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Schweigend durch den Tiergarten

Das St. Jacobi-Pilgerzentrum in Berlin-Kreuzberg lud zur ersten Stadtpilgerwanderung ein. Ein Erlebnisbericht

Die Pilger*innen sahen den Großen Tiergarten mit anderen Augen. Foto: Susanne Atzenroth

Von Susanne Atzenroth

Ein heißer Sommertag in Berlin. Das Thermometer zeigt den ganzen Tag über 30 Grad und ist nur wenig ­gesunken, als sich die Pilgerwilligen an diesem Freitagabend vor der St. Jacobi-Kirche mitten in Berlin-Kreuzberg sammeln. Ein wenig Schatten spendet der mit Bäumen versäumte Vorhof der Kirche, in dem eine große Statue des Apostel Jakobus steht. Der biblische Pilgervater, zu dessen vermutetem Grab im spanischen Santiago de Compostela sich seit Jahrhunderten viele ­Pilger*innen aufmachen, ist Namensgeber der hiesigen Kirchengemeinde. Jetzt entsteht hier ein ­Pilgerzentrum mitten in Berlin. 

Von hier aus geht es zur ersten öffentliche Stadt-Pilgerwanderung in den Tiergarten. Unter dem Motto „Schweigend durch den Großen Tiergarten“ soll sie künftig regel­mäßig jeweils am dritten Freitag eines ­Monats stattfinden. Kostenlos und ohne Anmeldung. „Diese zweieinhalb Stunden sind eine gute Möglichkeit, aus der üblichen Hektik des Tages heraus- und herunterzukommen“, sagt Pilgerbegleiter Thomas Knoll. 

Was die Augen so alles wahrnehmen  


Die erste Frage nach der Begrüßung gilt den Wasservorräten für den Weg, denn auf sieben Kilometern soll die Tour erst bis zum Potsdamer Platz und dann durch den Großen Tier­garten gehen. Die ersten Kilometer an der Straße entlang sind zügig zurückgelegt. An den Birken vor dem Innenhof des Sony Centers bleibt Thomas Knoll stehen und die Gruppe sammelt sich. Nach einer Atemübung, dem Innehalten im Gebet und einem kurzen Impuls ist für die nächste Stunde Schweigen angesagt. Die Sinne sollen sich dabei auf die Wahrnehmung der Augen konzentrieren. 

Dann geht es über die große Kreuzung hinein in den Tiergarten. Das erste Wegstück ist belebt und laut. Doch die eigene Stille schirmt die Gruppe förmlich ab. Es ist ungewohnt, in der Gruppe zu schweigen – gerade nach den angeregten Gesprächen zu Beginn der Wanderung – doch es entlastet auch. Ich muss mich nur auf das konzentrieren, was mich umgibt und was ich dabei empfinde. 

Ab und zu bleibt Thomas Knoll stehen und weist mit Blicken oder einem Nicken auf besonders eindrucksvolle Blickachsen hin. Einige Bäume begrüßt er im Vorbeigehen wie alte Freunde. Mit Bäumen kennt er sich aus, denn er ist selbstständiger Baum- und ­Bodengutachter. Sein theologisches Fernstudium absolvierte er nebenher und machte 2019 in Bayern die Ausbildung zum Qualifizierten Pilgerbegleiter. Inzwischen gibt er sein Wissen an andere weiter, etwa bei der vom Amt für Kirchliche Dienste (AKD) angebotenen Pilger­begleiter*innen-Ausbildung. 

Die Pilgerwanderung dieses Abends hat er minutiös geplant. „Ein Pilgerbegleiter sollte gut vorbereitet und gleichzeitig Wegführer, Seelsorger und Regisseur sein“, so Thomas Knoll. Als Prädikant wird er  zusammen mit Pfarrer Christoph Heil die „Gemeinde der Pilgernden“ im künftigen Pilgerzentrum in St. Jacobi ­betreuen. Zahlreiche weitere Veranstaltungen und eine Pilgerherberge sind geplant. 

Durch die Lichtreflexe sehen die Augen ein Kreuz 


Plötzlich wird der Weg schmaler und windet sich an Wasserläufen vorbei. Wir gehen durch hohe Farne und unter tiefhängenden Ästen mächtiger Bäume entlang. Der Park scheint nun ein Urwald zu sein. Dazu wirft die tiefstehende Sonne Licht­reflexe durch ihr Laub und im See – spiegelt sich da nicht ein Kreuz? „Es war wirklich eine magische Stimmung“, so beschreibt eine Teilnehmerin ihre Empfindungen am Ende der Pilgerrunde, die wir auf einem Baumstamm sitzend, mit einer Reflektion und abschließendem Pilgersegen ausklingen lassen. Es war für alle ein angenehmes Experiment. Wir fühlen uns entspannt und bereichert – nicht nur von den schönen Eindrücken, die unsere Augen gewannen, sondern auch von der Gemeinschaft, die uns im Schweigen verband. 

Die nächsten Stadtpilgerwander­ungen sind am Fr, 16. Juli und Fr, 17. September. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Treffpunkt ist um 17.45 Uhr am Jakobusdenkmal vor der St. Jacobi-Kirche in Berlin-Kreuzberg.

Weitere Infos und Kontakt:

Thomas N.H. Knoll,
E-Mail t.knoll(at)kgkm.de oder Gemeindebüro, Telefon: (030)61609616.  

Festgottesdienst zur Einweihung des Pilgerzentrums St. Jacobi am 1. August um 14 Uhr.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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