Von Uli Schulte Döinghaus
Das Ziel ist es, bis 2031 einen Endlagerstandort zu finden. Das ist die Vorgabe, wenn es darum geht, eine ganz besondere Müllkippe zu suchen. In knapp zehn Jahren muss entschieden werden, wo in Deutschland die atomaren Abfälle für die nächsten 30000 Generationen, also für die nächste Jahrmillion, sicher gelagert werden können. Es geht um 27000 Kubikmeter hochradioaktiven Müll, der rechnerisch in 36 Einfamilienhäusern Platz hätte.
Seit September 2020 gibt es einen „Zwischenbericht Teilgebiete“ der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE, www.bge.de) Er zeigt, welche deutschen Regionen in Frage kommen. So könnte der Westen des Bundeslandes Brandenburg für eine Endlagerung dabei sein, auch Teile der Uckermark, sogar ein winziger Randbereich der Großstadt Berlin.
Auch evangelische Christen in Berlin und Brandenburg sind betroffen, wenn eine Endlagerstätte zu finden ist. Insofern ist auch für unseren Raum eine Frage berechtigt, die am 10. Mai diskutiert wurde: „Was geht die Kirchen die Endlagersuche an?“ Die Online-Debatte fand auf Einladung des Nationalen Begleitgremiums statt. Dessen Aufgabe ist es, die Endlagersuche für hochradioaktive Abfälle vermittelnd zu begleiten – unabhängig, transparent und bürgernah.
Zu den ehrenamtlichen 18 Mitgliedern des Gremiums gehört auch Markus Dröge, ehemaliger Bischof der EKBO und heute Vorstandssprecher der Stiftung Zukunft Berlin. Er führte Anfang vergangener Woche in das Thema ein, auch indem er Kritik an kirchlichen Institutionen und Kirchengemeinden übte: „Es gab meines Wissens noch keine erkennbaren Diskussionen in den Kirchen.“ Das bestätigte Ralf Meister, amtierender Landesbischof der Landeskirche Hannovers. „Komplett ernüchternd“, so Meister, sei das Ergebnis einer Umfrage unter allen Landeskirchen in Deutschland gewesen, ob kirchliche Gremien die Frage nach dem künftigen Endmülllager diskutiert hätten.
Dabei hätten besonders die Kirchen und ihre Mitglieder eine große Aufgabe für eine Standortsuche, also in der Prävention, sagte Günther Beckstein (CSU), ehemaliger bayerischer Ministerpräsident und engagierter Protestant. Beckstein und andere Diskussionsteilnehmer mahnten einen friedlichen Beteiligungsprozess mit den Bürgern an und warnten vor einem erneuten „35-jährigen Bürgerkrieg“, den es um Gorleben gegeben habe.
„Der Müll muss in Deutschland gelagert werden“, sagte Beckstein. „Wir bitten die Kirche, dass sie bei der Suche nach einem Endlager mithilft.“ Für die Politik allein sei das eine fast unlösbare Aufgabe. Ähnlich argumentierte Jo Leinen (SPD), langjähriger Umweltpolitiker und engagierter Katholik: „Ich empfehle den Kirchen dringend, ihre Mitglieder zu informieren und an den Informations- und Gesprächsformaten teilzunehmen“, sagte Jo Leinen. Er regte an, dass in betroffenen Kirchengemeinden und -gremien Beauftragte für Atommüllendlager benannt werden.