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Experte: Lage in der häuslichen Pflege wird sich zuspitzen

Osteuropäische Betreuungskräfte fehlen

Eine polnische Pflegekraft betrachtet mit einem pflegebedürftigen alten Mann in dessen Wohnung ein Buch über die alte Heimat Oberschlesien des Seniors. Foto: Werner Krüper/epd

epd-Gespräch: Patricia Averesch

Berlin/epd. Der Verband für häusliche Betreuung und Pflege warnt infolge der Corona-Krise vor einem Notstand in der häuslichen Pflege. Viele osteuropäische Betreuungskräfte verlassen Deutschland derzeit aus Angst, zugleich finden Familien nach einem geplanten Wechsel kein neues Personal. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Frederic Seebohm, in Berlin, dass bis zu 200.000 alte Menschen schon bald nicht mehr durch osteuropäische Betreuungspersonen versorgt werden könnten.

epd: Herr Seebohm, ausländische Betreuungskräfte dürfen nach den Einreisebeschränkungen weiter nach Deutschland einreisen. Warum gehen Sie davon aus, dass trotzdem so viele Osteuropäerinnen fehlen werden?
Seebohm: Das ist ganz einfach. Nur legal beschäftigte Betreuungspersonen dürfen einreisen - das sind in Deutschland aber nur zehn Prozent. Die Mehrheit der Betreuungspersonen ist illegal tätig. Ich weiß zwar nicht, wie streng die Polizei an den Grenzen kontrolliert, aber nach geltendem Recht dürften diese Menschen nicht das Land betreten. Hinzu kommt, dass sich alle Einreisenden seit Karfreitag zunächst zwei Wochen lang in häusliche Quarantäne begeben müssen. Auch von dieser Regel sind nur legal beschäftigte Betreuungspersonen ausgenommen. Wir rechnen damit, dass nach Ostern schrittweise bis zu 200.000 Menschen fehlen werden.
epd: Das Einreiseverbot wurde bereits im März verhängt. Warum gehen Sie davon aus, dass sich die Not erst nach Ostern zeigen wird?
Seebohm: Wir gehen davon aus, dass die familiäre Solidarität das Fehlen der Betreuungspersonen vor und während Ostern aufgefangen hat. Angesichts von Homeoffice und Kurzarbeit kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sich viele Familien zunächst selbst um den pflegebedürftigen Angehörigen gekümmert haben, bevor sie in dieser Situation Geld für eine legal tätige Betreuungskraft ausgegeben haben. Das war für den Moment vielleicht sogar etwas familiär sehr Bereicherndes, aber es ist keine Dauerlösung. Wir wissen nicht, wie lange die Corona-Maßnahmen andauern werden und auch nicht, ob es nicht wieder zu einem Aufflammen der Infektionen kommen wird. Nach Ostern wird sich die Lage zuspitzen.
epd: Tagespflege-Einrichtungen für Senioren haben geschlossen, und Kurzzeitpflege-Einrichtungen nehmen oft keine neuen Bewohner auf. Welche Möglichkeiten haben die Familien, in denen die Betreuungskräfte fehlen?
Seebohm: Das ist eine ganz schwierige Situation. Die Dienstleistung der Betreuungspersonen ist wichtig für das körperliche aber auch für das seelische Wohlbefinden der Senioren. Wir reden von Menschen in existenziellen Nöten, die meist bis in den Tod von den Betreuungspersonen begleitet werden. Jetzt müssen die Angehörigen selbst einspringen oder rund tausend Euro mehr in die Hand nehmen und eine Betreuungsperson legal beschäftigen.
epd: Ihr Verband vertritt über Vermittlungsagenturen rund ein Drittel der legal in Deutschland tätigen Betreuungspersonen. Sind in der Krise denn überhaupt noch genug legal beschäftigte Frauen bereit, nach Deutschland zu kommen?
Seebohm: Ja, auch wenn in unseren Agenturen manche Betreuungspersonen ihre Arbeit abbrechen oder Reisen nicht antreten. Das ist nachvollziehbar. Sie haben Angst um ihre eigene Familie in der Heimat.
epd: Große Buslinien fahren aktuell nicht. Wie wird die Ein- und Ausreise der legal tätigen Betreuungspersonen aktuell organisiert?
Seebohm: Die Vermittlungsagenturen beauftragen zurzeit Kleinbusse. Allerdings müssen die Kleinbusfahrer zwei Wochen lang in häusliche Quarantäne, wenn sie zum Beispiel nach Polen zurückkehren. In Polen sind die Quarantänevorschriften härter als in Deutschland. Deshalb machen es die polnischen Fahrer so, dass sie mit den Bussen bis zur deutschen Grenze fahren und die Betreuungspersonen dort absetzen. Die Betreuungspersonen müssen dann zu Fuß über die Grenze, wo sie dann wieder von Bussen abgeholt werden.
epd: Was könnte die Betreuungskräfte dazu bewegen, nach Deutschland zu kommen oder hier zu bleiben?
Seebohm: Es braucht finanzielle Anreize. In Österreich zahlt der Staat aktuell eine "Bleib da"-Prämie in Höhe von 500 Euro, damit Betreuungspersonen vier Wochen länger bleiben und gar nicht erst abreisen. Eine solche Zahlung in Österreich ist nur möglich, weil dort die häusliche Betreuung schon seit 2007 auf eine rechtliche Grundlage gestellt wurde und nicht 90 Prozent der Betreuungskräfte wie in Deutschland illegal arbeiten.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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