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Keine Bühne für Kyrill

Mit Beklemmung begeht Deutschland den 8. Mai 2022, den Tag der Befreiung

Gemälde des Künstlers Chaim Goldberg, Öl auf Leinwand mit dem Titel "Babyn Jar"
„Babyn Jar“, Bild des polnischen Künstlers Chaim Goldberg, Öl auf Leinwand, Sammlung Spertus Museum Chicago. Der Künstler war bekannt als Chronist des jüdischen Lebens in der Region um Ostpolen. Seine Bilder und Skulpturen sind Mahnmale gegen Krieg, Vernichtung und jegliche Formen von Gewalt. Foto: Goldberg Shalom, CC0/via Wikimedia

77 Jahre nach Kriegsende tobt seit fast drei Monaten ein brutaler Vernichtungskrieg auf europäischem Boden, als ob die „Dämonen“ des letzten Jahrhunderts wieder auf­er­stehen.  Friedensethische Gewissheiten stehen in Frage

Von Ellen Ueberschär

Der 8. Mai 1945 war der Tag der Befreiung. Als Richard von Weizsäcker es wagte, als erstes bundesdeutsches Staatsoberhaupt diesen Satz auszusprechen, war das Land geteilt und die bedingungslose Kapitulation Deutschlands lag vierzig Jahre zurück. Im selben Jahr, 1985, bekannte sich die Evangelische Kirche in Deutschland erstmals zur Demokratie als Staatsform, die die „un­antastbare Würde der Person als Grundlage anerkennt und achtet.“  

Zu diesem Zeitpunkt waren die Wehrmachtsverbrechen in der Ukraine, einem der Hauptschauplätze des Holocausts und der ­Massaker an der Zivilbevölkerung, so gut wie unbekannt. In Babyn Jar starben mehr als 30000 jüdische Bürger. Poltawa und Korjukiwka bei Tshernihiv, wo die Wehrmacht ­tausende Zivilisten ermordete, sind bis heute nur Fachleuten ein Begriff. Sechs Millionen Ukrainer kämpften in der Roten Armee, nicht selten an vorderster Front dem Sterben im Kampf als erste ausgeliefert. Die Evangelische Kirche tat sich 1945 schwer mit einer realistischen ­Einschätzung ihres Anteils an der nationalsozialistischen Katastrophe. Quälende fünf Monate nach Kriegsende rang sie sich zum Stuttgarter Schuldbekenntnis durch. Der Druck aus der Ökumene hatte Wirkung.

Mit Beklemmung blicken wir auf den 8. Mai 2022. Seit fast drei Monaten tobt ein brutaler Vernichtungskrieg auf europäischem Boden, als ob die Dämonen des letzten Jahrhunderts wieder auferstehen. Es gibt Ursachen und Folgen dieses Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine, die tagtäglich auf allen ­Kanälen und an den Küchentischen debattiert werden. Friedensethische Gewissheiten, die sich auf dem langen Weg von 1945 bis heute ­gefestigt hatten, fallen in sich ­zusammen. Das Festhalten an den friedensethischen Positionen der 1980er Jahre erweist sich als ebenso untauglich wie der Verweis auf die Erfahrungen der Friedlichen Revolution. Grundverschieden sind die historischen Konstellationen.  

Dabei kann die Evangelische ­Kirche stolz sein auf ihre demo­kratische Lernfähigkeit seit 1945. Die Anerkennung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit führte aus den deutschnationalen Verirrungen ­heraus. 

Heute gilt es, dieses Bekenntnis der Stärke des Rechts gegen einen Aggressor durchzusetzen, der das Recht des Stärkeren auf unmenschliche Weise durchsetzen will. Der Ernstfall für den Einsatz rechts­erhaltender Gewalt ist eingetreten. Um Freiheit und Demokratie zu kämpfen, beschädigt keinen Pazifismus, sondern bestärkt die Menschenrechte. Alle gesellschaftlichen Bereiche, allen voran die Wirtschaft, tragen die harten Sanktionen gegen Russland mit. 

Die Kirchen winden sich. Der Weltrat der Kirchen hat vor Ostern einen dringenden Appell an Patriarch Kyrill gerichtet, sich von dem verbrecherischen Krieg zu distanzieren. Ohne Wirkung. Seine gotteslästerliche und lügenhafte Verteidigung des Angriffskrieges braucht eine deutliche Antwort – zum Beispiel den Ausschluss der Russisch-orthodoxen Kirche und ihrer ­gesamten Führungsspitze aus der Weltgemeinschaft der Kirchen. Ein solcher Ausschluss träfe auch die mutigen Priester und Gläubigen, die dem Bösen widerstehen, die den Krieg Krieg nennen und dagegen unter Lebensgefahr protestieren. Aber gerade sie haben ein deutliches Zeichen unsererseits verdient. 

Die Kirchen in Deutschland müssen ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. Nicht auszudenken, wenn der Ökumenische Rat der Kirchen nach acht Jahren im September dieses Jahres wieder ­zusammentritt und auf deutschem Boden diesem Patriarchen oder ­seinen Gesinnungsgenossen eine Bühne bietet.

Ellen Ueberschär ist Theologin und ­Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung.

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1. Kirchen erhalten.... Heinz-Walter Knackmuss Lieber Herr Röger,die Kulturministerin des Landes Brandenburg, Dr. Manja Schüle, hat auf meine Anregung eine Verordnung erlassen, dass mit Zustimmung des Denkmalschtzes und des Konsistoriums Photovoltaik auf Kirchen der Normalfall sein soll. Das wäre eine Möglichkeit die Stromversorgung der Kirchengebäude autark zu machen, denn die Akkus erlauben eine Versorgung bei Tag und Nacht und durch die Einspeisungen noch Geld zu Verdienen und evtl. eine Heizung zu betreiben. Nun sind aber die Pfarrer dagegen und blockieren solche Maßnahmen. Sie haben im voauseilenden Gehorsam Angst, dass der Denkmalschutz das Projekt für Ihre Kirche ablehnen würden oder führen ästhetische Gründe an. Ich würde gern für die SMA in Rathenow dafür eine Spenenaktion starten, aber es fehlt die Zustimmung des Pfarrers. Ich finde, die Kirchenleitung müsste auch die Pfarrer motivieren, solche Projekte zu unterstützen.Wenn es den Christen mit dem Erhalt der Schöpfung Gottes wirklich ernst ist, müssten Photovoltaikanlagen auf alle Kirchendächer.
2. Die Kirche weiter umbauen Wolfgang Banse Nicht immer denkt eine Konsistorialpräsidentin.hier EKBO, Viola Vogel in den richtigen Kategorien.Ist sie eine Prophetin, Hellseherin, was den Zustand der EKBO betrifft.Bei grundsätzlichen Entscheidungen, sollte die Basisdemokratie angewendet w erden, hier Anhörung, Beteiligung der Kirchenglieder, im Bezug:"Wir sind das Kirchenvolk"Einsparungen, was das aufgeblähte Personal im Konsistorium betrifft.Der Rotstift sollte was das Personal anbetrifft, nicht das Bischofsbüro aussperren.Verabschiedung vom Beamtentum, Fahrer abschaffen,Mittelklasse PKw sich zu wenden.Pfarrwohnungen und Pfarrhäuser entsprechend zu aktuellem Mietzins vermieten.Die Kirche unterliegt keinem Modetrend, der wechselt.Gläubige identifizieren sich mit der Kirche, hier Kirchengemeinden, mit denen sie sich verbunden fühlen, beheimatet sind.Sie Familienkirchen , von der Taufe, über Konfirmation, Trauung bis zur Beerdigung für die Familie sind. Gemeindeglieder möchten nicht alle ein paar Jahre ein neues Gesangbuch...Dem Volk, hier Kirchenvolk auf`s Maul schauen, hier Reformator Martin Luther, sollte das Konsistorium beherzigen.Es ist nicht alle gut, was in der EKBO angedacht, umgesetzt wird.Kirchernmitgliedsaustritte zu Hauf belegen dies.
3. "Kontrast könnte nicht größer sein" Wolfgang Banse Die evangelische, protestantische Kirche sollte eindeutig Stellung, Position beziehen, wo sie steht im Bezug was die AFD betrifft.Lippenbekenntnisse sind nicht gefragt, sind fehl am Platz.Die Kirchen sollten sich intensiv beteiligen Ausländerfeindlichkeit, im Bezug:"Suchet der Stadt Bestes" Das Wächteramt, welches die Kirchen inne haben, sollte zum Vorschein kommen, im Bezug Antisemitismus, Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit,Behindertenfeindlichkeit.Aus der jüngsten deutschen Geschichte, hier 1933 bis 1945 sollten Lehren gezogen werden.Die Kirchen sind KPÖR, dieses sollten sie leben, erfahrbar werden lassen, im Bezug AFD. In drei neuen Bundesländern finden 2024 Landtagswahlen statt.Beide Amtskirchen sollten ein gemeinsames Wort zu den jeweiligen anstehenden Landtagswahlen herausgeben, im Hinblick auf die AFD.Flagge,Gesicht zeigen,wo für die Kirche, die Kirchen im Jahr 2024 stehen.

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