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Der Höchste kommt nieder

Wie wir unter Pandemie-Bedingungen in diesem Jahr Weihnachtsgottesdienste feiern

Corona Weihnachten Gottesdienste
Foto: epd

­­­­Von Michael Meyer-Blanck

Alle Jahre wieder… 

... kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Das ist nicht nur ein volkstümlicher Text, sondern auch alles, was von Weihnachten zu sagen und was zu unserem menschlichen Glück zu glauben ist. Nicht nur ein Kind wird geboren – was per se schon immer Freude und Hoffnung bedeutet –, sondern Gott wählt die Lebens- und Familiengeschichte von Josef und Maria, um selbst bei den Menschen zu sein. 

Das ist für den aufgeklärten ­Verstand noch unglaublicher als Karfreitag und Ostern. Dieser Glaube eint die Christ*innen verschiedenster kultureller und historischer Milieus – und er ist zugleich ein Anstoß für Nichtchrist*innen. Das Christuskind: Gott bleibt nicht im Himmel. Der Höchste kommt nieder.

Das Unfassliche dieses Festes hat man in der Christenheit durch zahlreiche Gewohnheiten und Rituale fasslich zu machen gesucht. „Alle Jahre wieder“ steht für den berechtigten Wunsch, das Schöne, das Menschliche und das religiöse ­Gefühl zu ermöglichen oder gar zu gewährleisten. Viele Familien verhalten sich ganz bewusst einmal im Jahr so, wie es sonst Kinder gerne tun: Nur nichts verändern! Die Bräuche und die Reihenfolge genauso wie letztes Jahr! Nichts weglassen!

… aber dieses Jahr (endlich mal) etwas anders!

Doch dieses Jahr ist tatsächlich alles anders – zumindest mit dem Kirchgang. Die normalen vollen Christ­vespern, für die man schon eine halbe Stunde vorher in einer dichtgedrängten Menge an seinem Platz sitzt, wird es nicht geben. Wenn Gottesdienst, dann im Freien auf einem Schulhof, mit Anmeldung in einer „physical distance“ ermöglichenden Kirche – oder gleich ein Fernseh-, ­Digital- oder Rundfunkgottesdienst zu Hause oder auch Lieder und Weihnachtsgeschichte im Familienkreis, also irgendeine Art von Hausgottesdienst.

Wer regelmäßig an Gottesdiensten teilnimmt und mit den Glaubensinhalten vertraut ist, wird mit der veränderten Situation gelassen umgehen oder sich sogar freuen, Weihnachten jenseits der bisherigen Gewohnheiten neu auszuprobieren. Das gilt etwa für Pfarrämter und Mitarbeiterteams, die Open-air-Gottesdienste, offene Kirchen oder offenes Singen vom Lastwagen aus einmal herausfordernder und interessanter finden als alle Jahre wieder das ihnen abverlangte Ideenfeuerwerk für das 15 – 17 – 23-Uhr-Programm.

Mut machen, Ungewohntes zu probieren

Für viele derjenigen, die fast ­ausschließlich Familienfest- und Weihnachtskirchgänger sind, be­deutet das veränderte Heilig­abend-­Programm dagegen eine ­Verunsicherung. Eine Form von Hausgottesdienst fällt schon wegen des Singens und Vorlesens nicht allen leicht.

Von den Gemeinden und kirch­lichen Arbeitsstellen ist darum vor allem eine gute Öffentlichkeitsarbeit gefordert. Viele Alternativen und gute Ideen in den Landeskirchen und Diözesen verdienen es nachgemacht zu werden. Dabei kann man fünf Typen unterscheiden: 1. Gottesdienste im Freien, 2. Offene Kirche für jeweils nur wenige Besucher, 

3. Mobile Gottesdienstformen „unterwegs“, 4. Digitale (oder „hybride“) Gottesdienstformen, 5. Hausgottesdienste. Alle diese Angebote müssen durch die örtlichen Medien gut bekannt gemacht werden – vielleicht trotz aller digitalen Innovationen am besten durch Handzettel (hier lässt sich die Logistik der Gemeindebriefverteilung nutzen).

Gottesdienste im Freien

Das ist die nächstliegende Form: Draußen sind größere Abstände zwischen den Teilnehmenden möglich und das Ansteckungsrisiko ist ­wesentlich geringer als in geschlossenen Räumen. Von den Verantwortlichen ist dabei die Fähigkeit zur Elementarisierung (vulgo: zur Kürze) gefordert, da nur die Wenigsten in der Kälte und Dunkelheit lange stehen können oder mögen. Das ermöglicht es aber auch, mehrere Gottesdienste hintereinander zu feiern – also zum Beispiel fünf „Gottesdienste im S-Bahn-Takt“ alle dreißig Minuten von 16 bis 18 Uhr, Dauer jeweils 20 Minuten, danach Wechselmöglichkeit, am besten mit geregelten Zu- und Abwegen.

Offene Kirchen für jeweils nur wenige Besucher

Ein geistliches Angebot „im Vorübergehen“ kann die offene Kirche sein, in der fortlaufend die Weihnachtsgeschichte gelesen, Weihnachtslieder gesungen oder auch Szenen aus einem Krippenspiel in ganz kurzem Takt angeboten werden; die einzelnen Elemente können an verschiedenen Stellen im Kirchenraum ihren Platz haben. Dabei wird jeweils nur eine bestimmte Zahl von Besucher*innen eingelassen. Der große Vorteil besteht darin, dass man so den üblichen „Kirch-Gang“ ermöglichen kann. Am besten konzentriert man das Angebot auf einen Zeitraum (etwa 16–19 Uhr am Heiligabend). Das hat zusätzlich den Vorteil, dass man die offene Kirche auch mit dem Gottesdienst im Freien kombinieren kann.

Mobile Gottesdienstformate für unterwegs

Bei diesem Modell wartet die Kirchengemeinde nicht auf Besucher, sondern die Kirche kommt zu den Menschen. Ein kleines Team zieht mit Weihnachtsliedern und der Weihnachtsgeschichte (am besten mit Mikro und Verstärker) durch den Ort und macht an bestimmten Plätzen Station für einen 10-Minuten-Gottesdienst. Von einer Gemeinde las ich, dass sich diese einen Laster mit großer offener Ladefläche organisieren und darauf einen Christbaum und Weihnachtsdekoration anbringen will. So kann man an verschiedenen Stellen eine Kurzandacht feiern, ohne vorher den Ort markieren zu müssen. Zudem kann man in relativ kurzer Zeit viele Plätze im Ort ansteuern.

Digitale (oder „hybride“) Gottesdienstformen

Diese Gottesdienstformen sind seit dem Frühjahr 2020 vertraut und in vielen Gemeinden gut eingespielt, so dass viele Gemeindeglieder schon davon wissen. Doch es bleibt der beschwerliche Rest an medialer Gebrochenheit. Eine Fernsehstunde oder ein Blick auf das Tablet am Christbaum behält eben doch den Charme von Home-Office und Video-Call. Das Angebot hat den großen Vorteil, dass die meisten daran unkompliziert teilnehmen können, hat es aber schwer, die spezifische festliche Stimmung zu schaffen, zumal die Seh- und Hörgewohnheiten durch die akustische und schnitttechnische Perfektion vorgeprägt sind.

Hausgottesdienst

Lied „Vom Himmel hoch“ – Lesung Jesaja 9,1–6 – Lied „O du fröhliche“ – Lesung Lukas 2,1–14 – Lied „Stille Nacht“ – Vaterunser – Weihnachtswünsche: So einfach (oder noch schlichter ohne das erste Lied und den ersten Text) kann ein Haugottesdienst sein. Wer das laute Lesen, Singen und Beten nicht gewohnt ist, für den mag das schon zu schwierig sein. Aber diese Form entspricht doch eigentlich dem häuslichen Weihnachten am ehesten, wie es sich in der bürgerlichen Epoche seit dem 19. Jahrhundert herausgebildet hat – vom reformatorischen „allgemeinen Priestertum“ gar nicht zu reden. 

Sicher ist der Kirchgang schöner und feierlicher. Aber so ein kleines Stück Weihnachten für zu Hause ist kaum zu überschätzen. Die Evangelische Kirche im Rheinland ist dabei, einen entsprechenden Flyer allen Tageszeitungen beilegen zu lassen.

… kommt das Christuskind

Man soll den Mangel an weihnachtlicher Liturgie nicht schön­reden. Aber die Menschen sollen es sich dennoch schön machen können. Der Zauber des „schönsten aller Feste“ (Theodor Fontane) ist in den Gefühlen der Menschen und bleibt nicht auf kirchliche Mitarbeiter*- innen beschränkt. Lassen wir etwas von Weihnachten in die Häuser und Herzen kommen, alle Jahre wieder – und sei es im Corona-Jahr.

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(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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