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Unsere Freude wird stärker sein als unsere Furcht

Ein Osterfest mit Trosthunger. Leblose Orte werden mit Leben und Sinn gefüllt

Grafik: Uwe Baumann

Von Christina-Maria Bammel

Unsere Freude wird stärker sein als ­unsere Furcht. Воскресіння heißt Auferstehung. Auf Ukrainisch. Das Fest der Auferstehung findet am 24. April auch in den orthodoxen Kirchen statt: Wir feiern das dritte stillere Osterfest in diesen Zweitausendzwanzigern: mit Trosthunger. Ostertage mit dunklen Schatten auf so vielen Herzen, weil die Bilder der Kriegstoten, der Festsitzenden und die erschöpften Gesichter der Entkommenen nicht zu übersehen sind. Wir haben viel zu lange viel zu viel übersehen. Vielen bleibt für tiefere Betrachtungen kaum Zeit, weil sie zu tun haben: Medikamente organisieren, Reiseroute prüfen, Schulplätze finden, Wohnungen einrichten. ­Mitten in so viel Untröstlichkeit. Was für ein Osterpaket 2022! 

Es birgt aber auch die erste Nachricht des Tages – wie ein Ausruf „Land in Sicht“. Ein Wunder, das die zerrissenen Zeiten unverdrossen anleuchtet und nicht mehr aus der Welt geht: Morgenlicht, Aufstehlicht! Erste Nachricht des Tages: Das Leben hat gewonnen. Перемога. Gott steht auf. Eine neue Schöpfung scheint auf, kraftvoll genug, dass kein Stein groß genug ist, ihr im Weg zu liegen. Es wird überliefert, dass es für die Ersten am Grab zum Fürchten und Davonlaufen war. Zunächst. Die Hoffnung kommt auf die Beine. Es kann sein, dass aus öden Grabstätten friedliche, blühende Gärten werden. Es leuchtet durch die Evangelien, wie sich Todesplätze zu Lebensorten wandeln. Es ist ­unsere Aufgabe, das zu teilen: Die Freude der ersten Zeuginnen und Zeugen wurde schließlich größer als ihre Furcht. 

Worauf noch hoffen?


Jetzt haben wir vor Augen, dass in Charkiw, Odessa, Mariupol Gärten zu Grabesorten werden. Jetzt haben wir das Erschrecken und Fliehen vor ­Augen. Die braun-schlammigen ­Far-ben der von Kratern und Bombenschäden entstellten Orte. Kaum noch etwas Heiles erkennbar. Frischer Sand auf einem kleinen Hügel, ­darauf ein winziges provisorisches Kreuz. Die Mutter musste ihren erschossenen Sohn im eigenen Garten am Haus begraben. Sie hält sich die Hände vors Gesicht. Nichts ist sinnloser. Russische Soldaten, kaum älter als der Sohn, zielten und trafen. 

Was sollen die Frauen und Kinder heute noch hoffen, schreit die verwaiste Mutter am Sandhügel in dem, was einmal ihr Garten war. Wie soll hier jemals wieder etwas wachsen und neu werden unter diesen ­Tränen, unter dieser steinschweren Hoffnungslosigkeit, wo Menschen nicht einmal in Särgen oder Leinentüchern, sondern in Plastiksäcken begraben werden? Nichts wird den Horror ungeschehen machen. Und wir kommen mit dem Herzen kaum nach. 

Diese Aufstehzeichen zählen


Ich muss auch an einen Text des ­Lyrikers Joseph von ­Eichendorff denken. Was dem Glauben fast zu schwer ist, fasst eine Gedichtzeile: „Mit Erde sie ihn still bedecken, das Grün aus allen Gräbern bricht.“ Grün sind die Zeichen der Hoffnung, mehr als das sind die Lebenszeichen des Auferstandenen bis ins Hier und Jetzt sichtbar: Menschen, die sich den Todesbanden in den Weg stellen, über sich hinauswachsende Mütter, die nicht aufhören, ihre Kinder zu beruhigen. Eine Kraft der Mitmenschlichkeit in Moldawien, der Slowakei, in Polen, hier. Diese Aufsteh- und Aufstandszeichen zählen. Es sind Augenblicke, in denen die menschengemachte Hölle mit dem Rücken zur Wand steht und doch ein menschenmöglicher Himmel aufscheint. Seine Strahlen erhellen auch unsere Städte und Dörfer. 

Ich denke an ein Haus: Licht fällt schräg und frühlingshaft ein. Frauen, die mit jeder Faser ihres Herzens mit ihrer Familie in der Ukraine verbunden sind, werden hier in diesem ausrangierten Gebäude aktiv und füllen einen Teil des Baugerippes mit ­Leben. Es entsteht ein Ermutigungs- und Hoffnungs-Café in der Mitte von Berlin, das ­Modellprojekt „Haus der Statistik“, initiiert von der Berliner Stadtmission. Was hier im frischen Licht durch alle Ritzen fällt und ­anfängt, ist vielleicht von der Größe eines Setzlings. 

Leblose Orte werden mit Leben und Sinn gefüllt werden. Für alle, die gerade inmitten von Tod und Gräbern knien oder jetzt in Russland merken, dass sie ein Leben in Lüge und Gewalt führen müssen, halten wir daran fest. Für sie alle lasst uns das Herz bereithalten, dass sie darin jederzeit Spuren jenes Himmels ­finden werden, den sie jetzt nicht ­sehen. Gott kommt aus dem Tod und holt aus dem Tod. 

Unsere Freude wird größer als unsere Furcht. Wo sie als Setzling beginnt, kann ein Garten werden. Wir singen es, legen es in Friedensgrüße, die wir teilen und uns damit gegen alten Hass und verfluchte Feindesbilder wehren. Nehmen wir die Freude unter die Füße, wenn wir losgehen und sagen: Христос воскрес – Christus ist auferstanden.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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