich für ein gemeinsames Abendmahl einzusetzen?

Mich motiviert die sehr grundlegende Ansicht, dass Jesus Christus und das Christentum sehr viel größer sind als unsere vielen kleinen kirchlichen Organisationen. Biografisch habe ich sehr gute Erfahrungen mit der Ökumene gemacht. Ich merkte bei einem ökumenischen Studienjahr an der Dormitio Abtei in Jerusalem, wie gut es tut, wenn man mit Anderskonfessionellen zusammen studiert, theologisch diskutiert – und dann entdeckt: Mancher ­Katholik ist mir sogar näher als ­manche Protestanten.

Haben Sie als Kirchenhistoriker vielleicht auch den Wunsch, dass endlich ein jahrhundertelanger Dissens beigelegt wird und ­dadurch Kirchengeschichte ­geschrieben wird?

Nein, es geht mir nicht darum, Kirchengeschichte zu schreiben. Aber in einer gemischtkonfessionellen Gesellschaft wie in Deutschland gibt es Probleme, die auf der Hand liegen, wie das gemeinsame Abendmahl. Und an deren ­Lösung ein ­kleines Stück weit mitzuwirken – das wünsche ich mir ­tatsächlich.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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