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Frauenhäuser kämpfen mit Folgen der Corona-Krise

Beratungsstellen: Für Frauen ist es jetzt noch schwerer, Hilfe zu suchen

Foto: Steffen Schellhorn/epd

Von Claudia Rometsch (epd)

Katja Winkler hat derzeit alle Hände voll zu tun, um den Betrieb des Berliner Frauenhauses BORA am Laufen zu halten. "Wir sind in einer extremen Situation", sagt die Leiterin der Einrichtung. Mehrere Mitarbeiterinnen musste sie nach Hause schicken, weil sie aus gesundheitlichen Gründen zur Corona-Risikogruppe gehören oder kleine Kinder zu Hause betreuen müssen. Zugleich sind Winkler und ihre einzige im Dienst verbliebene Kollegin damit beschäftigt, verängstigte Bewohnerinnen zu beruhigen sowie schützende Hygienemaßnahmen zu erklären und zu kontrollieren.

Sie muss außerdem Lebensmittel besorgen, weil der für das Haus tätige Supermarkt-Lieferdienst wegen der vielen Hamster-Käufer plötzlich Mengenbeschränkungen erlassen hat. Und Winkler befürchtet, dass es noch schwieriger wird: "Schon jetzt rufen mehr Frauen an, die Hilfe benötigen."

"Wenn die Leute mehr zu Hause aufeinandersitzen, fördert das automatisch eine Dynamik der Gewalt", sagt auch Sylvia Haller von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser, in der rund 100 Einrichtungen organisiert sind. "Mir graut, wenn ich daran denke, was sich da jetzt in manchen Familien zu Hause abspielt."

Durch die derzeitigen Einschränkungen steige die Gefahr für Frauen und Kinder, Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt zu werden, warnte auch Katja Grieger vom Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) schon vor einigen Tagen. Aus China gebe es ähnliche Erfahrungen, erklärten der Bundesverband und weitere Organisationen: Nach Angaben einer Pekinger Frauenorganisation habe sich die Zahl der hilfesuchenden Frauen in der Zeit der Quarantäne verdreifacht.

Derzeit meldeten sich in den deutschen Beratungsstellen zwar noch nicht mehr Frauen als gewöhnlich, berichtet Grieger. "Wir sind aber sicher, dass es eine erhöhte Nachfrage in den Beratungsstellen geben wird, sobald wieder Normalität eingekehrt ist." Der Grund für die Prognose einer "zeitversetzten" Entwicklung: Es sei für viele Frauen jetzt noch schwieriger als sonst, Hilfe zu suchen, denn die Männer seien ständig zu Hause: "Gewalttätige Männer überwachen nicht selten auch die Telefon- und Handykontakte der Frauen."

Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, warnt außerdem davor, dass auch für Kinder das Risiko häuslicher Gewalt steige, weil sie nicht in die Schule oder Kita gehen können. Und Sylvia Haller von der Zentralen Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser sagt: "Die Situation wird sich zuspitzen."

Frauenorganisationen befürchten, dass das Hilfenetz für Gewalt-Opfer in dieser Situation zu schwach sein könnte. Das Problem sei, dass Plätze in Frauenhäusern bereits jetzt knapp seien, erklärt Grieger. "Die Krise trifft auf ein System, das ohnehin schon an der Grenze ist." Sylvia Haller rechnet sogar damit, dass die Zahl der freien Frauenhausplätze in den nächsten Monaten noch sinken wird. "Wir gehen davon aus, dass irgendwann auch Corona-Fälle in Frauenhäusern auftreten und die dann unter Quarantäne stehen."

Deshalb sei es dringend notwendig, jetzt zu handeln. "Wir sollten nicht erst in zwei Wochen anfangen zu überlegen, wie wir mit dem Problem umgehen", fordert Haller. Denkbar sei etwa die Anmietung von Hotels, um Frauen und Kinder aufzunehmen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind. Jetzt müsse das Bundesfrauenministerium unterstützend eingreifen, fordert sie.

Auch Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) befürchtet, dass die Gewalt gegen Frauen in den kommenden Wochen zunehmen wird. Sie betonte, dass betroffene Frauen aber ungeachtet der Ausgangsbeschränkungen jederzeit das Haus verlassen könnten, um Hilfe zu suchen. Ihr Ministerium werde außerdem dafür sorgen, dass das bundesweite Hilfetelefon weiter rund um die Uhr erreichbar sein werde.

Anlaufstellen für Gewaltopfer finden sich auch auf der Internetseite des bff, und natürlich seien die Frauenhäuser vor Ort immer Anlaufstelle. Trotz knapper Ressourcen verspricht Haller: "Wir finden eine Lösung."

Die Beratungsstellen appellieren auch an Nachbarn, Familie und Bekannte, derzeit besonders wachsam zu sein: "Wenn der Verdacht besteht, dass eine Frau Opfer häuslicher Gewalt ist, sollte man fragen, ob sie Hilfe benötigt", rät Haller. Wenn man unsicher ist: Das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" berät auch Menschen, die Gewalt-Opfer unterstützen wollten.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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