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Einander beistehen

Von der Unmöglichkeit, Trost zu spenden und Hoffnung zu machen

Ewigkeitssonntag

Gedanken zum Ewigkeitssonntag  

Von Matthias Albrecht

In einer Fortbildung im Krankenhaus fragte ich Ärzte nach ihren Erwartungen an die Krankenhausseelsorge. „Trost spenden!“ war einer der Favoriten. Dieser Erwartung werde ich nicht gerecht. Es ist ähnlich bei dem Gedanken, dass ich jemandem Hoffnung machen möge. Ich erlebe in der Seelsorge Trost und Hoffnung als unverfügbar. Ich ringe um Worte auch jetzt im Schreiben. 

Mein Begleiten ist oft zunächst nur ein Dasein im Zuhören manchmal auch Schweigen. Gerade bei schwerkranken ­Gästen im Hospiz oder Heimbewohner*innen sitze ich oft da und atme gemeinsam, synchronisiere meinen Atem mit dem meines Gegenübers. Selbst in der Begleitung von Menschen im Koma ist es oft sehr erstaunlich, welche Auswirkungen das haben kann. Treffender ist für mich deshalb in der Seelsorge der ­Begriff „beistehen“. Wenn wir einander begleiten, indem wir beieinander stehen oder sitzen, einander nah sind, entsteht Raum, in dem Trost sich ereignen kann, in dem vielleicht Hoffnung wächst.

Trösten: jemandem helfen, wieder zu atmen 

Propst im Ruhestand Karl-Heinrich Lütcke hat hier kürzlich auf den Zusammenhang von Trost und Atem hingewiesen. „Das hebräische Wort für Trösten (nacham) bedeutet ursprünglich: jemandem dazu verhelfen, dass er wieder atmen kann, jemanden tief seufzen machen. Wenn Angst das ist, was uns die Kehle zuschnürt, dann ist Trost das, was uns wieder durchatmen lässt, sodass wir aus tiefem Herzen seufzen ­können. Dann ist das, was uns betrübt gemacht hat, nicht weg; aber es ist ein Stück weit bewältigt.“

Das Thema Hoffnung begegnet mir in der Arbeit im Hospiz in vielen Facetten. Ich denke an Frau G. Sie weiß, dass sie bald sterben wird. Sie erzählt, dass sie alles, was zu regeln gewesen sei, geregelt habe. „Ich habe meinen Frieden. Es ist alles gut so. Ich kann gehen.“ Sie hält einen Moment inne und sagt: „Klingt vielleicht ein bisschen verrückt für Sie.“ Ich reagiere: „Nein, das ist hier ganz in Ordnung.“ Sie erzählt weiter davon, dass sie ihren Weg angenommen hat und ihn ganz in Frieden gehen werde. Dann unterbricht sie wieder und sagt: „Klingt doch irgendwie verrückt.“ In dem Moment wird mir klar, dass sie damit nicht nach meiner Sicht auf ihre Haltung fragt und sage: „Eine Seite in ihnen ist bereit zu gehen und eine andere sagt: ‚Das ist verrückt!“‘ Die Frau fängt an zu weinen. Und sie erzählt, dass in drei Monaten das nächste Enkelkind geboren wird, dessen Kommen sie gern noch erleben würde.

Die Seite, die trauert, erlaubte Frau G. sich nicht

Primär war Frau G. mit dem Ja zur unheilbaren Erkrankung und dem baldigen Ende verbunden. Das ist in der Tat etwas Großes und ein wichtiger Schritt auf das Sterben hin. Die Seite, die darüber trauert und gern noch etwas Lebenszeit haben würde, erlaubte sie sich nicht. Diese Seite brauchte Ausdruck. Damit kam Trauer über den Abschied in den Raum und noch einmal ein Moment von Hoffnung. In der Begleitung wurde deutlich, dass neben der Bereitschaft zu gehen, ein Ziel sein darf, auf die Geburt hin zu leben. Am Ende hat sie dieses Ziel nicht erreicht, konnte aber ganz im Frieden sterben.

Die Hoffnung auf ewiges Leben ist ein Thema, mit dem Menschen seltener ringen, vielleicht weil es weniger Höllenangst gibt. Die Vorstellungen vom „Himmel“ sind heute viel weniger konkret als in früheren Zeiten. Bei vielen Menschen gibt es die Zuversicht, dass da „etwas“ ist, wo wir hingehen und dass unsere Gestorbenen nicht einfach weg sind. Dieser Gedanke wird nicht immer mit Christsein und Kirche in Verbindung gebracht. Ich erlebe es als ein Wissen um ein letztes Aufgehobensein, das nicht unbedingt näher beschrieben sein muss. 

Ebenso erlebe ich aber auch, wie stärkend es ist, wenn Menschen auf Lieder sowie Worte und die großen Hoffnungsbilder der Bibel zurückgreifen können, die ihnen vertraut sind und sie durch das Leben begleitet haben. Sie erreichen uns, auch wenn unsere kognitiven Fähigkeiten abnehmen. Gut, wer so einen Schatz zur Verfügung hat!

Jesu Botschaft vom Reich Gottes, das mitten unter uns ist, richtet den Blick aber eben nicht nur auf das Lebensende und in die Wirklichkeit jenseits des Todes. So ist Hoffnung eine wichtige Ausrichtung im Hier und Jetzt aktiv zu werden. 

In „Fragmente der Hoffnung“ (Radius-Verlag 2019) beschreibt der Theologe Fulbert Steffensky Hoffnung als eine Kraft des Handelns auch gegen den Augenschein, das sich ­unabhängig macht von der Antwort auf die Frage nach dem guten Ausgang. „Hoffen lernt man auch dadurch, dass man handelt, als sei Rettung möglich. Hoffnung garantiert keinen guten Ausgang der Dinge. Hoffen heißt, darauf vertrauen, dass es sinnvoll ist, was wir tun. Hoffnung ist der Widerstand gegen Resignation, Mutlosigkeit und Zynismus. Der Glaube und die Hoffnung verdorren, wo sie nur Sachverhalte unserer Innerlichkeit sind und wo sie nicht Praxis werden. Die Hoffnung kann lesen. Sie vermutet in den kleinen Vorzeichen das ganze Gelingen. Sie stellt nicht nur fest, was ist. Sie ist eine wundervolle untreue Buchhalterin, die die ­Bilanzen fälscht und einen guten Ausgang des Lebens behauptet, wo dieser noch nicht abzusehen ist. Sie ist vielleicht die stärkste der ­Tugenden, weil in ihr die Liebe wohnt, die nichts aufgibt, und der Glaube, der den Tag schon in die Morgenröte sieht.“

Matthias Albrecht ist Pfarrer und Seelsorger im Berliner Lazarus-­Hospiz und im Pflegeheim.

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1. Bischof Meister räumt Fehler ein, bleibt aber im AmtNr14,24,o3.20244 Wolfgang Banse Wie geht mnan mit Menschen um, die in der Kirche, hier Ev.luth. Landeskirche Hannover zu Schaden kommen,hier Umgang mit sexueller Gewalt.Das verhalten von Landesbischof Meister, früher Generalsuperintendent des Sprengels der EKBO ist nicht zu rechtfertigen. Trotz schwerwiegende Fehler bleibt er im Amt.Er sollte nicht allein entscheiden über diese Thematik.Hier sollten die mündigen Kirchenglieder der Ev.luth. Landeskirche darüber befinden, ob diese sich noch eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Ralf Meister in der Ev.luth. Landeskirche Hanover vorstellen können.Ebenfalls sollte diese Thematik auf der Frühjahrs-Synode als Tagesordnungspunkt behandelt werden.Hier handelt sich um keine Lappalie, sondern um einen schwerwiegenden Fehler, der nicht mit einer Entschuldigung von Ralf Meister beglichen ist.
2. Kirchen erhalten.... Heinz-Walter Knackmuss Lieber Herr Röger,die Kulturministerin des Landes Brandenburg, Dr. Manja Schüle, hat auf meine Anregung eine Verordnung erlassen, dass mit Zustimmung des Denkmalschtzes und des Konsistoriums Photovoltaik auf Kirchen der Normalfall sein soll. Das wäre eine Möglichkeit die Stromversorgung der Kirchengebäude autark zu machen, denn die Akkus erlauben eine Versorgung bei Tag und Nacht und durch die Einspeisungen noch Geld zu Verdienen und evtl. eine Heizung zu betreiben. Nun sind aber die Pfarrer dagegen und blockieren solche Maßnahmen. Sie haben im voauseilenden Gehorsam Angst, dass der Denkmalschutz das Projekt für Ihre Kirche ablehnen würden oder führen ästhetische Gründe an. Ich würde gern für die SMA in Rathenow dafür eine Spenenaktion starten, aber es fehlt die Zustimmung des Pfarrers. Ich finde, die Kirchenleitung müsste auch die Pfarrer motivieren, solche Projekte zu unterstützen.Wenn es den Christen mit dem Erhalt der Schöpfung Gottes wirklich ernst ist, müssten Photovoltaikanlagen auf alle Kirchendächer.
3. Die Kirche weiter umbauen Wolfgang Banse Nicht immer denkt eine Konsistorialpräsidentin.hier EKBO, Viola Vogel in den richtigen Kategorien.Ist sie eine Prophetin, Hellseherin, was den Zustand der EKBO betrifft.Bei grundsätzlichen Entscheidungen, sollte die Basisdemokratie angewendet w erden, hier Anhörung, Beteiligung der Kirchenglieder, im Bezug:"Wir sind das Kirchenvolk"Einsparungen, was das aufgeblähte Personal im Konsistorium betrifft.Der Rotstift sollte was das Personal anbetrifft, nicht das Bischofsbüro aussperren.Verabschiedung vom Beamtentum, Fahrer abschaffen,Mittelklasse PKw sich zu wenden.Pfarrwohnungen und Pfarrhäuser entsprechend zu aktuellem Mietzins vermieten.Die Kirche unterliegt keinem Modetrend, der wechselt.Gläubige identifizieren sich mit der Kirche, hier Kirchengemeinden, mit denen sie sich verbunden fühlen, beheimatet sind.Sie Familienkirchen , von der Taufe, über Konfirmation, Trauung bis zur Beerdigung für die Familie sind. Gemeindeglieder möchten nicht alle ein paar Jahre ein neues Gesangbuch...Dem Volk, hier Kirchenvolk auf`s Maul schauen, hier Reformator Martin Luther, sollte das Konsistorium beherzigen.Es ist nicht alle gut, was in der EKBO angedacht, umgesetzt wird.Kirchernmitgliedsaustritte zu Hauf belegen dies.

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