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Sichern, was zu retten ist

Rund 20 Freiwillige sorgen dafür, dass beim Abriss der Zuversichtskirche in Berlin-Staaken nachhaltig rückgebaut statt rücksichtlos abgerissen wird

Eine Teil der freiwilligen Helferinnen und Helfer. Foto: Uli Schulte Döinghaus

Von Uli Schulte Döinghaus

„Stehen lassen! Kirchen­gemeinde zu Staaken!“ Die dringende Ermahnung klebt auf einem Aktenschränkchen, das irgendwo in einer Ecke der Zuversichtskirche steht. Bis zur Entwidmung Anfang des Jahres war sie das Zentrum der Kirchengemeinde zu Berlin-Staaken in Spandau. Seither werden Gottesdienste in der Dorfkirche Staaken gefeiert, die ein paar Gehminuten entfernt ist und bis zur Maueröffnung unerreichbar war. 

Die barsch anmutende Notiz „Stehen lassen!“ gilt nur dem Schränkchen, nicht aber dem Kirchengebäude, das derzeit abgerissen wird – ­zusammen mit Gemeindehaus, Pfarrwohnungen und Sozialstation. An seiner Stelle soll ein kommunales Begegnungszentrum und eine Kindertagesstätte gebaut werden. Pläne sind im Foyer der ­Zuversichtskirche einzusehen. 

Rund 20 Freiwillige packen beim nachhaltigen Rückbau mit an, um wertvolle Materialien und Erinnerungsstücke zu retten und eine Weiterverwendung zu ermöglichen. Von 9 bis 14 Uhr wird täglich gearbeitet. Unter den Helfer*innen sind auch Austauschstudent*innen des europäischen Erasmus-Programms, wie die aus der Türkei stammende ­angehende Sozialpädagogin Sevval. „Sustainability is important“, sagt sie, Nachhaltigkeit sei wichtig. Die meisten Freiwilligen sind junge Erwachsene. Aber auch eine Handvoll älterer ­Gemeindeglieder klotzt ran und bringt handwerk­liche Erfahrungen ein. 

Ihren Einsatz begleitet ein ehrenamtliches Filmteam, das seine Dokumentation am 15. Juli während eines Fachtags mit Architekten, Theologen und Stadtplanern präsentiert. Dass der Freiwilligen­einsatz in Wort und Bild dokumentiert wird, hat seinen Grund: Eine Kirche wird ­selten abgerissen. Und noch seltener sind engagierte Freiwilliger bereit, Wertvolles zu sichern und zu verwerten. Zu den ehrenamtlichen Jobs gehört zum Beispiel, braune Holzpaneele von Decken und Wänden zu lösen und zu sammeln. Gleich zu Anfang der Kampagne begann Timo, ein Bundesfreiwilligendienstleistender (Bufdi), damit, die Rollrüstung zu montieren, um an die Holzverkleidung über der Orgel zu gelangen. 

Die Orgel selbst soll demnächst in einem kleinen Ort in der Nähe von Krakau erklingen, wo ein katho­lischer Priester seit vielen Jahren dabei ist, eine Kirche mit eigener Hand zu bauen. Über das Internet sicherte er sich mit der Staakener Orgel einen weiteren Baustein. 

Ein schwieriger Job für die Frauen und Männer der Abrissgruppe ist es, den Bodenbelag der Zuversichts­kirche zu lösen und zu sichern. „Ein hochwertiger Naturstein ist das, Solnhofer Platte aus dem Altmühltal in der Fränkischen Alb“, sagt Heike Holz, die als Gemeindegeschäftsführerin zusammen mit dem Sozialdiakon Lothar Bärsch die Arbeit der Freiwilligen koordiniert. 

Was die Freiwilligen aus dem Kirchenraum sichern und herbeischaffen, soll am 18. Juli auf einem Flohmarkt vor dem Gebäude präsentiert und verkauft werden. Knapp 40 Quadratmeter der hochwertigen Solnhofer Platten werden in einer kleinen Kapelle wiederverwendet werden, die in das Ensemble des neu zu bauenden Begegnungszentrums integriert wird. 

Der Abriss des Kirchen­gebäudes, das erst 1966 eingeweiht wurde, schien zuletzt unumgänglich. Allein die Heizungskosten des übergroßen Innenraums mit 300 Quadratmeterüberstiegen mit über 20000 Euro pro Jahr die Finanzkraft der Kirchengemeinde. Eine Wärmedämmung erwies sich als ­unmöglich, weil die Erben des Architektenehepaars Barbara und Wolfgang Vogt eine Veränderung des Baus ablehnten.

Nach Jahren des Überlegens und Debattierens stand der Entschluss der Gemeindegremien fest: „Wir reißen ab, wir bauen zurück.“ Dabei packen jetzt mindestens 14 Tage lang Freiwillige mit an, um Gutes, Erhaltens- und Erinnerungswertes zu sichern. 

Das Team kann weitere Freiwillige gut gebrauchen: Wer Interesse hat, findet sich ab 9 Uhr morgens an der Zuversichtskirche, Brunsbütteler Damm 312, Berlin-Spandau ein und fragt nach Lothar Bärsch.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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