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Der Engel in der Handtasche

Warum sollte man eigentlich nicht an die Existenz von Engeln glauben? Margot Käßmann tut es.

Engel glauben, Margot Käßmann
Weihnachtsengel in Corona-Zeit. Gemalt von der Teamerin Angie Winkel aus der Uckermark.

Von Margot Käßmann

Himmlische Wesen: Im Interesse an Engeln zeigt sich ganz aktuell die Sehnsucht nach spirituellem Erleben des Glaubens. Menschen wollen ihren christlichen Glauben nicht nur intellektuell ­erfassen, sondern ihn sinnlich wahrnehmen und spüren.

Das ist eine Erfahrung, die in Westeuropa lange vernachlässigt wurde und zum Teil verloren gegangen ist. Glaube ist im Zuge der Aufklärung immer rationaler geworden. Nur was ich erklären kann, schien zu gelten. Glaube hat aber immer auch eine irrationale Seite. Wir nehmen ihn nicht allein mit dem Kopf wahr, sondern auch mit ­Herzen, Mund und Händen! Die Erfahrbarkeit ­Gottes nährt sich vielfältig – im Pilgern und Schweigen, Singen und Meditieren ebenso wie im Staunen und Fühlen und Hören.

In der biblischen Weihnachtsgeschichte wimmelt es geradezu von Engeln. Sie kündigen Maria und Zacharias die Geburt Jesu an, sie ermutigen die Hirten, das Kind zu suchen. Und später, in der Ostererzählung erwartet ein Engel die Frauen am leeren Grab.

Der Satz „Fürchte dich nicht!“ erweist sich ­geradezu als Visitenkarte der biblischen Engel. 

Sie stehen in der Bibel für Lebensermutigung und für die Zusage der Nähe Gottes. Sie vermitteln als Boten zwischen Himmel und Erde. Warum also sollte es merkwürdig sein, an die Existenz von ­Engeln zu glauben? Biblisch ist es in jedem Fall.

Manchmal begreifen wir in einem Traum, ­welchen Weg wir gehen sollen – und es könnte aus religiöser Sicht ein Engel gewesen sein, der uns diese Erkenntnis vermittelt. Im Matthäusevangelium ist es ein Engel, der Josef im Traum erklärt, dass es besser ist, mit Maria und dem Kind zu fliehen. Ob diese Geschichte sich nun so abgespielt hat oder nicht – sie berichtet von der Vermittlung einer Botschaft durch einen Engel. Und solche Traumerfahrungen machen Menschen auch heute noch.

Einem Menschen, der auf Reisen geht, einen Engel zu schenken, ist ein schöner Brauch, der auch auf biblische Erzählungen zurückgeht: Ich wünsche dir Gottes Begleitung. Ein solcher Engel wird zur Dreiecksverbindung zwischen Menschen und Gott. Ich selbst habe so manche Engel geschenkt bekommen und trage sie in der Hand­tasche, im Portemonnaie und im Koffer bei mir. Nein, das ist für mich kein Aberglaube, sondern eine Erinnerung an die Gegenwart Gottes in ­meinem Leben, an Schutz, Begleitung und ­Lebensermutigung.

Jemandem einen Schutzengel zu wünschen bedeutet, Gottes Segen zuzusagen. Das heißt nicht, dass Engel auf magische Weise Unglück verhindern können. Doch wie oft haben Menschen die Erfahrung gemacht, dass sie bewahrt wurden oder einen falschen Schritt eben nicht getan haben. Mancher sagt dann: „Glück ­gehabt.“ Andere betonen: „Da hatte ich einen Schutzengel.“ Das ist ein Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber Gott.

Eine Engelerfahrung kann gerade auch im Leid Gottvertrauen und Trost schenken. Wie bei Jesus nach den vierzig Tagen in der Wüste, als er Kraft schöpfen muss: „Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu ihm und dienten ihm“ (Matthäus 4,11). Wer waren diese Engel? Menschen, die ihn liebevoll umsorgten? Erfahrungen, wie Jesus sie machte, gibt es in unserem Leben ja auch: Ein anderer Mensch wird mir zum Engel. Das kann liebevolle Begleitung sein, aber auch ganz praktische Hilfe.

Ich bin überzeugt, dass wir uns auf den ­Gedanken oder auch den Glauben an Engel einlassen können, selbst im 21. Jahrhundert. Es geht um die Erfahrbarkeit Gottes. Wohl wird Gott mich nicht durch Engel vor allem Unglück schützen. Aber ich kann um Schutz, Bewahrung und Begleitung bitten – für mich wie für andere. 

Am wichtigsten bleibt am Ende jene Visitenkarte der Engel: „Fürchte dich nicht.“ Das ist eine große und tiefe Ermutigung für unser Leben, auch in Coronazeiten! Ich muss keine Angst haben, sondern darf meinen Weg gehen. Wenn wir uns darauf einlassen, werden wir auch ganz persönlich Ermutigung erfahren.

Margot Käßmann ist seit Juli 2018 im Ruhestand und widmet sich vor allem dem Schreiben von ­Büchern. Das aktuelle Buch der Theologin heißt „Nur Mut! – Die Kraft der Besonnenheit in Zeiten der Krise“ (bene!).

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1. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
2. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.
3. Frieden? Gert Flessing Das Wort Frieden ist ziemlich abgenutzt. Nicht erst heute ist das so. Als ein gewisser britischer Premierminister einst in London davon sprach, den "Frieden für unsere Zeit gesichert zu haben", war das den Atem nicht wert, den er verschwendet hat.
Ist es heute besser? Ich hörte irgendwann mal was von einer "europäischen Friedensordnung". Selbst das war eine Illusion.
Und unter uns, im eigenen Land? Man mag in keine Diskussion eintreten, weil viel zu oft die Emotionen über die Vernunft siegen. In unserer Kirche ist es leider nicht sehr viel anders.
Sind wir nur noch Kirche für jene Menschen, die eine "richtige Gesinnung" haben? Wobei ich mehr und mehr daran zweifle, dass es jene Gesinnung sein soll, von der Paulus im Philipperbrief schrieb.
Wie soll da Frieden entstehen?
Aber wenn wir selbst nicht, in unserer Mitte, unter dem Kreuz und in der Hoffnung des leeren Grabes lebend, miteinander in Frieden sein können, wie wollen wir dann der "Welt" dazu helfen?
Viel zu oft, auch da, wo sich Kirche und Politik kreuzen, sehen wir den Splitter im Auge des anderen. Das sollte nicht sein. sonst können wir uns alles, was wir so von Frieden und Mitmenschlichkeit erzählen, sparen.

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