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Ohne roten Faden

Am vergangenen Montag wurde nach 20 Jahren Sanierung das „Kulturforum Görlitzer Synagoge“ eröffnet. Das jüdische Gotteshaus ist längst ins Gedächtnis der ostsächsischen Stadt zurückgekehrt. Dennoch gibt es offene Fragen.

Nach jahrelanger Sanierung wurde am 12. Juli die ehemalige Görlitzer Synagoge als Kulturforum wiedereröffnet. Foto: Pawel Sosnowski/Stadt Görlitz

Von Katharina Rögner (epd)

Lange Zeit hat sich kaum einer für das 1911 geweihte Gebäude im Jugendstil interessiert. Dabei hat die Görlitzer Synagoge als einzige auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen die Pogromnacht der Nationalsozialisten vom November 1938 über­standen. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg fehlten dem Gebäude die Nutzerinnen und Nutzer. Die Jüdische Gemeinde war 1939 aufgelöst worden, viele ihrer Mitglieder wurden in der NS-Zeit verfolgt und deportiert.

Das Denkmal kam 1963 in städtischen Besitz und verfiel zusehends. In den 1980er Jahren setzten sich Bürgerinnen und Bürger dafür ein, den baulichen Verfall aufzuhalten. Doch erst 1991 begann die umfangreiche Sanierung, die in mehreren Etappen realisiert wurde. Am 12. Juli nun wurde nach mehreren Jahren der Vorbereitung das frühere jüdische Gotteshaus als „Kulturforum Synagoge Görlitz“ eröffnet. Wegen der Corona-Pandemie war die Eröffnung zweimal verschoben worden. 

Rund 12,6 Millionen Euro flossen in die Bauarbeiten am historischen Gebäude, das zum kulturellen Denkmal von nationalem Rang erhoben wurde. Jetzt schmücken unter anderem wieder Goldene Löwen auf dunkelbraunem Grund die mächtige Innenkuppel. Marmor gibt dem Raum neuen Glanz. Die prachtvollen Jugendstilleuchter, von denen keiner erhalten war, wurden nach fotografischen Vorlagen rekonstruiert

Noch fehlt eine Tora-Rolle

Zudem konnte die ehemalige Wochentagssynagoge im Seiten­flügel saniert werden. Laut der Stadtverwaltung Görlitz soll sie „ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend eingerichtet und als Anschauungs-, Gedenk- und Gebetsort genutzt werden“. Bei Bedarf soll dort auch ein jüdischer Gottesdienst stattfinden können, hieß es. Dies sei „grundsätzlich auch im Kuppelsaal“ möglich, „wenn die Kapazität der Wochentagssynagoge nicht ausreicht“.

Doch für einen jüdischen Gottesdienst braucht es eine Tora-Rolle, die gibt es bisher noch nicht vor Ort. Die kleine jüdische Gemeinde in Görlitz habe eine, sagt der Musiker und Vorsitzende der Gemeinde, Alex Jacobowitz. Sie sei eine Leihgabe der Israelitischen Kultusgemeinde in Leipzig. Die Gemeinde mit gut 20 Mitgliedern treffe sich derzeit nur sporadisch und in privaten Räumen.

„Wir glauben aber schon, dass mit der Wiedereröffnung der Synagoge sich mehr Menschen melden werden“, sagt Jacobowitz. Die Gemeinde hoffe daher, dass die Stadtverwaltung Görlitz und der Stadtrat dem Vorschlag zustimmen werden, dass eine Tora-Rolle dauerhaft in der Synagoge bleibt. Dennoch erhebe seine Gemeinde keinen Anspruch auf das Gebäude.

Warum die von den Dresdner Architekten William Lossow und Hans Max Kühne entworfene Synagoge die Pogromnacht überstanden hat, ist nicht endgültig geklärt. Die städtische Feuerwehr war angerückt und löschte die Flammen. Doch trotz der Rettung des Monumentalbaus, der Platz für 500 Menschen bot, ist dort kein jüdischer Gottesdienst mehr gefeiert worden.DDR: Bewahrung durch Regimekritiker

Nur wenige wissen, dass sich in der DDR-Zeit etwa eine Gruppe regimekritischer Jugendlicher für das markante Gebäude eingesetzt hat. Sie hatten am 9. November 1979 Kerzen vor dem Denkmal aufgestellt. Der stille Protest wurde wiederholt und später von der Görlitzer Studentengemeinde fortgeführt.

Seit 2004 bemüht sich der „Förderkreis Synagoge Görlitz“ mit Führungen und Veranstaltungen um die Wiederbelebung des historischen Ortes. Mit seinem Engagement habe der Verein den Zugang zur Synagoge erst wieder ermöglicht und zugleich um Verständnis für die Geschichte der Juden in Görlitz geworben, sagt der Vereinsvorsitzende Markus Bauer: „Natürlich würden wir uns freuen, wenn es wieder jüdisches Leben geben würde.“

2022 kommt der Davidstern

Betreiber des neuen Kulturforums ist die Görlitzer Kulturservicegesellschaft. Sie plant Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und Diskussionen. Das Nutzungskonzept sieht auch Tagungen vor. Nicht erlaubt sind dagegen Messen und Verkaufsveranstaltungen aller Art sowie parteipolitische Veranstaltungen. Er vermisse im bisherigen Programm den „roten Faden“, sagt Bauer. Da bestehe die Gefahr eines „Gemischtwarenladens“, das sei dem Ort nicht angemessen.

Für ein anderes Detail ist die Grundsatzentscheidung aber gefallen: 2022 soll der Davidstern auf die mächtige Kuppel der früheren Synagoge zurückkehren. Die Kosten von rund 70000 Euro sind durch Spenden gedeckt.

Mehr Informationen zum Verein, zur Geschichte und zu Veranstaltungen unter: www.synagoge-goerlitz.de

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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