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Haltung zeigen: Nicht immer einfach

In Wriezen kommt man an der AfD auf dem Marktplatz nicht mehr vorbei. Pfarrer Christian Moritz fällt es schwer, mit AfD-Mitgliedern und Symphatisanten zu diskutieren. Denn oft wird es schnell menschenverachtend und rassistisch. Nora Tschepe-Wiesinger war vor Ort und sprach mit dem Pfarrer, der nicht allein aber oft einsam mit seiner Meinung steht. Hier gibt es den kompletten Artikel.

<span style="font-size: 11px;">Derzeit ist die Kirche noch eingerüstet. Aber 2021 soll hier ein neuer Ort der Gemeinschaft, Seelsorge und Kultur entstehen. Foto: Nora Tschepe-Wiesinger</span>





In Wriezen kommt man an der AfD auf dem Marktplatz nicht mehr vorbei. Pfarrer Christian Moritz fällt es schwer, mit AfD-Mitgliedern und Symphatisanten zu diskutieren. Denn oft wird es schnell menschenverachtend und rassistisch. Nora Tschepe-Wiesinger war vor Ort und sprach mit dem Pfarrer, der nicht allein aber oft einsam mit seiner Meinung steht. Hier gibt es den kompletten Artikel.

 

Von Nora Tschepe-Wiesinger

Einmal in der Woche ist Markt in Wriezen im Oderbruch, aber ein buntes Treiben herrscht selten. Auch an diesem Freitag kaufen nur wenig Menschen an den Ständen Gemüse, Obst und Fleisch aus der Region. „Das Interesse an regionalen und saisonalen Produkten hält sich in Grenzen“, sagt Pfarrer Christian Moritz.

Die Marienkirche am Wriezener Marktplatz ist das imposanteste und zugleich älteste Gebäude der Stadt – oder zumindest das, was davon übrig ist. Die spätgotische Backsteinhallenkirche wurde im 15. Jahrhundert erbaut und 1945 zusammen mit den meisten Gebäuden in Wriezen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs von der Roten Armee fast vollständig zerstört. Seitdem ist sie eine Ruine, Dach und Fenster fehlen. Nur das Südschiff, das 1951 zum Teil wiederaufgebaut wurde, kann für Gottesdienste genutzt werden.

Es scheint, als hätte Wriezen seine besten Zeiten bereits hinter sich. „Manchmal ist es schon frustrierend“, sagt Christian Moritz und erzählt von mangelnden Kultur- und Freizeitangeboten, fehlenden und immer älter werdenden Gemeindemitgliedern, einer nicht vorhandenen Diskussionskultur unter den Wriezenern – und vor allem: einer immer stärker werdenden AfD.

Bei den Kommunalwahlen im Mai wurde die AfD mit 27 Prozent stärkste Kraft und auch bei den Landtagswahlen im September liegt die AfD laut Prognosen deutlich vorne. „Mir macht das Angst“, sagt Moritz. Gleichzeitig kann er deren Erfolg in seiner Stadt nachvollziehen. Seit November 2018 betreibt der Ortsverband ein eigenes Bürgerbüro mitten in der sonst unbelebten Einkaufs- und Fußgängerzone neben Marktplatz und Marienkirche. „Durch den vermehrten Ladenlehrstand“ konnte das Büro bezogen werden, heißt es auf der Webseite der Wriezener AfD.

Das Büro sei häufig geöffnet, berichtet Pfarrer Moritz, des Öfteren würden davor Kaffee und Kuchen angeboten. Erst Anfang August habe die AfD ihr Sommerfest in der Fußgängerzone gefeiert. „Sie sind präsent und erreichen Leute“, sagt Moritz ernüchtert. Die anderen Parteien würden im Stadtbild hingegen „quasi nicht existieren. Nur ein Plakat raushängen, nützt nichts“, sagt er.

Gespräche mit der AfD zu führen, sei schwierig. Schnell würden die Argumente unsachlich, menschenverachtend, rassistisch. „Ich persönlich positioniere mich natürlich“, sagt Moritz, aber wie könnte man öffentliche Diskussionsrunden durchführen mit „Menschen, die keine Gesprächs- und Diskussionskultur kennen“? Bisher habe seine Gemeinde keine solchen Vorstöße unternommen. Unter den Kirchenmitgliedern gebe es ohnehin kaum jemanden, der mit der AfD sprechen wolle.

Im vergangenen Jahr hat Moritz zusammen mit dem Gemeindekirchenrat immerhin ein Kirchenasyl durchgesetzt, wodurch einem geflüchteten Kurden für sechs Wochen Schutz gewährt wurde in den ohnehin schon begrenzt nutzbaren Räumen der Marienkirche. Daraufhin habe es Beschwerden vonseiten der Musikschule gegeben, die die Räume für ihren Unterricht nutzten. Eltern wollten ihre Kinder nicht mehr zu den Proben schicken, solange der Geflüchtete dort lebte. Nach diesem Vorfall hat der Gemeindekirchenrat von einem weiterem Kirchenasyl Abstand genommen. „Ich finde das bedauerlich“, sagt Moritz.

Auf den Marktplatz müsste man sich stellen, selbst Kaffee und Kuchen anbieten, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen Aber ganz allein? „Mutig streiten, Haltung zeigen“, das ist in Wriezen nicht leicht. Pfarrer Moritz wünscht sich mehr Demokratie in Wriezen, dass mehr Menschen sich einbringen, die weltoffen sind und Dinge verändern und voranbringen wollen.

So wie die Blunks. Seit drei Jahren betreiben Anne und Steffen Blunk die Villa Blunk in Wriezen, einen Ort zeitgenössischer Kunst und Kultur, mit regelmäßigen Ausstellungen und Konzerten. In Wriezen gibt es nicht viele solcher Orte. Anne und Steffen Blunk organisieren auch die ersten Wriezener Jazztage, die im September stattfinden werden: laut und deutlich sichtbar – auch für Besuchende des Bürgerbüros der AfD.

Steffen Blunk, auch Vorstandsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Kreisverband Märkisch Oderland, sagt: „Wir versuchen auf eine konstruktive Art und Weise, Leben nach Wriezen zu bringen.“ Damit dies gelingt, gründen Steffen und Anne Blunk gerade den Verein „Bürgerinitiative Wriezener Bahn e.V.“, der sich für eine Reaktivierung der Direktverbindung nach Berlin einsetzt, die 1999 stillgelegt wurde.

Pfarrer Moritz unterstützt die Initiative. „Es ist nicht alles hoffnungslos in Wriezen“, sagt er. Seit ein paar Wochen ist seine Kirche komplett eingerüstet. Sie bekommt ein neues Dach und einen multifunktionalen Gottesdienstraum, in dem auch Konzerte, Lesungen und Theatervorstellungen stattfinden sollen. Bis 2021 soll die Instandsetzung dauern. „Wriezen soll nicht nur eine wieder instandgesetzte Kirche, sondern auch einen neuen Ort der Kultur erhalten“, sagt er optimistisch.

Kirche und Wahlen

Die Landeskirche bietet verschiedene Informationsmaterialien zu politischen Wahlen an. Die Orientierungshilfe „Mutig streiten – mit Respekt und Argumenten“ gibt Hinweise auf christlicher Grundlage zur Planung von öffentlichen Gemeindeveranstaltungen mit Vertreterinnen und Vertretern von politischen Parteien im Vorfeld von Wahlen. Online hier: www.ekbo.de/mutigstreiten
Die Erklärung „Haltung zeigen“ der Landessynode will Christinnen und Christen Mut machen, über aktuelle Herausforderungen des gesellschaftlichen Miteinanders zu sprechen sowie was es heißt, heutzutage als Christin und Christ Haltung zu zeigen. Die Landessynode bittet derzeit um Rückmeldung und Anregungen zu dem Papier, per E-Mail an landessynode@ekbo.de. Die Erklärung finden Sie hier: www.ekbo.de/
haltungzeigen
Weitere Informationen zu Kirche [&] Wahlen unter: www.ekbo.de/kircheundwahlen

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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