Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

"Notzeiten brauchen Notlösungen"

Evangelische Theologen debattieren über das Online-Abendmahl

Foto: Jens Schulze/epd

Von Franziska Hein und Karsten Packeiser (epd)

 

Der letzte reguläre Sonntagsgottesdienst in der evangelischen Mainzer Auferstehungskirche ist mittlerweile einen Monat her. Wegen der Corona-Pandemie kommt die Gemeinde seither nur noch virtuell vor den PC- und Smartphone-Bildschirmen zusammen - inzwischen auch wieder zum Abendmahl. Zum Läuten der Kirchenglocken heißt es gleich zu Beginn des Livestreams aus der leeren Kirche: "Zur Vorbereitung stellen Sie sich gern eine Kerze, etwas Brot und Wein oder Saft bereit." Die Frage, ob es möglich ist, online Abendmahl zu feiern, wurde schon vor der Corona-Krise gestellt. In diesem Jahr ist sie aufgrund der Ausnahmesituation besonders drängend. Denn am Gründonnerstag erinnern Christen an das letzte Abendmahl Jesu Christi mit seinen Jüngern vor seiner Hinrichtung.

In der jetzigen Situation gibt es zwei Vorschläge: Eine Art Notabendmahl, das auch Laien erlaubt, das Abendmahl einzusetzen - was sonst nur Pfarrerinnen und Pfarrern vorbehalten ist. Im Netz gibt es dafür viele, teils von den Kirchenleitungen erprobte Beispiele für entsprechende Liturgien. Die zweite Möglichkeit ist ein Online-Abendmahl, das über die diversen medialen Kanäle von einem Pfarrer oder einer Pfarrerin angeleitet wird. Dabei nehmen die Gläubigen dann ein zuvor bereitgestelltes Stück Brot und einen Schluck Wein oder Traubensaft zu sich.

"Mit beidem habe ich persönlich Schwierigkeiten", sagt Thies Gundlach, einer der drei theologischen Vizepräsidenten des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Denn das Abendmahl lebt ja davon, dass man es gereicht bekommt, dass es gegeben wird und nicht zu sich genommen wird." Ähnlich sieht das auch der Mainzer Theologie-Professor Kristian Fechtner, der dazu rät, für die Dauer der Corona-Krise bewusst auf das Abendmahl zu verzichten. Eine Feier im evangelischen Verständnis sei nur möglich, wenn "für alle Beteiligten die Einheit von Raum, Zeit und leiblichem Zusammensein gilt und erfahrbar wird".

Doch inzwischen mehren sich die Stimmen, die für eine andere Haltung plädieren. Pfarrer Ralf Peter Reimann, Internetbeauftragter der rheinischen Landeskirche, feiert seit zehn Jahren Online-Andachten. "Das ist genauso eine Gemeinschaft", versichert er. Entscheidend sei außerdem die Frage, wer zu einem Abendmahl einlade, gibt er in einem Blog-Beitrag zu bedenken: "Wenn es Christus selbst ist, wie können wir diese Einladung nur auf eine bestimmte räumliche Reichweite um den Altar herum beschränken?"

Getaufte Christen hätten als Kirchenmitglieder auch weiterhin ein Recht darauf, das Sakrament zu empfangen, erklärt auch der Theologe Jochen Arnold, der ein Standardwerk über die Theologie des Gottesdienstes geschrieben hat: "Die Verantwortlichen sind herausgefordert, alle theologisch verantwortbaren und technisch möglichen Optionen dafür bereit zu halten." Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Beim Abendmahl spiele der Gemeinschaftsgedanke erst seit dem 20. Jahrhundert eine zentrale Rolle. Der Reformator Martin Luther selbst habe daran geglaubt, dass Christen sich in einer absoluten Ausnahmesituation sogar selbst die Einsetzungsworte zusprechen könnten.

Aus seelsorgerischer Sicht sei das in der aktuellen Notlage besonders wichtig, denn viele ältere Menschen seien gar nicht in der Lage, die technischen Möglichkeiten zu nutzen. "Diejenigen, die eine häusliche Abendmahlsfeier wünschen und gestalten, sind überzeugte Christenmenschen. Sie werden mit großer Freude in die Gottesdienste der Gemeinde zurückkehren, wenn die Pandemie vorbei ist", sagt Arnold.

Die EKD hat die Diskussion in einer aktuellen Handreichung aufgegriffen. Darin wird empfohlen, sich für die grundsätzlichen theologischen Fragen Zeit zu nehmen. EKD-Vizepräsident Gundlach geht aber davon aus, dass am Gründonnerstag die evangelischen Gemeinden die Frage des Abendmahls unterschiedlich handhaben werden. Wenn es nach ihm ginge, würden die Gläubigen aber am Gründonnerstag entweder ganz auf Abendmahlfeiern verzichten, oder ein sogenanntes Agapemahl feiern, das an das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern erinnert, aber liturgisch betrachtet kein Abendmahl ist.

Die rheinische Landeskirche geht einen anderen Weg. Sie hat inzwischen für die Dauer der Corona-Krise eine Notliturgie ausgearbeitet, die auch die Möglichkeit zu einem Abendmahl enthält. "Notzeiten erfordern Notlösungen", sagt Pressesprecher Jens Peter Iven. Am Gründonnerstag sind alle Mitarbeiter des Landeskirchenamtes zu einem Internet-Gottesdienst eingeladen - mit Abendmahl.

 

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.