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„Es gibt einen Platz für mich – weil ich ihn will“

Die Kirche verliert vor allem junge Mitglieder. Warum gibt es Menschen wie die Theologiestudentin Veronika Rieger, die trotzdem an ihr festhalten?

Veronika Rieger, Kirche queer
Jung, queer, feministisch: Veronika Rieger will sich ihren Platz in der Kirche erobern. Foto: Patricia Haas

Von Maike Schöfer

Mit einem breiten Lächeln steht Veronika Rieger an einem grauen Montag vor einem Café in Berlin­Prenzlauer Berg. Ihre Stimme ist laut und kräftig, ihr Lachen sorgt  während des Frühstücks für die Aufmerksamkeit anderer Gäste. Die Theologiestudentin ist 25 Jahre alt, queer, Poetry-Slammerin und möchte einmal Pfarrerin werden. Ein Ausnahmefall? Gerade in ihrer Altersgruppe nimmt die Relevanz von Kirche  seit Jahrzehnten ab.

Für sie gebe es kaum ansprechende Gottesdienste oder Angebote von Kirchengemeinden. Sie fragt sich, was Kirche für junge Menschen anzubieten habe und welche Vorbilder sie schaffe? Für Kinder, Jugendliche und Familien gibt es reichlich Programm. „Ich aber falle aus dem Raster. Ich bin 25 Jahre alt und kinderlos. Welche Angebote passen zu mir?“, fragt Veronika Rieger. Gottesdienste am Sonntagmorgen sind für die freischaffende Künstlerin nicht drin. In der Regel steht sie nämlich am Samstagabend auf der Bühne und trägt ihre Gedichte und Gedanken zu Glaube, Gesellschaft und Politik vor. Ihr Publikum schrecke sie mit ihren religiösen Themen und Fragen aber nicht ab – das sei meistens sehr interessiert und manchmal sogar überrascht, dass eine junge feministische Frau Pfarrerin werden will. „Das sind die schönsten Gespräche, die ich führe, dieses ehrliche Interesse und dieser Überraschungsmoment. Das ist immer auch eine große Chance“, schwärmt sie.  

„Wenn mir eine Bühne geboten wird“, sagt Veronika Rieger mit ernster Miene, „dann möchte ich diese nutzen. Wenn wir eine gerechtere Welt wollen, dann müssen wir alle daran mitbauen.“ Sie stelle ihre Kunst in den Dienst für Gerechtigkeit und sie prangere dabei immer wieder aktuelle Missstände an, wie zum Beispiel das Camp Moria auf Lesbos. Ihr politisches Denken resultiere aus ihrem Glauben, sagt sie. Der bilde ihr Fundament. „Wir sind durch unseren Glauben dazu verpflichtet, Nächstenliebe zu leben und zu ermöglichen und das Reich Gottes heute möglich zu machen.“ Veronika  Rieger macht ihren Glauben auf der Bühne sichtbar. Auch bei Instagram ist sie aktiv und dort Mitglied des „fak.kollektivs“, einer feministischen und ökumenischen Gruppe, die wöchentlich Andachten produziert und online stellt. 

Wie  lebt sie ihren Glauben? Durch Gebet, tägliche Bibellektüre? „In täglich tausend Stoßgebeten“, platzt es lachend aus ihr heraus. Sie bete viel, ergänzt sie, führe viele Zwiegespräche mit Gott. Außerdem lese sie viel in der Bibel, am liebsten die Bibel in gerechter Sprache. Die Alten Sprachen, die sie im Theologiestudium lernen musste, halfen ihr, die sprachliche Vielfalt der Bibel kennenzulernen. Das fasziniere sie immer wieder neu.

Eine feste Gemeinde habe sie in Berlin leider noch nicht gefunden, bedauert Veronika Rieger. Vor zwei Jahren zog sie zum Studium her, ursprünglich stammt sie aus Garmisch-Patenkirchen und war als Jugendliche sehr aktiv in ihrer Heimatgemeinde. 

Eine dicke goldene Kette mit einem großen schlanken Kreuz hängt funkelnd über ihrem bunten Vintage-Pullover. Nach einer Glaubenskrise trägt sie ihre Taufkette wieder. Lange Zeit hat sie sich die Frage 

gestellt, ob es in dieser Kirche überhaupt einen Platz für sie gibt. Denn als queerer Mensch fühle man sich heute immer noch nicht ganz willkommen. Auch als Kind einer Arbeiter*innenfamilie sei es an der Universität nicht immer leicht. Die meisten ihrer Kommiliton*innen kommen aus Pfarrhäusern. Sie sei eben nicht mit Jazz oder Klassik, sondern mit den Toten Hosen aufgewachsen, erzählt sie mit einem Augenzwinkern.

Geantwortet hat Veronika Rieger auf diese Krise mit einem Tattoo. Auf ihrem linken Knöchel steht das Wort „Trotzdem“. Trotzig und selbstbewusst sagt sie: „Nach langer Zeit fand ich die Antwort. Es gibt eben doch einen Platz für mich in dieser Kirche. Weil ich ihn will!“

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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