Wir diskutieren den Tod in Zeiten der Pandemie – den einsamen. Wie wir sterben, ist relevant. Wie wichtig ist Selbstbestimmung und wie wichtig ist Begleitung? Wenn die Pandemie uns etwas lehrt, dann, wie beides – Selbstbestimmung und Begleitung – zusammengehören, auch angesichts der Diskussion um den assistierten Suizid.
Der Corona-Tod ist ein „einsamer Tod“. So Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Er regte an, über die Möglichkeit einer offiziellen Trauer-Veranstaltung für die etwa 9300 Toten in unserem Land nachzudenken. Eine Zahl. Nicht so hoch wie etwa in anderen Ländern. Was sind Zahlen? Nichts, wenn das Maß der Trauer beschrieben werden soll, das sich mit dem Sterben und dem Tod verbindet. Mancher kann sagen, keine Corona-Toten persönlich zu kennen. Solche Sätze klingen ein bisschen nach Abstandsuche zu dem, was am Ende nicht auf Abstand zu halten ist: sterben zu müssen und das Leben zu verlieren.
Die Lektion dieser Zeit ist eine in Demut angesichts der Lebensgrenzen. Eine Lektion darüber, welche Wucht der einsame Tod und das Sterbenmüssen haben. Weder Zahl noch Wort reichen aus, das zu erfassen. Weder Zahl noch Wort reichen aus, die Hingabe zu beschreiben, mit der Pflegende, Ärzte, Begleiterinnen an diesen Grenzen für Leib und Seele der Sterbenden sorgen. Sie gehen ein Teil des Weges an den unfassbar schweren Grenzen mit. Die da sorgen, gehören also auch hineingedacht in die Möglichkeit einer offiziellen Trauer-Veranstaltung. Nicht nur dort!
Was hat diese Lektion in Demut, auch wenn sie nicht alle erreicht hat, angesichts des – einsamen – Todes bewirkt? Nüchternes Fazit: Wir sind wohl nicht generell demütiger geworden. Vielleicht verunsicherter, mehr noch um Kontrolle ringend – nicht nur an der letzten Grenze des Lebens. Wie umgehen mit den Bedürfnis nach Kontrolle und Selbstbestimmung, etwa wenn das Sterben unaufhaltsam ist? Wie umgehen mit der Frage, den Zeitpunkt selbst bestimmen zu wollen, wenn die Last des todkranken Leibes so unerträglich ist, dass sich ein einzelner Mensch mit nachhaltigem Willen zum Sterben entscheidet? Betrifft etwa ein Prozent der Palliativpatientinnen. Da bleibt ein Dilemma. Es bleibt Aufgabe, helfende Ärzte und Sterbende in allen Gewissensentscheidungen eng zu begleiten, ohne zu verurteilen. Kein Gesetz wird hier je das Dilemma zwischen Bewahren und Hilfe zum Loslassen auflösen.
Am wichtigsten aber: alle Mittel einsetzen, damit das Sterben kein einsames und kein isoliertes, sondern ein getröstetes Sterben ist. Diese kostbaren Mittel haben wir.