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Gott braucht keine Türsteher*innen

Als die Jahreslosung ausgewählt wurde, konnten die Zuständigen von der Pandemie nichts ahnen. Heute lässt sie sich als Auftrag lesen, als Stärkung, auch als Mahnung vor voreiligen Selbstabschließungen

Von Christian Stäblein

Wie schließen wir die Jahreslosung auf? Künstlerinnen und Künstler ­haben sich ihrer angenommen, sie mehr als einmal in aufgehende Türen übersetzt. Die Türschlüssel dieser Bilder kommen dabei in Form eines Kreuzes daher. Die Jahreslosung lädt eben zu schönster Symbolik ein. Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. Der Satz findet sich samt Illustration nun auf Lesezeichen, Kugelschreibern, Tassen, Kerzen, Schlüsselanhängern, Grußkarten und Wandkalendern. Oder als DIN-A2-Poster. Eine Produktpalette lädt zum Repetieren ein, ja will selbst ein Schlüssel werden, sodass die Jahreslosung in unserem Leben ankommt. Dass Bewegung reinkommt. Sich ­Türen öffnen. 

Wie schließen wir die Jahreslosung auf? Oder erschließt sie sich von selbst? Als sie vor mehr als zwei Jahren ausgewählt wurde, konnten die hierfür Zuständigen von der Pandemie nichts ahnen. Das nennt man gerne Wirken des Geistes. Die Gegenwart öffnet diese Losung scheinbar spielend. Shut- und Lockdowns haben uns neu erfahren lassen, was es heißt, vor verschlossenen Türen zu stehen. Vom Leben abgewiesen – manchem kommt das seit bald zwei Jahren so vor. 

Und auch wir Kirchen werden in die Frage mit hineingezogen, was wie wem in dieser Zeit zugänglich sein sollte. Unser Credo: dass es Orte gibt, an denen keiner und keine abgewiesen wird. Öffentliches Beten und mitmenschliche Hilfe sind unverzichtbare Lebensmittel unseres Miteinanders. Darüber herrscht ­Einigkeit wie über die unbedingte Pflicht, andere vor Ansteckung zu schützen. Beides zusammen ist nicht selten ein schwieriger Spagat. Schutz und zugleich Offenheit. Die Jahreslosung lässt sich als Auftrag an uns lesen, als Stärkung, auch als Mahnung vor voreiligen Selbst­abschließungen. 

Die Sehnsucht nach Leben in der Tiefe geht auf Grund


Wie schließen wir die Jahres­losung auf? Womöglich ist der Verstehens-Schlüssel Pandemieerleben kontraproduktiv. Allzu schnell gehen die Türen zu vor dem, was wir im Moment immerzu sagen, denken. Die Sehnsucht nach Leben in der Tiefe geht auf Grund im ständigen Reden von diversen Gs und dem Aufzählen griechischer Buchstaben. Letztere führen jedoch nicht nur zu Virus­varianten, sondern mitten hinein in den griechischen Urtext der Losung. Die Worte dort sind reich an „Os“ – Omikrons und Omegas. Wer diese übersetzt, stellt fest, dass es im Urtext bei „nicht abweisen“ eigentlich „nicht hinauswerfen“ heißt. 

Wir stehen nicht vor der Tür


Das ändert die Blickrichtung. Wir stehen nicht vor der Tür, wir sind schon da bei Christus. Oder genauer: Er ist bei uns, wird uns nicht hinauswerfen. Aber wie gelangen, wie kommen wir dann zu ihm? Sprachlich bleibt es ein Bild mit Spannung. Auch das macht die Jahreslosung so schön und treffend. Das Leben bleibt spannungsvoll in 2022, das mit Gott sowieso. Und das Gute dabei: Er ist schon da. Türsteherinnen und Türsteher braucht Gott auch im neuen Jahr nicht. Wohl aber Menschen, die sich auf und über die Schwelle trauen. Beziehungsweise dabei tatkräftig zur Seite stehen. Das scheint mir die große Herausforderung für die Kirche dieser Zeit. 

Viele Bilder. Die Jahreslosung lädt zu ihnen ein. Aber auch Bilder versperren manchmal den Zugang zu dem, was wir suchen oder brauchen. Wie kommen wir ins Leben? Wie geht die Tür eines biblischen Wortes auf, das uns ein Jahr über begleiten will? Hin und wieder komme ich in ein Gemeindehaus oder in eine Kirche, wo noch das Poster einer vergangenen Jahreslosung hängt. Das kann man für nachlässig halten. Oder auch für sehr weise. Jüngst etwa purzelte mir aus einem ­Gesangbuch das Lesezeichen mit der Jahreslosung von 2006 vor die Füße, das wohl jemand vergessen hatte. Gott spricht: Ich lasse dich nicht ­fallen und verlasse dich nicht. Ja doch, passt jetzt genau. 

Wie erschließt sich das Wort vom „nicht abweisen“ dieses Jahr? Vielleicht probieren Sie es mit einer Tasse mit dem Aufdruck der Losung. Was passiert, wenn man jeden Tag zum Kaffee diesen Satz liest? Nicht nur einen, jeden Tag des Jahres. – Oder wir stecken vorsorglich Lesezeichen für spätere Jahre. Irgendwer wird sie finden, wann auch immer. Jesus Christus wird nicht abweisen. Und nicht hinauswerfen. Allenfalls das Lesezeichen im rechten Moment? Möge sich Ihnen ein gesegnetes Jahr 2022 erschließen! 

Christian Stäblein ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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