Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

Einfach. Klar. Verständlich

Rund zehn Millionen Menschen sind in Deutschland laut Dudenverlag auf Texte in Leichter Sprache angewiesen. Unter ihnen sind Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie Demenz, funktionale Analphabeten und Einwanderer mit geringen Deutschkenntnissen. Das Angebot an Leichter Sprache im Internet ist gering und rudimentär. Ein Schwerpunkt zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember

Katja Leonhardt (li.) und Laura Arnold (re.) schauen sich mit Prüflesern Texte auf Verständlichkeit an. Foto: Wolfgang Kern/Hoffnungstaler Stiftung Lobetal

Von Patricia Averesch (epd)

Menschen mit Lernschwierigkeiten können im Internet nicht schnell nachlesen, was sie gerade interessiert. Denn die meisten Internet­seiten sind in Standardsprache ­verfasst, die für sie oft nur schwer verständlich ist. Sie sind auf ­Informationen in der sogenannten Leichten Sprache angewiesen. Doch die ist im deutschsprachigen ­Internet kaum verbreitet. 

Leichte Sprache soll Menschen mit kognitiver Behinderung den ­Zugang zu Informationen eröffnen. Sie ist der ­Versuch, schriftliche ­Informationen auf einem möglichst einfachen Niveau zu transportieren. Viele Zusammenhänge, Sachverhalte und Begriffe, die bei Lesern von Alltagssprache als ­bekannt ­vorausgesetzt werden, ­müssen für die Zielgruppe kognitiv behinderter Menschen erst erklärt werden. 

Studien darüber, wie hoch der Anteil von Seiten in Leichter Sprache im Vergleich zum Internet in Standardsprache ist, gibt es nicht. Thorsten Lotze, Vorstandsmitglied vom Netzwerk Leichte Sprache, schätzt aber, dass der ­Anteil sehr gering ist. „Leichte ­Sprache kostet Zeit und Geld“, sagte er. Unternehmen sähen es oft nicht als erforderlich an, ihre Internetseiten in Leichte Sprache zu übersetzen.

Die gesetzlichen Vorgaben reichen nicht aus 


Besser sehen die Webseiten von ­Behörden und Ministerien aus, sagt Lotze. Sie seien durch Gesetze oder auch selbst auferlegte Aktionspläne dazu verpflichtet, bestimmte Informationen im Internet in Leichter Sprache anzubieten. So gibt etwa die „Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung 2.0“ vor, dass alle ­Bundesbehörden zum Beispiel grobe Informationen zu ihren Inhalten sowie Hinweise zur Navigation in Leichter Sprache bereitstellen ­müssen. Diese Vorgabe halten die ­Bundesbehörden weitgehend ein, bestätigt Katrin Lang, die ihre ­Doktorarbeit zu barrierefreier Onlinekommunikation von Behörden an der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim geschrieben hat.

Fraglich sei allerdings, ob die Vorgaben sinnvoll sind, gibt Lang zu bedenken. Sie zweifelt daran: Bislang sei nur vorgeschrieben, sogenannte Meta-Texte in Leichter Sprache zu veröffentlichen. Doch die hätten kaum einen Mehrwert, weil darin nur nachzulesen sei, wie die ­Webseite aufgebaut ist und welche Informationen in Leichter Sprache zu finden sind. Ab und zu gebe es noch Hinweise zu dem eigentlich ­interessanten Arbeitsfeld. „Sie ­bekommen, überspitzt formuliert, einen kleinen Eindruck von dem, was man lesen kann – wenn man lesen könnte“, sagt Lang.

Auf der Webseite des Bundes­ministeriums für Arbeit und Soziales ist das Symbol für Leichte Sprache – eine lesende Person mit Buch – zwar problemlos zu finden. Doch die gebotenen Informationen in Leichter Sprache sind begrenzt: So wird zum Beispiel erklärt, was die Aufgabe des Ministeriums ist, wie die Navigationsleiste zu bedienen ist und in ­welcher Rubrik sich alles zum Thema Arbeitslosengeld nachlesen lässt. Öffnet man die entsprechende Rubrik – in diesem Fall „Arbeit“ –, gibt es allerdings nur Informationen in Standardsprache. Leserinnen und Leser mit Leseschwäche können sich also faktisch nicht selbst auf der ­Internetseite des Ministeriums informieren.

Wie ein Rollstuhlfahrer vor einer Treppe 


Christian Glade vom Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe ­Bremen vergleicht daher das Surfen von Menschen mit Lernschwierigkeiten auf diesen Seiten mit dem Besuch eines Rollstuhlfahrers in einem Haus, das keinen Aufzug hat. Der Rollstuhlfahrer gelange zwar barrierefrei über eine Rampe ins Haus, „drinnen steckt er dann aber vor dem Treppenhaus fest und kann nicht in die oberen Stockwerke ­fahren“, sagt Glade.

Wie dringend leicht verständ­liche Informationen gebraucht werden, haben die Corona-Pandemie und die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Juli gezeigt. Zu beiden Notlagen habe es im Internet zunächst keine aktuellen Hinweise gegeben, sagte Katrin ­Herdejürgen von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit. Die Folge: „Menschen mit kognitiven Einschränkungen konnten sich nicht zeitnah über die Lage und das Virus informieren.“

Zwischen dem ernüchternden Bild finden sich im Internet aber auch Vorbilder für Leichte Sprache. Eines sei die Webseite der Stadt Köln, sagt Expertin Katrin Lang. Die Stadt erkläre dort in verständlicher Sprache, wie sich der Wohnsitz ummelden oder ein Pkw anmelden lässt. Damit gehe sie weit über das hinaus, was andere Städte und ­Gemeinden in Leichter Sprache anbieten.

Regeln für Leichte Sprache

Leichte Sprache soll Texte für Menschen mit Lernschwierigkeiten verständ­licher machen. Seit 2006 arbeiten Büros für Leichte Sprache aus Deutschland, Österreich, Italien, der Schweiz, Luxemburg und den Niederlanden in einem Netzwerk zusammen. Sie diskutieren Standards für Texte der Leichten Sprache. Das Netzwerk Leichte Sprache hat dazu Regeln aufgestellt. Danach sind zu verwenden:

- Einfache Wörter, die etwas genau beschreiben, also zum Beispiel nicht 

„öffentlicher Nahverkehr“, sondern „Bus und Bahn“

- Keine Fremdwörter

- Zusammengesetzte Hauptwörter koppeln: also nicht Arbeitsgruppe, sondern Arbeits-Gruppe

- Viele Verben, keine Abkürzungen und außerdem Genitiv, Passiv und Konjunktiv vermeiden

- Bildliche Sprache vermeiden, weil viele Menschen die Texte wörtlich nehmen. Also zum Beispiel nicht „Rabeneltern“ schreiben, denn mit Raben­eltern sind meistens nicht die Eltern von Rabenküken gemeint

- Hohe Zahlen und Prozentangaben vermeiden: Statt „14795 Menschen“ lieber „viele Menschen“

- Sonderzeichen erklären, zum Beispiel: „Ein Paragraf ist ein Teil in einem 

Gesetz. Das Zeichen für Paragraf ist: §. Jeder Paragraf hat eine Nummer.“

- Kurze Sätze, einfacher Satzbau, eine Aussage pro Satz. Nicht: „Wenn Sie mir sagen, was Sie wünschen, kann ich Ihnen helfen“. Sondern: „Ich kann Ihnen helfen. Bitte sagen Sie mir: Was wünschen Sie?“

- Texte mit passenden und leicht verständlichen Bildern verbinden.

Das Netzwerk Leichte Sprache fordert, alle Texte und Bilder von Menschen mit Lernschwierigkeiten prüfen zu lassen. Nur sie könnten wirklich feststellen, ob Betroffene den Text auch verstünden. Text: epd

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.