Kein Anlass zur Fusion
Kirchengemeinden in der Prignitz rebellieren gegen die geplante Reform zur Mindestgröße von Kirchengemeinden, die auf der Herbstsynode beschlossen werden soll.
Berlin/Potsdam/epd
In Teilen der Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz wächst der Widerstand gegen die geplante Einführung von Mindestgrößen für Kirchengemeinden. Am vergangenen Sonntag hat die brandenburgische Initiative „Kirche im Dorf lassen“ eine gleichnamige Webseite freigeschaltet. Dort wird gegen die von der Kirchenleitung geplante Richtgröße von 300 Gemeindegliedern pro Kirchengemeinde mobil gemacht. Ein entsprechender Beschluss soll von der Landessynode auf der Herbsttagung im November verabschiedet werden. Entmündigung und Enteignung wird von den Gegnern befürchtet
Hinter dem Aufruf zum Protest stehen Angaben der Initiative Gemeindeglieder aus den Orten Lennewitz, Kunow, Rosenhagen, Groß Leppin und Krampfer in der Prignitz. Sie befürchten eine „Entmündigung und Enteignung“ von dörflichen Kirchengemeinden, sollte der Beschluss so umgesetzt werden. 300 Gemeindeglieder zur Voraussetzung für die Existenz einer Kirchengemeinde auf dem Dorf zu machen, sei willkürlich und lebensfremd, hieß es.
Der Protest richte sich dabei nicht grundsätzlich gegen strukturelle Veränderung. Es gebe Situationen, in denen eine Fusion sinnvoll sein könne. „Aber solche Zusammenschlüsse müssen freiwillig entstehen, wenn sie gelingen sollen, auf keinen Fall durch Druck von oben“, sagte Mitinitiator Andreas Haufe aus Lennewitz bei Bad Wilsnack. Dort ist er Vorsitzender des Gemeindekirchenrates. In vielen gut funktionierenden kleinen Gemeinden gebe es zu einer Fusion derzeit keinen Anlass. Der Aufruf wird demnach bereits von zwölf Kirchengemeinden aus der Prignitz mitgetragen.
Mit der Freischaltung der Webseite wolle sich die Initiative landesweit vernetzen, hieß es. Zudem werde man notfalls vor Gericht ziehen. Dazu wurde vorsorglich schon ein Spendenkonto eingerichtet. Hinter dem Mindestgrößen-Plan der Kirchenleitung stecken vor allem verwaltungstechnische Fragen bei anhaltend rückläufigen Gliederzahlen. es ist zu befürchten, dass Gemeinden mit nur wenigen Gliedern in naher Zukunft von Verwaltungsfragen überfordert sein werden. Denn die Verwaltungsfragen für Gemeinden sind immens. Bereits im Sommer hatte der Vorsitzende der Landessynode, Harald Geywitz, Kritik an den Plänen zurückgewiesen.
Das kirchliche Leben vor Ort solle nicht ein geschränkt, sondern gesichert und unterstützt werden, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Als sogenannte Körperschaft des öffentlichen Rechts müsse sich jede Kirchengemeinde auch um Fragen wie Daten- und Arbeitsschutz kümmern, einen eigenen Haushalt aufstellen und ab 2023 auch Umsatzsteuer zahlen, egal, wie groß sie ist.
„Es geht jetzt darum, dass man die Verwaltung auf eine höhere Ebene verlagert, während das kirchliche Leben weiterhin vor Ort organisiert wird“, so Geywitz. Und irgendwann müsse schlicht entschieden werden, welche Mitgliederzahl die besondere Form der Körperschaft rechtfertige. In der EKBO gibt es derzeit mehr als 650 Gemeinden mit weniger als 300 Mitgliedern. Allein im vergangenen Jahr haben sich laut Geywitz mehr als 40 Kirchengemeinden zu größeren Verbünden zusammengeschlossen.Vor Ort würden dazu auch Gespräche geführt, wenn das gewünscht werde.