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Hinhören, solange es möglich ist

In der aktuellen Kolumne schreibt Bischof Christian Stäblein über Orte der Erinnerung an die Opfer des NS-Regimes.

KZ Lieberose
Foto: Matthias Kaufmann/EKBO

Von Christian Stäblein

Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des Konzentrationslagers (KZ) Auschwitz-Birkenau. Es war das größte Vernichtungslager des NS-Regimes. Kommenden Montag jährt sich der Tag der Befreiung zum 75. Mal. 

Vor knapp einem Vierteljahr-hundert hat der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Er hat gut daran getan, schon ihm stand vor Augen, dass die Aufgabe der Erinnerung eines Tages ohne die Berichte von Überlebenden und Zeitzeugen auskommen muss. Dass es dann eine andere Form der Erinnerung sein wird. Nun, zum 75. Jahrestag, sind es nur noch wenige Zeitzeugen. Umso wichtiger, dass wir sie hören. Hinhören, solange es möglich ist, das ist unsere erste Aufgabe. 

Daneben, selbstverständlich, die Gestaltung der Orte der Erinnerung. Auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) gibt es ­etliche. Einer davon liegt in Jamlitz-Lieberose. Hier war ein Außenlager des KZ Sachsenhausen, das ab 1943 noch zu einem furchtbaren Arbeitslager durch die SS erweitert wurde. Im Hintergrund standen Himmlers wahnhafte Pläne zum Bau des „größten Truppenübungsplatzes in Europa“. 

Durch Häftlingstransporte aus Auschwitz kamen vor allem polnische und ungarische Juden nach ­Lieberose, die hier in Zwangsarbeit die Anlagen des Truppenplatzes errichten sollten. Zwischen dem 2. und 4. Februar 1945 wurden über 1300 dieser Häftlinge in einem Massaker von der SS in den Baracken des KZ Lieberose ermordet, die anderen wurden zum Marsch ins KZ Sachsenhausen gezwungen, ein Marsch, den viele nicht überlebten.   

Zum 75. Jahrestag dieses Massakers laden die Evangelische Kirchengemeinde, die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten und das Justus-Delbrück-Haus zu einer Gedenkveranstaltung ein. Dabei wird auch die Erweiterung der Freiluftausstellung gezeigt. Ihr Kernstück: Sie erzählt jetzt einige der Biografien der Ermordeten. Sie gibt ihnen Gesicht und Geschichte. Das ist so wichtig, weil das Erinnern meist nur im ­Erzählen wach bleibt. 

Ein waches Erzählen ist an ­diesem Ort besonders wichtig, 2016 hatte es rechtsextreme Attacken auf die Gedenkstätte gegeben. Daraufhin hat das Land beschlossen, den Erinnerungsort auszuweiten – auch als Zeichen, sich solchen Attacken nicht zu beugen. 

Am 2. Februar also schauen wir nach Lieberose. Viele werden an ­diesem Tag sprechen. Rabbiner Nachama wird für die Toten das Totengebet sprechen. Und wir werden Namen und Lebensgeschichten der Ermordeten lesen. Hören. Und, darum geht es: nicht vergessen. An diesem Tag will ich hingucken in ­Lieberose! 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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