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Quelle der Sicherheit

"Bei den Großvätern ist die Weisheit, und der Verstand bei den Alten", heißt es im Buch Hiob. Wie wahr: Bei den Großeltern tickt die Alltagsuhr langsamer oder im Dreivierteltakt. Sie sind für viele Familien heute ein unschätzbarer Faktor: beruhigend, unterstützend, verständnisvoll. Und für die Enkel: ein Highlight.

Foto:Johnny Cohen/unsplash

Von Christine le Coutre

Hatte Jesus Großeltern? Wir wissen, dass Marias Eltern Anna und Joachim waren, aber sie finden in der Bibel keine Erwähnung. Für Jesus als Sohn Gottes spielen sie keine Rolle. In der Bibel sind immer wieder Generationenfolgen wichtig, vor allem im Zusammenhang mit der Verantwortung, die die Handelnden für die nächsten Generationen haben. So zum Beispiel bei Mose 20, 5-6. Da geht es um die Schuld, die noch an den Kindeskindern gerächt wird, genauso wie um die Treue und Liebe zu Gott, die sich in die nächsten Generationen trägt.

Luther greift das im Kleinen Katechismus in der Erklärung zu den Zehn Geboten auf: "Was sagt nun Gott zu diesen Geboten allen? Er sagt so: Ich der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der an denen, die mich hassen, die Sünde der Väter heimsucht bis zu den Kindern im dritten und vierten Glied; aber denen, die mich lieben und meine Gebote halten, tue ich wohl bis in tausend Glied."

Die Bedeutung der Großeltern liegt also biblisch nicht in der Beziehung zu den Enkelkindern, sondern auf der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Das gilt vor allem heutzutage in den Diskussionen um die Bewahrung der Schöpfung und um die besondere Verantwortung der Deutschen für eine demokratische Gesellschaft, vor dem Hintergrund des Dritten Reichs.

Großeltern: eine "Erfindung" der Moderne

Ohne Großeltern gäbe es keine Enkelkinder, keine Familie. Allein deshalb haben sie eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung in den Familien. Sie vererben nicht nur ihre genetischen Dispositionen, sondern geben auch ihre Erfahrungen, ihre Werte und Familientraditionen weiter. Heutzutage stehen Großeltern als Beziehungspersonen für ihre Enkelkinder zur Verfügung und unterstützen oft die Eltern in der Betreuung und Erziehung der Kinder. Sie übernehmen also eine andere Verantwortung für ihre Nachkommen als die biblische.

Das Ideal der Großeltern als wichtige Beziehungspartner für ihre Enkelkinder ist relativ jung. Erst im 18. Jahrhundert mit der Popularität des Bürgertums entstand die moderne Vorstellung von Großeltern, die ihre Enkelkinder in einer liebevollen Beziehung begleiten. Vorher bereits in biblischen Zeiten gab es diese Kontakte nur in den Mehrgenerationenfamilien vor allem im bäuerlichen Umfeld. Durch die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft und die steigende Lebenserwartung bekommen Großeltern im Kontakt mit den nachfolgenden Generationen immer größere Bedeutung.

Eine heute erwachsene Enkelin erzählt: "Meine andere Großmutter war eine Dame des 19. Jahrhunderts (*1891). Zwischen uns lag viel Zeit. Die ausgehende Kaiserzeit, zwei Weltkriege – wir hatten kein so herzliches Verhältnis. Sie mochte Kinder nicht. Ich erinnere mich aber, dass sie mir mal vorgelesen hat, als ich krank zu Hause lag. Es war die einzige warmherzige Geste, an die ich mich erinnern kann."

In dieser Erinnerung wird der Abstand der Generationen sehr deutlich: Die Großmutter hat das Ende der Kaiserzeit und zwei Weltkriege erlebt, die Enkelin ein ganzes Leben in Frieden und relativem Wohlstand. Nach so schweren und traumatischen Erfahrungen war es sicher schwer, sich auf unbeschwerte Beziehungen zu kleinen Kindern einzulassen, wenn es doch so oft um das reine Überleben ging. Die Auswirkungen von Kriegstraumata werden inzwischen glücklicherweise auch öffentlich diskutiert und können damit besser bewältigt werden. Die Erinnerung der Enkelin nach etwa 50 Jahren zeigt, wie wichtig dieser eine warmherzige Kontakt, in dem die Großmutter als zugewandter Mensch in Beziehung erlebt wurde, für sie gewesen ist.

Bei den Großeltern gelten manche Regeln nicht

Eine Generation später wurde es schon einfacher, so erzählt eine Mutter: "Für meine Kinder waren die Aufenthalte bei den Großeltern immer ein Highlight. Die Großeltern konnten sich Zeit nehmen, wenn meine Kinder da waren, konnten den Haushalt liegen lassen und sich ganz den Wünschen der Jungs widmen. Natürlich kam auch das kulinarische Verwöhnen mit Chips und Schokolade nicht zu kurz, was die Jungs auf jeden Fall sehr genossen haben – sie wussten genau, dass es zu Hause wieder anders läuft."

Bei den Großeltern herrscht also eine Ausnahmesituation – hier gelten so manche Alltagsregeln nicht. Großeltern können leichter die Pflichten liegen lassen und sich ganz den Bedürfnissen der Enkelkinder widmen. Das liegt sicher auch daran, dass es inzwischen in der Regel eine gesicherte Rente gibt und Großeltern länger gesund sind. Für diese Kinder sind die Großeltern wichtige Bezugspersonen, die ihnen nahestehen, ihnen Möglichkeiten zeigen und immer ein offenes Ohr für sie haben.

Großeltern unterstützen heute auch bei der alltäglichen Betreuung und Erziehung der Kinder, ebenfalls eine Folge der Individualisierung. Beide Eltern sind in der Regel berufstätig, um zum Beispiel den Lebensstandard zu sichern. Die vielen gesellschaftlichen Erwartungen und Informationen zur Kindererziehung machen jungen Eltern oft Druck, alles richtig und perfekt machen zu müssen. Großeltern können hier relativieren, beruhigen und Orientierung geben.

Der Alltag bringt immer wieder Herausforderungen mit sich, in denen eine Unterstützung der Großeltern oft hilfreich, wenn nicht gar notwendig ist. Familien und Ehen entwickeln sich nicht immer positiv. So wird in Deutschland etwa jede dritte Ehe geschieden. In den meisten dieser Fälle gibt es Kinder und Großeltern. Das ist eine der häufigsten Krisen, die Familien bewältigen müssen.

In dieser häufig sehr krisenhaften Situation bekommen die Großeltern eine besondere Bedeutung. Sie können helfen: nicht nur bei der Betreuung, finanziell und als Ansprechpartner der Eltern, sondern auch als wichtiger stabilisierender Faktor für die Kinder. Großeltern fällt es oft nach einer Trennung leichter als den Eltern, die Bedürfnisse, Wünsche und Nöte der Kinder wahrzunehmen. Wenn sie es schaffen, eine Loyalität für beide Eltern aufrechtzuerhalten, können sie eine wertvolle Stütze in diesen schweren Zeiten sein. So sind sie phasenweise die wichtigsten Ansprechpartner für die Kinder während und nach der elterlichen Trennung.

Wichtige Ansprechpartner in schweren Zeiten

So beschreibt eine Enkelin die Bedeutung ihrer Großeltern, als sich ihre Eltern getrennt haben: "Als unsere Familie auseinanderging, waren meine Großeltern oft für uns da. Sie haben mir damit das Gefühl eines Familiendaches gegeben. Wir haben so Familie gespürt, die es auch nach der Trennung meiner Eltern noch gibt."

Großeltern übernehmen also auch heute noch Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. Sie tun dies in Beziehungen und im Kontakt, als Vorbilder und Wertevermittler. Großeltern können helfen, besonders in hektischen Zeiten. Sie nutzen ihre Erfahrungen und ihre Weisheit, um auf ihre Art Verantwortung für die Kindeskinder zu übernehmen: "Bei den Großvätern ist die Weisheit, und der Verstand bei den Alten." (Hiob 8, 8)

Von dieser Weisheit können Enkelkinder auf vielfältige Weise profitieren. Großeltern bieten Entlastung und Unterstützung in kritischen Zeiten, sie eröffnen den Enkelkindern Freiräume und Möglichkeiten. Großeltern können Enkelkinder mit mehr Gelassenheit annehmen, denn sie haben ja schon einmal erlebt, dass Kinder groß werden und ihren Weg gehen werden.

 

Dieser Text stammt aus dem aktuellen THEMA-Heft "Heilige Familie - Familiengeschichten in Bibel und Gegenwart". Mehr zum Inhalt und zu den Bestellmöglichkeiten gibt es hier beim Wichern-Verlag.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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