Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
RSSPrint

„Unsere Tür ist offen für alle“

Der Buchladen St. Nikolai ist eine Institution der Theologie in Berlin. Durch die Folgen der Corona-Pandemie ist er jedoch in der Existenz bedroht. Gründer Marc-Roderich Pfau spricht im Interview mit Tilman A. Fischer über die Geschichte und Zukunft seiner Buchhandlung

Buchladen St. Nikolai
Marc-Roderich Pfau inmitten seiner Schätze. Foto: Tilman A. Fischer

Herr Pfau, 1997 haben Sie den Buch­laden St. Nikolai im Berliner Nikolaiviertel gegründet. Was war damals ihre Motivation?

In den Jahren davor habe ich, ach… Theologie durchaus studiert, mit heißem Bemühn. Bei meiner Landes­kirche, der heutigen Nordkirche, gab es nach dem Examen eine zweijährige Wartezeit auf einen Vikariatsplatz. Ich entschied, die besondere Gelegenheit zu nutzen, die sich in Berlin nach dem Zusammenschluss mehrerer theolo­gischer Fakultäten ergeben hatte, und eröffnete in der Nähe des neuen Theologicums eine christliche Buchhandlung. Dabei konnte ich meine Liebe zu Büchern mit einer Tätigkeit verbinden, bei der theologische Bildung ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.

Ihr Geschäft liegt in Sichtweite zweier gegensätzlicher Gebäude: des DDR-Prestigebaus Fernsehturm sowie der Marienkirche. Was bedeutet es für die Bundeshauptstadt, dass es an diesem spannungsreichen Ort eine theologische Buchhandlung gibt?

Eine christliche Buchhandlung dürfte für jeden Ort dieser Welt eine wichtige Einrichtung sein. Sogar in der DDR ­galten christliche Buchhandlungen als Orte, an denen man Bücher finden konnte, die sonst im Angebot fehlten, und wurden auch von Atheisten gern besucht. Unsere Tür ist offen für alle, obwohl unser Angebot natürlich primär auf Christenmenschen zugeschnitten ist. Der andere Schwerpunkt unserer Buchhandlung liegt bei Berlin-Literatur. Wir besorgen aber natürlich mit Freude auch alle anderen Bücher.

Die Buchhandlung ist aktuell in ihrer Existenz bedroht. Wie ist es dazu gekommen?

Die Auswirkungen der Corona-Krise blieben leider nicht auf die Monate März und April beschränkt, obwohl es uns bald wieder erlaubt war zu öffnen. Während des ersten Lockdowns haben uns viele Kunden vor allem durch Online-Bestellungen über unsere Homepage am Leben erhalten – wofür ich an dieser Stelle nochmals allen Kunden herzlich danken möchte! Aber zwei unserer Standbeine sind seitdem weggebrochen. Zum einen verzichtet die Universität weitgehend auf Präsenzveranstaltungen, weshalb Studierende nicht mehr automatisch in die Nähe unserer Buchhandlung kommen. Zum anderen meiden Berliner und Touristen seit dem Beginn der Pandemie das Zentrum.

Stellt das Advents- und Weihnachtsgeschäft für Sie unter den aktuellen Bedingungen noch eine Hoffnung dar?

Das Weihnachtsgeschäft ist für den Buchhandel überlebenswichtig, da etwa ein Drittel des Jahresumsatzes rund um Weihnachten erzielt wird. Wenn es in diesem Jahr ausbleiben würde, wäre das katastrophal. Aber noch habe ich Hoffnung!

Ist die Schließung Ende des Jahres unabweisbar? Was müsste geschehen, um den Fortbestand des Buchladens St. Nikolai zu sichern?

Wenn die Corona-Krise Anfang 2021 überstanden wäre, gäbe es keinen Grund, an Schließung zu denken. Alles hängt entscheidend davon ab, ob Kunden auch während des zweiten Lockdowns den Weg zu uns finden oder ihre Bücherwünsche online über unser Geschäft abwickeln, indem sie sich die Bücher von uns zuschicken lassen.  

Was sagt das Schicksal Ihres Ladens über die Lage des Bucheinzelhandels an sich? Und welche ethischen Anfragen an die aktuelle Konsum­mentalität verbinden sich damit?

Tatsächlich ist die Lage im Buchhandel sehr unterschiedlich. Kleine Kiezbuchhandlungen erfahren momentan viel Zuspruch, da viele Menschen in der Urlaubszeit zu Hause geblieben sind und mehr Zeit zum Lesen haben. Auch Kinderbücher sind stark nachgefragt. Durch unsere Spezialisierung und Lage ist die Situation bei uns allerdings eine völlig andere.

Online-Buchhandel verstehe ich als eine echte Chance für uns, denn er bietet eine Alternative für alle, die ethische Bedenken umtreiben. Denn das Geschäftsmodell des bekannten Online-Riesen beruht auf prekärer Beschäftigung – im Lager und in der Zustellung – und in der konsequenten „Steuervermeidung“. Viele mögen diesen Moloch mit ihren Bestellungen deshalb nicht weiter mästen. Das ist aber auch gar nicht nötig, denn man kann bei uns – ohne zusätzliche Kosten – mit Online-Einkäufen sogar den stationären Handel und die Attraktivität der Innenstadt stärken. Das ist wichtig zu wissen, gerade wenn man jetzt coronabedingt den Weg in das Stadtzentrum meiden will. Probieren Sie es aus! 

Buchladen St. Nikolai,
Rathausstraße  17-19, Berlin-Mitte,
www.nikolaibuch.de

 

Artikelkommentar

Artikelkommentar
captcha
Bitte tragen Sie das Ergebnis der Rechenaufgabe in das Feld ein.
Hinweis: Die von Ihnen ausgefüllten Formulardaten werden lediglich für die Zwecke des Formulars genutzt. Eine andere Verwendung oder Weitergabe an Dritte erfolgt nicht.

Artikelkommentare

(3) Artikel Name Ihr Kommentar
1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

Hier gelangen Sie zur Übersicht über alle Kommentare.