Von Ulrike Trautwein
„Urban Tech Republic“ statt Flughafen Tegel, Spandauer Innovationscampus Siemens 2.0, Neue Tempelhofer Mitte oder Lichterfelde-Süd in Steglitz-Zehlendorf: Unzählige Projekte und die allgegenwärtigen gelben Kräne beherrschen die Berliner Stadtlandschaft und die Medienaufmerksamkeit. Auch am Speckgürtel brummt der Ausbau unbeirrt.
Wo kommt da Religion, wo Kirche vor, wie werden wir mit unserer Botschaft sichtbar? Wie bekommen Großprojekte eine Seele – sodass jetzt und später Menschen mit vielfältigen Prägungen und Lebenswegen zusammen leben, arbeiten, essen, ruhen, träumen und spielen? Wie können sie auch eine spirituelle Dimension erfahren, sodass Neuzuziehende Heimat finden und sich willkommen geheißen fühlen von Kirchengemeinden vor Ort?
Für Ortsgemeinden und die Haupt- und Ehrenamtlichen ist das nur schwer zusätzlich zu leisten. Seit einer ganzen Weile schon beschäftige ich mich mit einer großen Gruppe von Engagierten mit dieser Herausforderung. Und es gibt bereits eine Vielfalt von spannenden Initiativen, die vom Einmieten in Geschäfte über sogenannte Fuck-Up-Nights oder temporäre Containerräume bis zu großen Inklusionszentren und Kitas in geteilter Trägerschaft gehen.
Wichtig dabei ist, sie müssen gut vernetzt agieren. Gerade, weil Berlin in vielen Fragen eine Art Vorreiterrolle spielt und „Dritte Orte“ in unserer ganzen Landeskirche zunehmend wichtig werden. Unsere Kirchengemeinden sind das tragende Netz unserer Kirche, gleichzeitig ist es mir wichtig, dieses Aufgabenfeld zu intensivieren und weitere Ausdrucksformen von kirchlichem Leben mit neuen Partnern, wie zum Beispiel nebenan.de oder den Wohnungsbaugenossenschaften auszubauen.
Ich möchte dazu beitragen, die Kreativität und den Mut zu fördern, in neuen Strukturen zu denken und zu träumen – flexibler und auch mal scheiternd, weil auch darin neues Erfahrungswissen liegt. Ich wünsche mir für die Präsenz von Kirche in Neubaugebieten, dass Brücken entstehen zwischen Experiment und Tradition, neuen Andockorten und Heimaträumen. Und ich hoffe, dass so Zeiten und Räume wachsen, in denen Menschen gemeinsam religiöses Handeln einüben und so eine glaubensvolle Haltung entwickeln. Denn erst aus dem Einüben von Glaubenspraxis kommt das Ausüben von allem, was Menschsein mit Gott ausmacht. So kann vieles wachsen in den neuen Wohn- und Arbeitsvierteln. So wird dort eine Seele einziehen.