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Südafrikas Gewissen ist nicht mehr

Am zweiten Weihnachtsfeiertag ist Desmond Mpilo Tutu gestorben. Einer der Freiheitshelden Südafrikas. Tutu hatte sich immer wieder gegen das Apartheid-Regime ausgesprochen, den Übergang des Landes zur Demokratie unterstützt und sich jahrelang für Menschenrechte, Frieden und Versöhnung weltweit eingesetzt. 1986 war er zum Erzbischof von Kapstadt ernannt worden und damit der erste Schwarze an der Spitze der anglikanischen Kirche in Südafrika. Über das bewegte Leben eines Vorbilds.

Desmond Tutu setzte sich unter anderem für Gleichberechtigung von Homosexuellen und das Recht auf Sterbehilfe ein. Fotos: epd

Von Benjamin Dürr (mit epd)

Unbequeme Standpunkte schienen ihm nichts auszumachen – im Gegenteil. Desmond Tutu, der frühere Erzbischof von Kapstadt, war so etwas wie das Gewissen Südafrikas und schreckte vor kontroversen Themen nicht zurück. Tutu, Freund und Weggefährte des ersten demokratisch gewählten Präsidenten Nelson Mandela (1918–2013), ist in Kapstadt im Alter von 90 Jahren gestorben.

Mann der Worte, Taten und Hoffnung


Der Tod des früheren südafrikanischen Erzbischofs und Friedens­nobelpreisträgers Desmond Tutu ist weltweit mit Trauer aufgenommen worden. Tutu habe sich mit außer­gewöhnlichem Intellekt, Integrität und Unbesiegbarkeit gegen die Kräfte der Apartheid gewandt, erklärte der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa am 26. Dezember. Das geistliche Oberhaupt der anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby, bezeichnete Tutu als Mann der Worte und der Taten, der Hoffnung und Freude verkörperte. Er habe enorme Vision bewiesen und die Chancen von Südafrika als Regenbogennation verschiedener Bevölkerungsgruppen als einer der ersten erkannt. Bei Einschüchterungsversuchen durch das Apartheid-Regime habe er persönlichen Mut und Tapferkeit bewiesen, betonte Welby. Tutu habe sich auch nach dem Ende der Apartheid unermüdlich für Gerechtigkeit eingesetzt, erklärte der Weltkirchenrat in Genf.

Auch in Deutschland wurde der Tod des früheren Erzbischofs und Apartheid-Gegners mit Trauer aufgenommen. Bundespräsident Steinmeier erklärte in einem Kondolenzschreiben an den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa: „Mit ihm ist einer der international markantesten Kämpfer gegen Apartheid und für Demokratie und Menschenrechte von uns gegangen. Sein Beispiel hat die Welt inspiriert, den universalen Menschenrechten zum Durchbruch zu verhelfen.“

Seine Stimme wird fehlen


Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, erklärte: „Desmond Tutu hat die Stimme für diejenigen erhoben, die nicht gehört wurden. Er war das Sprachrohr für die Menschen in Südafrika, die jahrzehntelang unter der Apartheid gelitten haben.“ Seine Stimme werde nun fehlen. „Desmond Tutu war einer der Menschen, die diese Welt so dringend braucht“, so Bischof Christian Stäblein auf Twitter.

Tutus Leben sei für viele Menschen in Südafrika und weltweit ein Segen gewesen, schrieb die Nelson-Mandela-Stiftung. Der Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, erklärte, sein Vermächtnis sei moralische Stärke, Mut und Klarheit. Der Dalai Lama, mit dem Tutu eine langjährige Freundschaft unterhielt, sagte, Tutu habe sich vollständig dem Dienst für andere gewidmet, besonders für die am stärksten Benachteiligten.

1984 erhielt er den Friedensnobelpreis


Neben Nelson Mandela war Tutu der wohl berühmteste Kämpfer gegen die Apartheid. Er lief bei Protest­märschen vorne mit, machte im Ausland auf die Menschenrechts­verletzungen in seinem Heimatland aufmerksam und wurde dafür von der damaligen Regierung drangsaliert. Für seinen unermüdlichen Einsatz erhielt er 1984 den Friedensnobelpreis. 1990, als Mandela nach 27 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wurde, nahm Tutu ihn in der ersten Nacht in Freiheit in seinem Haus auf. Nach dem Ende der Apartheid 1995 ernannte ihn Präsident Mandela zum Vorsitzenden der Wahrheits- und Versöhnungskommission, die Verbrechen der Apartheid aufarbeitete. Rund 21000 Menschen wurden bis 1998 angehört.

Geboren wurde Desmond Mpilo Tutu 1931 in der kleinen Goldgräber-Stadt Klerksdorp im Transvaal. Sein Vater war Lehrer, seine Mutter Hausangestellte. Er wurde selbst Lehrer, gab den Beruf aber nach drei Jahren auf, weil die Apartheid-Regierung den „Bantu Education Act“ verabschiedet hatte, der die Rassentrennung in allen Bildungseinrichtungen vorschrieb. Tutu studierte Theologie und wurde 1960 als Geistlicher der anglikanischen Kirche ordiniert.

Er studierte und lehrte in Großbritannien und Südafrika. 1975 wurde er in Johannesburg zum ersten schwarzen Dekan berufen, drei Jahre später zum Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrates gewählt. In dieser Zeit, als es in den Townships, den Schwarzenvierteln, zu Aufständen kam, wurde Tutu zum Vorkämpfer der Anti-Apartheid-Bewegung – auch wenn er stets betonte, keine politischen, sondern religiöse Motive zu verfolgen. 1986 wurde Tutu Erzbischof von Kapstadt und damit der erste Schwarze an der Spitze der anglikanischen Kirche in Südafrika. 1996 schied er aus dem Amt.

Oft in Distanz zu den Auffassungen seiner Kirche


Tutu setzte sich für die Gleich­berechtigung von Homosexuellen und das Recht auf Sterbehilfe ein. Er forderte eine Anklage gegen den früheren britischen Premierminister Tony Blair wegen Kriegsverbrechen im Irak und legte sich mit der Regierung von Präsident Jacob Zuma an, der von 2009 bis 2018 im Amt war. Über seine politische Haltung pflegte Tutu zu sagen, sein Glaube verlange es zu handeln. „Wenn ein Hungernder zu Jesus kommt, sagt dieser nicht: ‚Lass uns beten und auf Wiedersehen’“, erklärte er einmal. „Wenn ein Hungernder zu Jesus kommt, gibt er ihm zu essen.“

Mit seiner Haltung, beispielsweise zur Homosexualität, ging er immer wieder auf Distanz zu seiner Kirche. Als seine Tochter, die Pfarrerin Mpho Tutu, eine niederländische Ärztin heiratete, stellte er sich hinter die beiden. Seine Tochter musste ihr Amt aufgeben, weil die anglikanische Kirche Homosexuellen die Priesterweihe verweigert. Vater Desmond Tutu feierte bei der Hochzeit mit und sagte, er sei traurig über die Haltung seiner Kirche.

Über die „Desmond & Leah Tutu Legacy Foundation“, eine Stiftung, die er gemeinsam mit seiner Frau Leah gegründet hat, wandte sich Tutu zuletzt an die Südafrikanerinnen und Südafrikaner. Im vergangenen Jahr kritisierte die Stiftung Korruption beim Einkauf von Schutzmaterialen während der Corona-Pandemie – so werde das Vertrauen zwischen Staat und Bürgern untergraben. Dass die Abwehr von Covid-19 in Geschäftemacherei umgeschlagen sei, sei ein großer Rückschritt für die Integrität des Landes, hieß es in einer Erklärung. 

Als Tutu im Mai gegen Corona geimpft wurde, sagte er, sein Leben lang habe er versucht, das Richtige zu tun – und die Impfung sei das Richtige, um zum nationalen Heilungsprozess und zu einem Ende der Pandemie beizutragen. Mit Tutu ist wieder einer der Großen gegangen.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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