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Das Wasser der Nachfolge

Seit dem Jahr 2010 feiert die ­Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) jährlich am ersten Freitag im ­September einen ökumenischen Tag der Schöpfung. Im Mittelpunkt stehen das Lob des Schöpfers, die Umkehr angesichts der Zerstörung der Schöpfung und Schritte zu ihrem Schutz. 2022 feiert die ACK den Tag am international begangenen Schöpfungstag, dem 1. September, mit Christ*innen aus der ganzen Welt in Karlsruhe. Dort tagt vom 31. August bis 8. September die Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Was kann uns angesichts des ­Klimawandels Mut machen?

Foto: PDP, CC0

Von Wolfgang Lucht

Für den Planeten Erde läuft es nicht gut. Klimawandel und Artensterben, Umweltvergiftung und der ständig steigende Platzanspruch der Menschen für Supermärkte, Tankstellen und neue Wohngebiete. Wir wissen, dass es so nicht weitergehen kann, aber der notwendige Wandel fällt schwer. Woher sollen, woher können wir die Hoffnung nehmen, dass alles gut gehen wird?  Woher nehmen wir die Kraft, der Realität ins Auge zu sehen und die Schöpfung wieder so zu ­behandeln, wie es notwendig ist?

Gott regelt nicht eben für uns die Dinge


Es sind die Verheißungen der ­Bibel, unseres Glaubens, die uns die Zuversicht ­geben. „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst“. Diese Zusage, die Jahres­losung von 20218, steht im letzten Buch der ­Bibel, Offenbarung 21,6. Es ist das große Werk, das uns ein anderes Leben verspricht. Aber auch im ersten Buch der Bibel steht eine große Verheißung, jene des Paradieses. Beides sind Visionen, die ­direkt mit uns und unserer Zeit zu tun haben: die Vision von ­einem ­Leben, in dem alle Geschöpfe im Frieden miteinander leben, und die Vision einer Stadt auf dem Berg, welche zum Reich Gottes gehört. 

Wir sind Ebenbilder Gottes und ­besitzen Erkenntnis, Wissen und Gestaltungsmacht. Dazu gehört, dass wir eigene Verantwortung haben. Insofern regelt Gott eben nicht für uns die Dinge, sondern zeigt sich als der scheinbar ohnmächtige, abwesende Gott, der seine Schöpfung auch dann nicht direkt schützt, wenn sie schreit. Und wenn er dann schweigt, hat er uns selbst die Verantwortung auferlegt für das, was wir tun. So war es auch bei den Verbrechen, die wir aneinander ­begangen haben, wie Dietrich Bonhoeffer uns so klar aufgezeigt hat. 

Aber Gott hat uns nicht einfach zu uns selbst entlassen und uns nichts gegeben, was uns Zuversicht geben könnte, dass wir als Teil der Schöpfung diese Aufgabe meistern können. In der Sintflut wurde die Menschheit vernichtet, aber einer wurde gerettet. Und Gott bestärkte danach seinen Bund mit den Menschen. Dieser Bund, eine Zusage, ­bedeutet, dass der Mensch seinen Ort in der Schöpfung finden kann, obwohl er vom Baum der Erkenntnis gegessen hat und damit zu einer ­tätigen Macht in der Welt wurde. Der Bund ist keine Sicherheit, mit der wir uns entspannt zurück­lehnen könnten, sondern eine ­Aufgabe, eine Herausforderung, ein Anspruch. Er ist eine Verheißung, dass wir nicht fallengelassen ­werden in unserer Bemühung. 

Die Verantwortung ­annehmen


Und es gibt noch eine andere Verheißung. Sie liegt darin, dass Gott Mensch geworden ist, damit wir ihm begegnen können, indem er unter uns ist. Stärker lassen sich Bund und Auftrag nicht besiegeln. Wenn Christus für uns gestorben ist, so weil niemand von uns für ihn ging. Das ist aber nun unsere Aufgabe. Als der Heilige Geist über die frühe Gemeinde kam, war es, weil sie erkannte, dass es nicht um Christus geht, sondern um jeden Einzelnen von uns. Seit wir begriffen haben, dass uns alle das Werk betrifft und jeder von uns als Gottes Ebenbild die Aufgabe hat, dem Nächsten zu begegnen ebenso wie der gesamten Schöpfung, indem wir unsere Verantwortung füreinander und für das Ganze annehmen, ­können wir eine Zuversicht haben, die zu Kraft führt und zu Taten.

Es geht um Leben und Tod


Es geht also auch hier, wo es um die Schöpfung geht, um Erde und Klima, um Nachfolge Christi, ebenso wie wenn es um den Nächsten geht. Auch diese Nachfolge ist nicht billig zu haben, sondern ein schwieriger Anspruch, denn es geht um Leben und Tod. Die Entscheidung zur Nachfolge nimmt uns niemand ab. Die Verantwortung für die Welt und für Gottes Schöpfung ist auch in ­unsere Hände gelegt. 

„Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle lebendigen Wassers umsonst.“ Wenn wir die Schöpfung zerstören, wird Gott uns nicht retten, denn er ist in der Schöpfung. Aber wir können uns retten, weil wir gerettet sind im Bund. Daran glaube ich fest als ­Erdsystem-Wissenschaftler, der ich von Berufs wegen bin. Was sagt dazu eigentlich die Kirche? Was ­sagen wir als Christen?

Professor Wolfgang Lucht ist Klima- und Erdsystemforscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Hier gibt es das Manifest "Wasser der Nachfolge"

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1. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
2. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.
3. Frieden? Gert Flessing Das Wort Frieden ist ziemlich abgenutzt. Nicht erst heute ist das so. Als ein gewisser britischer Premierminister einst in London davon sprach, den "Frieden für unsere Zeit gesichert zu haben", war das den Atem nicht wert, den er verschwendet hat.
Ist es heute besser? Ich hörte irgendwann mal was von einer "europäischen Friedensordnung". Selbst das war eine Illusion.
Und unter uns, im eigenen Land? Man mag in keine Diskussion eintreten, weil viel zu oft die Emotionen über die Vernunft siegen. In unserer Kirche ist es leider nicht sehr viel anders.
Sind wir nur noch Kirche für jene Menschen, die eine "richtige Gesinnung" haben? Wobei ich mehr und mehr daran zweifle, dass es jene Gesinnung sein soll, von der Paulus im Philipperbrief schrieb.
Wie soll da Frieden entstehen?
Aber wenn wir selbst nicht, in unserer Mitte, unter dem Kreuz und in der Hoffnung des leeren Grabes lebend, miteinander in Frieden sein können, wie wollen wir dann der "Welt" dazu helfen?
Viel zu oft, auch da, wo sich Kirche und Politik kreuzen, sehen wir den Splitter im Auge des anderen. Das sollte nicht sein. sonst können wir uns alles, was wir so von Frieden und Mitmenschlichkeit erzählen, sparen.

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