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Fromme Fashionista

"Modest fashion" ist bei gläubigen Musliminnen nicht nur im Ramadan beliebt

Unter dem Titel "Contemporary Muslim Fashions" zeigte das Frankfurter Museum Angewandte Kunst (MAK) vor einem Jahr die erste große Ausstellung über zeitgenössische muslimische Mode (v.l.: Hose, Hoodie und Jacke (2018) von Imen Bousnina; Ensemble (2017) von Hana Tajima für Uniqlo; Ensemble (2017) von Anandia Marina Putri Harahap für IKYK). Foto: Heike Lyding/epd

Von Carina Dobra (epd)

Ein knallbuntes Kleid, um den Hals ein extravaganter Fellkragen, dazu goldene Kreolen, die Haare mit einer Art Turban bedeckt. So zeigt sich die israelische Modebloggerin Yodfat auf Instagram. Mehrere Tausend Nutzer folgen ihr. Unter dem Namen "yodfatstyle" betreibt sie einen Modeblog. Die Jüdin liebt "modest fashion". Übersetzt heißt das so viel wie "bescheidene Mode" – ein Kleidungsstil für Frauen, der in religiösen Traditionen wurzelt.

Die Kundinnen sind oft Musliminnen, aber auch Jüdinnen. Der Markt boomt weltweit, die Umsätze liegen jedes Jahr im mittleren zweistelligen Milliardenbereich. Kollektionen kommen von Designerlabels ebenso wie von kleineren Produzenten aus Indonesien und Malaysia, aber auch aus Deutschland. In Dubai und der Türkei präsentieren Modeschöpfer auf "modest fashion"-Weeks ihre Kreationen. Der islamische Fastenmonat Ramadan, der dieses Jahr am 24. April beginnt, ist Hochsaison für "modest fashion", viele Label bringen dafür Sonderkollektionen heraus.

Kopftücher im Leo-Print

Große Mainstreammarken wie H&M und Mango haben den Trend schon länger aufgespürt. Auch auf der Seite des Online-Shops asos finden Kundinnen die Rubrik "modest fashion": Midi-Röcke, locker sitzende "Boyfriend"-Hemden sowie Kopftücher mit Leopardenprint.

Das sind Kleidungsstücke, die neben gläubigen Musliminnen auch vielen frommen Jüdinnen gefallen. Denn ebenso wie für jüdische Männer gilt für sie die "Zniut", eine Regelsammlung für sittsames Leben, zu der auch die Kleidungsvorschriften gehören: Jüdisch-orthodoxe Frauen bedecken ihren Körper bis zu den drei Knochen - Knie, Ellbogen und Schlüsselbein. Nach der Heirat tragen sie ein Kopftuch oder eine Perücke, den "Scheitel". Einige entscheiden sich auch für Basecaps, Basken- oder Strickmützen.

Die modische Interpretation sei vielfältig, sagt Sara Soussan vom Jüdischen Museum Frankfurt. Orthodoxe Jüdinnen möchten ihre weiblichen Reize nicht der Öffentlichkeit zeigen, erklärt die Judaistin. Diese sollten dem Partner vorbehalten sein. Die Kuratorin für jüdische Gegenwartskultur hat sich intensiv mit jüdischer Mode beschäftigt. Auch sie trägt einen Turban, ansonsten herkömmliche Stiefel und einen längeren Rock.

Durch die sozialen Netzwerke verbreitete sich der "modest-fashion"-Trend rasend schnell, erklärt Soussan. Die Nachfrage nach der "dezenten" Kleidung sei in den vergangenen Jahren größer geworden, der Einkauf durch Online-Anbieter außerdem einfacher. Inzwischen gibt es auch einige jüdische Designerinnen wie das Duo Mimu Maxi aus New York mit orthodoxer Mode und die Israelin Michal Siv, die Bademoden für fromme Jüdinnen entwirft.

"Hidschabistas" als fromme Influencerinnen

Hinter vielen muslimischen und jüdischen Modebloggerinnen steht eine große Fangemeinschaft. Die Deutsch-Türkin Sümeyye Coktan war eine der ersten deutschen "Hidschabistas". Das sind muslimische Modebloggerinnen, die ihren Stil in den sozialen Medien präsentieren - mit Hidschab, also Kopfbedeckung, trendig kombiniert. Bis heute postet die junge Frau aus Duisburg unter "hijab is my diamond" Fotos und Videos, dafür erhält sie meist mehr als 10.000 Likes.

Die "modest fashion"-Bewegung ist umstritten – vor allem um das Kopftuch wird immer wieder heftig debattiert. Denn den selbstbewussten Musliminnen und Jüdinnen, die sich stylish kleiden und trotzdem die religiösen Kleidervorschriften beachten wollen, steht eine andere Gruppe gegenüber: Frauen, die dafür kämpfen, kein Kopftuch tragen zu müssen, alles anziehen zu können, was sie wollen – nicht nur "modest fashion".

Als Dolce & Gabbana begann, muslimische Mode anzubieten, rief beispielsweise die französische Philosophin und Feministin Elisabeth Badinter zum Boykott der Marke auf. Sie warf ihr vor, an der Unterdrückung von Frauen durch den Schleier verdienen zu wollen.

Sachliche Diskussion? Kaum möglich

Einen besonders lauten Aufschrei gab es bei der Ausstellung "Contemporary Muslim Fashions" im Frankfurter Museum Angewandte Kunst vergangenes Jahr. Frauenrechtlerinnen hatten die Schau im Vorfeld kritisiert. Der Hauptvorwurf: Das Museum verharmlose das Kopftuch. Die Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates kritisierte, die Veranstalter verkauften sich an die Textilindustrie und die Islamisten, die am liebsten alle Frauen dieser Welt verhüllen würden.

Eine sachliche Auseinandersetzung mit religiösen Vorschriften für Frauen wie dem Kopftuch sei in Deutschland kaum möglich, beobachtet die Frankfurter Politikwissenschaftlerin Antje Schrupp. Die Debatte sei emotional so aufgeladen, dass sie schon vor einer eigentlichen Diskussion zum Erliegen komme. "Alte Rassisten" würden sich in solche Diskussionen "pseudo-feministisch" einbringen, kritisiert die Theologin. Dahinter stecke oft Islamfeindlichkeit.

Das Problem an "modest fashion" ist nach Schrupps Meinung nicht die Mode an sich, sondern der Begriff: Das Adjektiv "modest", also "sittsam", "bescheiden" sei schwierig, um eine freiheitliche Mode zu beschreiben. Es impliziere eine moralische Aufforderung. Das Bild einer Frau als "zurückhaltend" aber sei grundlegend patriarchal.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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