Berlin/epd/dk Eine in der NS-Zeit entfernte hebräische Aufschrift ist mehr als 80 Jahre danach wieder am Portal der evangelischen Berliner Parochialkirche angebracht worden. Das sogenannte Tetragramm gibt in vier Buchstaben den hebräischen Gottesnamen (JHWH) wieder. Im Schatten des Mordanschlags von Hanau habe das jüdisch-christliche Friedensgebet zur Anbringung der Aufschrift am Freitag "einen verstörend aktuellen Bezug erhalten", erklärte die Stiftung House of One im Anschluss.
Ziel der Rückkehr des Tetragramms sei auch, "die Wunden der Vergangenheit zu heilen", erklärte Rabbiner Andreas Nachama, Stiftungsratsvorsitzender des House of One. 1939, als das Tetragramm vom Portal abgeschlagen wurde, "waren schwere Zeiten", betonte Nachama. Auch heute gebe es gefährliche Entwicklungen. "Alle wissen, was in Hanau geschehen ist", betonte der Rabbiner: "Alle wissen, dass wir in schweren Zeiten leben."
Die deutsche Geschichte habe gezeigt, dass Hass nicht auf eine Gruppe begrenzt bleibe, sondern am Ende keinen verschone, sagte Nachama: "Wir alle müssen unsere Stimme erheben."
Das Tetragramm über dem Portal der Parochialkirche war 1939 nach einem Beschluss des damaligen Gemeindekirchenrats beseitigt worden. "Menschen- und gottesverachtendes Gedankengut breitete sich damals schleichend auch in unserer Gemeinde aus", betonte Pfarrerin Corinna Zisselsberger. Mit der Wiederanbringung wolle die Kirchengemeinde in Zeiten des wachsenden Antisemitismus ein Zeichen der Mahnung und Versöhnung setzen, hieß es weiter. Zudem mache das Tetragramm die Verwurzelung des christlichen Glaubens im Judentum sichtbar.
Die Parochialkirche gilt als früheste erhaltene Barockkirche Berlins. Die Arbeiten begannen 1695 nach einem Entwurf von Johann Arnold Nering. Schließlich wurde der als Zentralbau in Form einer Vierkonchenanlage mit Vierungsturm und straßenseitiger Vorhalle begonnene Bau 1705 nach vereinfachten Plänen von Martin Grünberg vollendet. Über der westlichen Vorhalle erhebt sich ein Turm, der mit prächtiger barocker Bauzier aus Sandstein gefertigt ist. Der Turmaufsatz von Jean de Bodt aus dem Jahr 1715 fehlte lange Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, bis er vor wenigen Jahren zurückkehrte. An der Fassade des Kirchenschiffs befindet sich das Epitaph des 1704 verstorbenen Daniel Ernst Jablonskis, Mit-Gründer der Brandenburgischen Societät der Wissenschaften.