Von Rocco Thiede
Keine Fotoapparate oder Smartphones von Touristen klicken. Niemand spricht laut in der Kirche. Keine Menschen, denen liturgische Abläufe fremd sind, befinden sich in der Wallfahrtskirche von Kloster Neuzelle. Die sprichwörtliche klösterliche Ruhe dominiert die katholischen St. Marienkirche. Bis der gregorianische Gesang der Mönche einsetzt.
Erst durch Corona ein richtiges Kloster
Eigentlich müsste das doch den Zisterziensern gefallen, die seit September 2018 hier klösterliches Leben in Neuzelle wiederbeleben. Aber: „Es bleibt dieses schmerzliche Moment, dass es so eine verordnete Stille ist“, sagt Pater Kilian Müller, der Ökonom der klösterlichen Gemeinschaft. Man gewinnt den Eindruck, erst jetzt in der Corona-Krise sei das Kloster in Neuzelle ein richtiges Kloster. Das Stundengebet der Mönche in ihrem schwarz-weißen Habit läuft in der barockisierten Marienkirche – täglich etwa dreieinhalb Stunden – ohne Einschränkungen ab. Scheinbar ist für sie alles ideal. Immer dem lateinischen Mönchsmotto aus dem Mittelalter folgend: „Ora et Labora“ („Bete und Arbeite“).
Doch mit der Arbeit verhält es sich bei den Mönchen wie bei vielen anderen Leuten: Sie muss zwangsweise ruhen in Zeiten der Pandemie. Der Schulunterricht an der katholischen Grundschule, an der sie Religion lehren, ist eingestellt und das pfarramtliche Leben ruht ebenso. In der Wallfahrtskirche Neuzelle fielen wegen des Coronavirus die Ostermesse und das feierliche Hochamt in Anwesenheit von vielen hundert Gläubigen aus. „Das ist natürlich besonders schmerzlich, dass die Vorgaben so waren, dass wir kein öffentlichen Gottesdienste feiern durften“, klagt Pater Kilian.
Im Orden der Zisterzienser gab es durch COVID-19 auch Tragödien. So starb als eine der Ersten die 85-jährige Schwester Luisa Alvarez am 22. März an einer Corona-Infektion in ihrem Kloster in Madrid und in Italien standen im 1045 gegründeten Kloster Casamari im Latium alle Mönche des Konvents lange unter Quarantäne. „Abt Eugenio wurde sogar auf der Intensivstation behandelt“, berichtet Pater Kilian. Wenn einer der sechs Mönche seines Klosters gesundheitliche Probleme hat, geht er – wie jeder andere auch – zu seinem Hausarzt im Ort oder fährt ins fünf Kilometer entfernte Eisenhüttenstadt. (...)