Von Christina-Maria Bammel
November ist häufig schwerer als andere Monate. Abschieds- und Erinnerungszeit und mehr Dunkelheit. Auf diesen November kommt noch eine Schippe drauf. Ein zügiger Teil-Lockdown hat Chancen, die Infektionen zu bremsen und das Land nicht zu lähmen. Tragen wir das als Kirche mit. Wer meint, wir würden das alles tun, damit Weihnachten nicht ins Wasser fällt, verkennt den Ernst der Lage. Wir sind kein Festverein, der sich um sich selbst dreht.
Sich zu Gebet und Gottesdienst Corona-geübt zu sammeln, ist Dienst Gottes an uns – und das Gebet für Stadt und Land auch unser Dienst an der Welt. Es gibt noch weit mehr zu tun im November, wenn so mancher Kreis ausfallen wird, weil er nicht Gottesdienst ist. Seelsorge aufsuchend und nachgehend eins zu eins – wann wenn nicht jetzt?
Dieser November gibt uns Zeit, erstens spontaner, zweitens großzügiger und drittens milder zu werden. Spontaner. Es frustriert, in den Gemeinden x-mal das Geplante umzustellen, dann doch abzusagen. Es raubt Nerven. Jetzt ist die Stunde der Spontaneität. Gilt nicht für alles: Synoden können nicht nur auf spontane Eingebungen setzen. Aber dem Planbarkeits-Druck die Spitzen nehmen, kann entlasten. Gerade mit Blick auf die Adventszeit.
Perfektion ist nicht unser Credo, sondern Großzügigkeit. Jetzt ist Gelegenheit. Wir übersehen nicht, dass es noch andere gibt mit mehr Grund zur Sorge. Ja, es gibt auch materielle Ausfälle und wir sind belastet, aber längst nicht so arm, dass wir nicht auch geben könnten. Mit Blick auf alle, die von der Kunst und Kultur leben. Warum nicht verstärkt in die Gottesdienste je eine freiberuflich musizierende Person, auch Schauspielerin, einladen? Ideell und materiell Unterstützung zeigen. Es gibt noch mehr Nachbarn, die gerade so über die Runden kommen. Wir können auch mit unserer kleinen Kraft an der Seite derer stehen, die bangen, etwa, ob sie einen trockenen Platz am Tag oder in der Nacht finden, wenn die Abstandsregeln Aufnahmekapazitäten in den Unterkünften verringern. Die November-Devise: großzügig Räume anbieten. Wir haben Platz.
Es geht auch weniger barsch untereinander: Wo alle nach dem richtigen Weg tasten, ist nicht die Zeit für Wut- und Widerstandsparolen. Es braucht die Kraft milder Worte. Für die kann gelten, was von Virologen geraten wurde: Sei mit jedem Mitmenschen so umsichtig, als ob du infiziert seist und ihn vor einer Ansteckung bewahren wolltest. Machen wir den November zu einer Übung der Behutsamkeit. Weniger Zeigefinger, mehr Herz.
Christina-Maria Bammel ist Pröpstin der EKBO.