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„Politikverdrossenheit hat einen neuen Nährboden“

Die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen hat die politische Landschaft in Deutschland erschüttert. Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, sagt im Gespräch mit ­Corinna Buschow vom epd, dass er trotz der Pläne für Neuwahlen einen längerfristigen Schaden sieht und welche Rolle die Kirche in solch einer Situation aus ­seiner Sicht spielen kann.

Kirche Huber Kemmerich
Foto: epd

Herr Huber, nach der Ministerpräsidentenwahl, möglich durch die Stimmen der AfD, war von „Dammbruch“ die Rede. Wenn es einer war: Geht der durch Neuwahl oder Rücktritt eines Regierungschefs rückgängig zu machen? 

Natürlich ist es besser, so schwerwiegende politische Fehler von vornherein zu vermeiden – und das wäre in diesem Fall leicht gewesen. Zu Recht wurden gleich nach der Wahl von Thomas Kemmerich dessen Rücktritt und Neuwahlen ­gefordert. Diese Forderung wurde inzwischen eingelöst. Wir Christen erwarten Einsicht und Umkehr. Man muss respektieren, wenn es dazu kommt. 

Was kann und sollte die Politik aus dem Thüringer Ereignis ­lernen? 

Man lernt, welche Folgen es hat, wenn politisches Taktieren wichtiger wird als das klare Eintreten für demokratische Tugenden und wenn persönlicher Ehrgeiz über die Glaubwürdigkeit siegt. Der Glaubwürdigkeitsverlust der Politik wird nachwirken. Die Politikverdrossenheit hat einen neuen Nährboden. Das macht mir große Sorgen. 

Welche Rolle kann und sollte die Kirche in einer so polarisierten ­Situation spielen? 

An diesem Beispiel kann man sehen, wie wichtig es ist, dass die Kirche nicht parteipolitisch, sondern grundsätzlich mit derartigen Fragen umgeht. Sie fragt danach, was für die Menschen gut ist und hält sich dabei an die gleiche Würde aller Menschen. Dass in keinem Bundesland die demokratische Regierung durch eine Partei an die Macht kommen darf, die Grundwerte des demokratischen Rechtsstaats verleugnet, ­hätten die Kirchen durchaus vor dem Desaster in Erfurt deutlich machen können. Sie hätten sich dafür auf ihre gemeinsame Stellungnahme „Demokratie braucht Tugenden“ ­berufen können. 

Durch Ihre Beschäftigung mit dem NS-Widerstandskämpfer und ­Pfarrer der Bekennenden Kirche, Dietrich Bonhoeffer, sind Sie auch ein ­Kenner seiner Zeit. Sind die ­historischen Vergleiche zur ­Weimarer Republik und zum ­Aufstieg der NSDAP angebracht? 

Solche Vergleiche finde ich sehr problematisch. Aber Lehren können gezogen werden. Die deutsche Katastrophe begann damit, dass zu viele Menschen der jungen Demokratie gleichgültig gegenüber standen und erhebliche Teile der Eliten offen oder verdeckt gegen sie arbeiteten. Dem Abschied von Demokratie und Rechtsstaat im Jahr 1933 stimmte eine Mehrheit zu, schrecklicherweise. 

Heute müssen wir rechtzeitig alles uns Mögliche tun, damit sich Vergleichbares nicht wiederholt. Wir alle stehen in der Pflicht, die Demokratie zu verteidigen und aktiv mitzugestalten.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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