Von Uli Schulte Döinghaus
Wenn am 3. Oktober die Maria-Magdalenen-Kirche in Eberswalde feierlich wieder in Betrieb genommen wird, wird sich mancher Blick der rund 250 Besucher in etwa 4 Meter in die Höhe richten. Dort zieht sich die Empore über den Kirchenraum bis fast zum Altar. Die Politur der kunstvoll gedrechselten und geschnitzten Balustraden, welche die Empore absichern, glänzt im Sonnenlicht, das durch das Kirchenfenster dringt.
Ruß klebt richtig hartnäckig
Die schmucken Balustraden mussten teilweise komplett nachgebaut werden, weil die Originale aus dem 17. Jahrhundert zerstört wurden. Auf einigen gotischen Spitzbögen darüber sind Fresken gut zu erkennen, andere sind eher schemenhaft auszumachen. Manche wurden unter einer weißen Deckschicht freigelegt, während die Wände und Einrichtungen im Kirchenraum mehr als eineinhalb Jahre lang von Ruß befreit wurden.
Am 2. Dezember 2019 war ein Kokeln ausgelöst worden. Vermutlich entzündete sich Holz durch die Hitzebildung von Leuchtstrahlern. Lodern und Flackern konnte verhindert werden, weil aufmerksame Nachbarn Alarm schlugen und Feuerwehrleute beherzt zu Werke gingen, „mit großer Sensibilität und Professionalität zugleich“, wie Hanns-Peter Giering lobt. Er ist Pfarrer der Stadtkirchengemeinde, deren Mittelpunkt die Maria-Magdalenen-Kirche ist.
Ruß ist eine ziemliche Herausforderung für Restauratoren, weil er sich nicht einfach über Putz und Kalk legt, sondern sich mit diesen Werkstoffen chemisch verbindet und hartnäckig verklebt. Bis heute liegt im Kircheninneren ein feiner Geruch. Er wird noch jahrelang an die Schäden erinnern, die ein Schwelbrand verursachte.
Reinigung und teilweise Sanierung des Kircheninnenraums der historischen Maria-Magdalenen-Kirche brauchten eineinhalb Jahre Zeit, bis sie an diesem Sonntag wieder in Betrieb genommen wird. An den Orgelpfeifen, die ebenfalls unter dem Rußschleier litten, wird bis heute gearbeitet – mit Aussicht auf Erfolg.
Bilder von Restauratorinnen, die mit weichen Pinseln und warmen Föhngeräten zu Werke gingen, erinnern daran, dass es um kunsthistorische Schätze ging, die unter dem Turm der 690 Jahre alten Kirche versammelt sind. Sogar Reinigungsroboter wurden eingesetzt. Über all das hat die Kirchengemeinde filmische Protokolle geführt – der Fortgang der restauratorischen und baulichen Maßnahmen ist bei YouTube zu sehen.
Pfeifenstiele und Geflügelknochen entdeckt
Vermutlich war das Gebäude immer auch mehr als ein Gebets- und Gottesdiensthaus – darauf weisen archäologische Funde hin, auf die man zufällig in alten Aufschüttungen unter der Empore stieß. Dort, wo einst eine Doppelkapelle stand, wurde ein mittelalterlicher Steinfußboden entdeckt. Während der Sanierungsarbeiten fand man hier Pfeifenstiele, Geflügelknochen, hochwertige Knöpfe und sogar eine Austernschale, vermutlich Hinterlassenschaften einer Ratsherrenloge, die hier noch im 19. Jahrhundert in Funktion war.
Gegen die aktuellen Brand- und Rußschäden ist die Maria-Magdalenen-Kirche versichert. Eine neue Beleuchtungsanlage und die überfällige Renovierung der Heizung, welche die Kirchengemeinde parallel in Angriff genommen hat, werden zusätzliche sechsstellige Summen kosten – Pfarrer Giering freut sich über die Spendenbereitschaft der Kirchengemeinde. Aber auch über das Geld aus der Bürgerschaft, für die die Maria-Magdalenen-Kirche eines der bedeutenden Wahrzeichen ihrer Stadt ist.
Festgottesdienst
Der Festgottesdienst mit anschließender Dank- und Grußstunde inmitten des Erntedankmarktes am 3. Oktober, um 14 Uhr. Predigt: Bischof Christian Stäblein. Die Zahl der Gottesdienstteilnehmer ist pandemiebedingt begrenzt. Der Gottesdienst wird mit Bild und Ton in den Pfarrgarten (Kirchstraße 6) übertragen.