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Schule anders leben

Anlässlich des Tags der freien Schulen am 18. September forderten freie Berliner Schulträger mehr finanzielle Unterstützung von der Politik. Auch in Brandenburg ist die Situation von freien Schulen nicht einfach, was das Beispiel der evangelischen Schule in Pritzwalk zeigt. Sie öffnete mit Beginn des neuen Schuljahres. 14 Schüler*innen werden derzeit unterrichtet. Trägerin ist die diakonische Stephanus-Stiftung. Schulleiterin Annerose Fromke, die zuvor Geschäftsführerin der EKD-Schulstiftung war, erzählt im Interview, warum Klassen mit Schüler*innen in einem Alter nur ein theoretisches Konstrukt sind und warum das evangelische Profil eine Herausforderung sein kann.

Annerose Fromke ist Schulleiterin an der evangelischen Grundschule in Pritzwalk, an der im August 14 Schüler*innen eingeschult wurden. Fotos: Stephanus Stiftung

Frau Fromke, die evangelische Grundschule in Pritzwalk ist die erste in der Prignitz. Was bedeutet das für die Region? 

Bildungsvielfalt ist immer ein ­Gewinn. Wenngleich der ländliche Raum in der letzten Zeit an Attraktivität gewonnen hat, gibt es noch Entwicklungsbedarf. Ich denke, es war kein Zufall, dass sich auch die Kommunen und der Landkreis stark für unsere Schulgründung einsetzten. 

Das Brandenburger Bildungsministerium hatte den ersten Antrag zur Schulgründung im Juni 2021 abgelehnt. Warum?

Im bundesweiten Überblick ist erkennbar, dass Schulgründungen im Land Brandenburg mit besonderen Anstrengungen verbunden sind. In meiner Wahrnehmung können derzeit durchschnittlich 10 Prozent der Antragsteller eine Genehmigung auf den Weg bringen. Die Anforderungen sind sehr hoch, was sicherlich begründet ist. Auch wenn die Stephanus-Stiftung mit der Waldhofschule Templin bereits ein in Brandenburg anerkannter Schulträger ist, mussten wir antragstechnisch von vorn beginnen.  

Die Schüler*innen werden jahrgangsübergreifend und interdisziplinär unterrichtet. Wie kann man sich das vorstellen? 

Es gibt zum Glück im Land Brandenburg das Modell der „Kleinen Grundschule“. Dieses wird vor allem kleineren Kommunen gerecht. Jeweils zwei Jahrgänge werden hier zusammengefasst. Diverse pädagogische Konzepte sehen in der Jahrgangs­mischung eine große Chance. Im Grunde sind homogene Jahrgangsklassen nur ein theoretisches Konstrukt, was sich in der Praxis hinterfragen lässt. Wir haben uns halt inzwischen nur alle daran gewöhnt. In der Stephanus-Grundschule möchten wir Abläufe stellenweise anders denken.

Welches pädagogische Modell verfolgt die Schule?

Grundsätzlich orientieren wir uns am kompetenzorientierten Lernen. Darüber hinaus inspirieren uns die Achtsamkeitspädagogik, Fragen der Nachhaltigkeit und das sogenannte „4-K-Modell“. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das für uns: kooperatives, kritisches, kreatives, kommunikatives und konzentriertes Lernen.

Freie Schulen werden nur zu etwa 93 Prozent aus staatlichen Mitteln gefördert. Woher kommen die restlichen Mittel?

Schulen in freier Trägerschaft müssen leider Elternbeiträge erheben, um diese Lücken zu decken. Insbesondere die Aufbauphasen erfordern einen großen finanziellen Einsatz. 

In vielen Bundesländern greift die ­Re­finanzierung oft erst nach 2 bis 3 Jahren, in Berlin erst nach sechs Jahren. Insofern verwundert es nicht, dass Schulgründungen fast nur noch von großen Trägern realisiert werden können. Die meisten Evangelischen Schulen erheben sozial gestaffelte ­Elternbeiträge, so dass allen Schüler*-innen der Zugang möglich ist. Diese Norm liegt auch der Stephanus-Grundschule zu Grunde.

Wie wird Christsein in der Schule gelebt und gefördert?

Das christliche Profil differenziert sich immer in eine Innen- und Außenseite. Dort wo sich im Schulkontext Menschen wertschätzend begegnen, offenbart sich schon die Außenseite des evangelischen Profils. Darüber hinaus benötigen wir im Kern auch Rituale und verbind­liche Inhalte. In der Stephanus-Grundschule haben wir uns einiges vorgenommen. Ich denke da an ­monatliche Schulgottesdienste, das Einüben christlicher Lieder sowie feste Rituale, die den Tag begleiten.

Was motiviert Sie, hier Schulleiterin zu sein? 

Als Geschäftsführerin der EKD-Schulstiftung habe ich acht Jahre viele sehr gute evangelische Schulen besucht. Da bleibt es nicht aus, dass die Lust, es selbst auszuprobieren, ein steter Begleiter ist. Vor allem das evangelische Profil betrachte ich als Herausforderung. Es gibt nicht viele evangelische Schulen, die das überzeugend leben. Schnell ist es nur ein Anhängsel, das recht und schlecht bedient wird. Oft hängt es an einzelnen Personen, die sich kümmern. Dies ist jedoch nicht sehr weitsichtig gedacht.

Welche Pläne gibt es für die Zukunft der Schule? 

Es gibt sehr viele Klippen, die unsere Schule derzeit umschiffen muss. Vor allem der Lehrermangel schlägt sich auch bei uns nieder und wir müssen durch guten Lehr-Raum überzeugen. Derzeit sind wir in einem Übergangsgebäude und hoffen, 2025 in das endgültige Schulgebäude umziehen zu können. Darüber hinaus liegt natürlich auch noch die staatliche Anerkennung vor uns. Doch so weit denken wir derzeit nicht. Wenn man neu beginnt, freut man sich über jeden Tag, der gelingt. Alles wird neu geschöpft. Eine Schulgründung heißt, Wege durch den Dschungel zu schlagen und Neuland zu gewinnen, jedenfalls wenn man den Ehrgeiz hat, Schule etwas anders zu machen.

Die Fragen stellte Constance Bürger.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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