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Sympathie für die Schöpfung

Am 5. September ist Ökumenischer Tag für die Schöpfung

Stille Momente sind selten: Der vermeintliche Garten Eden rund um den Aufstieg zum Piz Boé im italienischen Trentino ist in der Sommersaison von Touristen überlaufen. In der Folge nehmen Flächenversiegelungen für neue Infrastruktur, Verlärmung durch Schallausbreitung und Luft- und Bodenbelastungen stark zu. Foto: Uwe Baumann

Von Frank Schürer-Behrmann

Ich mache meinen Frieden mit dir,
du kleine Mücke.
Du kannst mich ruhig pleken,
ich werd‘ dich nicht zerdrücken.
Du kannst mich ruhig stechen,
ich werde dich nicht schlagen.
Du musst mir nur versprechen,
es deinen Kumpels nicht zu sagen.
Nun hau schon deinen Spund rein
und lass uns einen heben.
Ich fülle auf mit Rotwein,
so könn’ wir beide leben.

Gerhard Gundermann

Diese Zeilen des Liedermachers Gerhard ­Gundermanns irritieren. Ist es nicht die ­natürlichste Reaktion der Welt, nach einer Mücke zu schlagen, damit sie nicht zusticht? 

In einem Moment der Gnade muss Gundermann aber die Mücke nicht als Feindin ­sehen. Er kann ihr zugestehen, zu tun, was sie tun muss, auch zu seinen Lasten. Sie soll es nur nicht übertreiben, dann gibt es Raum für beide. Ist das absurd oder lächerlich?

Die uns umgebende Natur ist widersprüchlich. Natürlich gibt es wunderbare Sonnenaufgänge und herrliche Wildbäche. Getreide, Raps und Obst schenken Brot, Öl und Wein, wie es der 104. Psalm besingt. Aber im Laufe des Tages kann die Sonne des kühlen Morgens sengende Hitze entwickeln, der plätschernde Bach wird zur mörderischen Flut. 

Deswegen haben Menschen über Jahrtausende die Natur meistens als Feindin gesehen. Wir haben versucht, sie unter Kontrolle zu bringen und uns bedingungslos gefügig zu machen. Aus sich windenden Flüssen wurden exakt berechnete Wasserstraßen, aus ­­­flauschig piependen Küken industrieller Überschuss, der möglichst effizient vernichtet wird. 

Die Rechnungen gehen aber nicht auf. Es gibt zu viele unbekannte Variablen. Die ­hemmungslose Verbrennung von Kohle und Öl führt zur Klimakrise. Und selbst die kleine Mücke fehlt, wenn sie mit anderen Insekten mit chemischen Mitteln flächendeckend ­vernichtet wird – wovon sollen die Singvögel leben und wie sollen Obstblüten bestäubt ­werden?

Die Ambivalenz wird bleiben. Aber vielleicht lernen wir, dass der richtige Umgang mit der Natur ist, sie nicht durch unbedingte Herrschaft überwinden zu wollen. Sondern wir müssen, so gut es geht, eine Beziehung ­gestalten, die die „Bedürfnisse“ der Schöpfung besser wahrnimmt und ihnen Raum gibt. Und die Voraussetzung für Wahrnahme ist freundliche Einfühlung oder Sympathie.

Ein Übungsraum für solche Geschwisterlichkeit ist die Religion. Gerhard Gundermann ist nicht der erste, der die scheinbar stumme Schöpfung als lebendiges Mitgeschöpf sehen konnte. Vor Hunderten von Jahren sprach der Heilige Franz von Assisi Sonne und Mond, Wind, Wasser und Erde als Geschwister an. 

Franz’ später Nachfolger Papst Franziskus rief 2015 in seiner Enzyklika „Laudato Si“ zu ­einem neuen Verhältnis zur Schöpfung auf, und die weltweite ökumenische Bewegung lädt seit einigen Jahren ein, im September ­einen „Ökumenischen Tag der Schöpfung“ zu feiern. 

In Berlin und Brandenburg feiern wir diesen Tag auch in der Doppelstadt Frankfurt-Słubice an der Oder. Aus einem Gespräch mit dem römisch-katholischen Bischof von Gorzów (Landsberg) Tadeusz Lityński ergab sich letztes Jahr die gemeinsame Initiative, beidseits entlang des Flusses „Schöpfungsgärten“ entstehen zu lassen. In ihnen soll ein einfühlsamer Umgang mit der Schöpfung eingeübt werden – in praktischer Arbeit, in Gespräch und Gebet. Zwei Gärten entstehen nun an den beiden Studierendenhäusern Parakletos und Hedwig in Słubice und Frankfurt – sie sind noch in den Anfängen. Im Anschluss an den ökumenischen Gottesdienst in der Friedenskirche am 5. September um 14 Uhr werden wir sie besuchen. Und vielleicht lernen, dass gegen Mücken auch Walnussbäume und Netze helfen, und dass dann alle ihren Platz haben können. So könn’ wir alle leben.

Stichwort: Ökumenischer Tag der Schöpfung

Im Jahr 1989 lud der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Dimitrios „die ganze orthodoxe und christliche Welt“ ein, am 1. September „zum Schöpfer der Welt zu beten: mit Dankgebeten für die große Gabe der geschaffenen Welt und mit Bittgebeten für ihren Schutz und für ihre Erlösung“. Diese Initiative wurde 1992 von der gesamten Orthodoxen ­Kirche begrüßt und übernommen. Zugleich gehörten zum damaligen ökumenischen Diskurs Fragen zur Bewahrung der Schöpfung, Frieden und Gerechtigkeit und viele Christinnen und Christen engagierten sich bereits für den Konziliaren Prozess. Teil dieses Prozesses waren die Europäischen Ökumenischen Versammlungen in Basel (1989), Graz (1997) und Sibiu (2007). Die Charta Oecumenica aus dem Jahr 2001 empfiehlt allen europäischen Kirchen, „einen ökumenischen Tag des Gebets für die Bewahrung der Schöpfung“. Die ACK beschloss 2009, den Ökumenischen Tag der Schöpfung einzuführen, den sie auf dem 2. Ökumenischen ­Kirchentag 2010 in München proklamierte. 

Mehr dazu: www.schoepfungstag.info

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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