Von Claudia Schülke (epd)
Sterbende Bäume bergen neues Leben. Schwarz-blau schimmernde Holzbienen summen und brummen in tiefem Bass zwischen ihren Ästen und Zweigen. Sie suchen abgestorbenes, aber noch festes Holz für den Bau von Brutröhren, in denen sie ihre Eier ablegen können. Die markanten, großen Wildbienen stammen ursprünglich aus Südeuropa, sind aber seit Jahrzehnten auch bei uns heimisch. Viele der rund 550 Wildbienenarten in Deutschland sind sehr selten geworden. Um ihnen zu helfen, sollten Hobby- und Hausgärtner sterbende Obstbäume nicht gleich roden, sondern noch eine Weile stehen und morschen lassen. Das raten Naturschützer.
Etwa 17 Millionen Gärten gibt es in Deutschland, rund zwei Prozent der Landesfläche nehmen sie ein – das könnten viele Oasen für gefährdete Insekten sein. Aber Totholz, wie es etwa den Wildbienen gut tut, sehen viele Gartenbesitzer in ihren aufgeräumten Idyllen nicht gern. In den meisten Kleingartenvereinen ist es sogar verboten. Diese Gärten sollen schließlich für den Eigenbedarf bewirtschaftet werden. Dabei leben nicht nur Wildbienen, sondern auch viele der 8.000 heimischen Käferarten im Totholz, das man in einer Ecke des Gartens vermodern lassen kann anstatt ein Insektenhotel aufzuhängen.
Achtung vor Insektenhotels
Wobei man bei Wildbienen noch etwas anderes beachten muss: "Drei Viertel der heimischen Wildbienenarten nisten im Boden, in selbstgegrabenen Hohlräumen", erklärt der Biologe und Wildbienen-Experte Paul Westrich. "Nisthilfen, wie sie üblicherweise verwendet werden, bieten vergleichsweise wenigen und zudem häufigen und ungefährdeten Arten einen Nistplatz." Insektenhotels seien "vielfach völlig untauglich". Sind sie schlecht verarbeitet, können Holzsplitter sogar die zarten Flügel der Hautflügler zerfetzen.
Westrich fördert Wildbienen in seinem Garten in Baden-Württemberg vor allem durch "Bereitstellung eines vielfältigen Blütenangebots vom Frühling bis in den Herbst", wie er sagt. Hier wird es kompliziert, denn viele Arten haben sich im Laufe der Evolution auf bestimmte Pflanzen spezialisiert: "Zwölf Arten benötigen Glockenblumen als Pollenlieferanten, ohne diese können sie keine Nachkommen versorgen", erklärt der Experte. Dazu gehören die Glockenblumen-Scherenbiene und die Glockenblumen-Schmalbiene. Glockenblumen gibt es genug, von der nesselblättrigen bis zur pfirsichblättrigen.
Die Holzbiene wiederum liebt Schmetterlingsblütler wie Zaunwicken und Platterbsen. Sie ist sogar imstande, enge Blütenröhren aufzubeißen, um an Nektar und Pollen zu gelangen. Hummeln, ebenfalls Wildbienen, die Kulturpflanzen sogar effizienter bestäuben als Honigbienen, bevorzugen Lippenblütler wie Salbei und Lavendel, auch kriechen sie gern in Rote Fingerhüte, die im Sommer im Halbschatten blühen. Aber Hummelköniginnen sind schon früh im Jahr unterwegs. Sie brauchen Schneeglöckchen, Krokus, Winterlinge, Traubenhyazinthen.
Jeder Schmetterling und jeder Käfer hat seine Vorlieben
Heimische Pflanzen sind das A und O des Insektenschutzes. An sie haben sich auch nichtspezialisierte Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge angepasst. Der Aurora-Falter liebt Wiesenschaumkraut und Knoblauchrauke, mit der früher gewürzt wurde. Admiral und Tagpfauenauge schlürfen Nektar am Sommerflieder. Der goldgrün schimmernde Rosenkäfer ernährt sich gern vom lieblichen Mädesüß, einem heilsamen Rosengewächs, nach dessen altem lateinischen Namen "Spiraea ulmariadem" das Aspirin benannt ist. Und Nachtfalter mögen das hoch rankende Geißblatt, das "Jelängerjelieber".
Schwebfliegen tarnen sich farblich als Wespen ohne Taille, sind aber an ihren großen Facettenaugen von den Fleischfressern zu unterscheiden. "Korb- und Doldenblütler stehen bei ihnen hoch im Kurs", erklärt Elke Schwarzer in ihrem Buch "Meise mag Melisse." "Allen Schwebfliegen ist gemeinsam, dass sie offene Blüten mögen, die ihren tupfenden Mundwerkzeugen entgegenkommen."
Wo aber bleibt Biene Maja? Den Honigbienen geht es im Vergleich zu den Wildbienen nicht so schlecht, denn sie werden als Nutztiere gehegt und gepflegt. Sie bevorzugen im Frühling Schneeheide und im Sommer Rosen –– aber ungefüllte, die gefüllten sind für sie unzugänglich. Im Herbst besuchen sie Astern statt gefüllter Dahlien, aber auch den berüchtigten Weißklee, den Gartenbesitzer so gern aus dem Rasen tilgen.
Heimische Blühpflanzen, geeignete Nisthilfen oder eine Trinkstelle locken Insekten auch auf den Balkon. "Wichtig ist, dass man auf Pestizide verzichtet", erklärt Julian Heiermann, Insektenexperte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu).
Er plädiert außerdem für sandige Flächen im Garten. Sie können etwa dem "Ameisenlöwen", der Larve der seltenen Ameisenjungfern, als Fangtrichter dienen und auch anderen Bodengräbern helfen. "Nicht jeder Garten muss gleich verwildern, um für den Artenschutz dienlich zu sein", beschwichtigt Heiermann. "Viele Naturelemente wie Trockenmauern lassen sich mit klassischen Elementen wie trittfestem Spielrasen kombinieren." Davon haben alle etwas: "Ein artenreicher Naturgarten ist eine Erlebnis- und Entdeckungswelt für uns Menschen."