Von Bischof Christian Stäblein
Sie haben extra ein paar Quadratmeter Hafer stehen lassen, damit die Sache mit dem Mähdrescher und mir auch klappen kann. Und so kommt es, dass ich tatsächlich eine Tonne Hafer „dreschen“ darf – zwei Streifen Feld rauf und runter fahre, nicht einfach so, sondern unter Anleitung des Präsidenten des Landesbauernverbandes. Denn auch wenn es einem die moderne Technik in manchem leichter macht, man muss es schon wirklich können. Landwirtschaft 2.0 kennt viele Errungenschaften. Und verlangt erst recht viel Wissen und Fertigkeiten von Bäuerinnen und Bauern. Das hat mir mein Besuch bei der Agrarwirtschaftsgesellschaft Worin (AGW) in Märkisch Oderland als erstes vor Augen geführt hat.
Die Herausforderungen an eine moderne, zugleich ökologische wie auch ökonomisch erfolgreiche Landwirtschaft sind in den letzten Jahren größer geworden. Zwischen moderner Technik, dem umkämpften Markt einerseits und ganz urtümlichen Konflikten andererseits – etwa Biber und ihre Dämme kontra Baumbestanderhalt – gilt es, ständig Kompromisse zu finden. Am Ende soll alles schön preiswert, am liebsten billig sein. Das geht aber nicht, wenn uns die Schöpfung lieb und teuer ist. So müssen wir Verbraucherinnen und Verbraucher genau hingucken, wer wie wo was produziert, wer wem in der Kette der Lebensmittelherstellung welche Auflagen diktiert. Wir müssen hingucken und wertschätzen, gerade auch jetzt, wenn die Erntedankfeiern anstehen.
Danken kommt ja von „an jemanden denken“. Denken wir an die Landwirtinnen und Landwirte. Viel zu selten würdigen wir, was sie leisten. Denken wir daran, dass sie die Ersten sind, die spüren: Die gute Ernte ist keine Frage allein von Machbarkeit. Erntedank ist deshalb stets Dank an den Schöpfer. Ein wiederholt viel zu trockener Sommer erinnert daran in besonderer Weise. Und rückt das Thema des Klimawandels in den Fokus.
So will ich weiter bei dem Thema hören, ins Gespräch kommen. In zwei Wochen geht es zu einer Agrargenossenschaft in der Prignitz. Wir sind eine Landeskirche. Dabei ja auch nicht ganz kleine Akteurin auf dem Feld der Landverpachtung. Da ist es richtig, dass wir uns selbst binden, und zwar nicht an den größtmöglichen Profit bei der Verpachtung, sondern daran, wie Schöpfung bewahrt werden kann. Was für andere gilt, gilt auch für uns. So wird die Furche gerade – im übertragenen Sinne. Und im Konkreten? Ist das, was der Mähdrescher hinterlässt, ja keine Furche, habe ich verstanden. Vielleicht eine Rinne? Oder einfach eine Linie? Meine heißt: erst mal hingucken.