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Seelsorger und Netzwerker

Christoph Vogel ist der zweite Kandidat für das Amt des Generalsuperintendenten des Sprengels Potsdam. Er wird sich am kommenden Sonntag in St. Nikolai mit Gottesdienst und Vortrag präsentieren. Die Entscheidung fällt der Wahlkonvent am 6. September.

Christoph Vogel
Foto: Matthias Kauffmann/EKBO

Von Friederike Höhn

An der Wand im Büro von Christoph Vogel hängt eine Übersichtskarte der Landeskirche. Mit kleinen Pinnnadeln sind einzelne Gemeinden markiert – überall dort, wo gerade „seine“ Vikar*innen im Einsatz sind. Ungefähr 200 angehende Pfarrerinnen und Pfarrer, so schätzt er, hat er in den vergangenen elf Jahren als Leiter der Ausbildungsabteilung und des Theologischen Prüfungsamtes der EKBO auf ihrem Weg begleitet. Eine prägende Zeit: „Ich selbst habe in der praktischen Erprobung, im Vikariat, gemerkt, dass ich Pfarrer werden will. Mir wurde bewusst: Mit Menschen im Gespräch über Gott zu sein ist erfüllend und macht Freude“, erinnert er sich zurück. Nun möchte Christoph Vogel wieder raus aufs Land, hinein in die Mark Brandenburg – und zwar als neuer Generalsuperintendent des Sprengels Potsdam.

„Es ist schon wichtig, dass es dieser Sprengel ist. Er hat mich geprägt“, erklärt er. „Wo anders hätte mich das Amt nicht so gereizt.“ Hier hatte er seine erste Pfarrstelle: 1998 in der Kirchengemeinde Raben/Rädigke im heutigen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg. Dort und später in Brandenburg an der Havel lernte Vogel das Leben als Pfarrer in Dorf und Mittelstadt mit ihren jeweiligen Besonderheiten kennen: mehrere Predigtstätten, viele Gemeinden, die große Verbundenheit mit dem Ort, das Miteinander über die Kirchengemeinde hinweg. 

Eine intensive Erfahrung war das Kirchenasyl, das seine Gemeinde in Brandenburg an der Havel 2003 einer vierköpfigen Familie aus dem Kongo gewährte. Der Fall machte damals überregional Schlagzeilen, als das Magazin „Focus“ schrieb, der Vater der Familie wäre in seiner Heimat an einer Vergewaltigung beteiligt gewesen. Die Kirchengemeinde fand heraus, dass es ein Übersetzungsfehler im Rahmen des Asylverfahrens war. „Die Sache war heftig und die Aufnahme der Familie brachte mir eine Strafanzeige ein“, berichtet Vogel. Großartig war hingegen der Rückhalt in der Bevölkerung und in der Kirche, 1500 Menschen aus der Stadt unterschrieben damals einen Appell für das Bleiberecht, spendeten für die Familie. „Das hat mir gezeigt, welche Kraft eine an der Not des Nächsten orientierte kirchliche Arbeit hat.“ 

Bei so viel Einsatz schmerzen ihn die Kirchenaustrittszahlen umso mehr. „Und eigentlich müsste ja sogar noch viel mehr geschehen, wenn wir weniger werden, in der Seelsorge, in der Diakonie, in der Bildung.“ Diese drei Bereiche liegen Christoph Vogel besonders am Herzen. Sein Weg: mehr wagen, mehr vernetzen und eine innere Freiheit zurückgewinnen. Notwendig sei aber auch, das eigene Handeln aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen, auch wenn das anstrengend sei.

Von Untergangsstimmung hält er nichts: „Das sind nun mal die Rahmenbedingungen, unter denen wir in der EKBO arbeiten müssen“, sagt er pragmatisch. Am Auftrag, die Barmherzigkeit Gottes zu bezeugen, Hoffnung zu stiften und für Versöhnung einzutreten, ändere das nichts. Nur die Wege müssten sich wandeln. Vor Ort und auch im Digitalen. Podcast und Instagram kann er sich auch persönlich gut vorstellen.

Zugleich fehlt es im Pfarramt an Nachwuchs, gerade auf dem Land. Als Ausbildungsleiter führte er ein verpflichtendes Landmodul für alle Vikar*innen ein, empfiehlt den Studierenden ein Praktikum im länd­lichen Raum und fördert den Austausch zwischen Stadt und Land. Denn oft herrschen Vorurteile gegenüber dem Leben als Landpfarrer*in. Hier zu vermitteln, Chancen aufzuzeigen und zu begeistern, ist ihm oft gelungen: „Manch einer wollte nach dem Vikariat unbedingt eine Pfarrstelle in Berlin – und ist heute glücklicher Dorfpfarrer“, berichtet Vogel.

Eine wichtige Frage auf dem Land, die Christoph Vogel als ehemaliger Dorfpfarrer kennt, ist, wie Gottesdienste ansprechend gestaltet werden können, wenn er bei vielen kleinen Predigtstätten nicht wöchentlich stattfindet. Wie wäre es etwa, eine Gottesdienstagende für einen monatlichen Rhythmus zu gestalten, überlegt er laut. „Das könnte ein anderes Gefühl vermitteln“, sagt Vogel.

Für Christoph Vogel umfasst das Amt des Generalsuperintendenten vor allem zwei Schwerpunkte: Seelsorge und Kirchenpolitik. Mit beiden Bereichen ist er gut vertraut. Schon als Student war Vogel in der Telefonseelsorge aktiv, später absolvierte er eine Klinische Seelsorgerausbildung in der Psychiatrie und war auch in Brandenburg Krankenhausseelsorger. „Glaube bietet eine Sicht auf die Welt, die nicht unmittelbar selbstverständlich ist, aber neue Perspektiven öffnet“, das habe er als Seelsorger gelernt. „Man spürt, dass ihm die Seelsorge ein Herzensanliegen ist“, bestätigt Dorothea Braeuer, die als Personalreferentin der EKBO seit vielen Jahren mit Vogel zusammenarbeitet.

Landeskirche und der EKD gut verknüpft – wichtig für die Kirchenpolitik. Von 2004 bis 2009 war er Referent von Wolfgang Huber in dessen Funktion als EKD-Ratsvorsitzender, und er schätzt den Austausch über landeskirchliche Grenzen hinweg. „Die Probleme und Fragen sind oft dieselben“, sagt Vogel. „Und dann auch womöglich die Lösungen.“ 

Solche werden auch künftig gebraucht werden. Christoph Vogel kennt die Prozesse und Strukturen der Landeskirche, ihre Personen und Probleme. Er könnte sofort loslegen. Kristóf Bálint oder Christoph Vogel: Die Entscheidung liegt nun beim Wahlkonvent – und es wird keine leichte werden.

Sonntag, 30. August, 15 Uhr: Vorstellungsgottesdienst von Christoph Vogel mit anschließendem Vortrag und Gespräch in der St. Nikolaikirche, Potsdam.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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