Von Hannes Langbein
Es lohnt sich immer Halt zu machen in der kleinen „Kirche am Weg“ in Dannenwalde auf halber Strecke zwischen Gransee und Fürstenberg. Die kleine achteckige Kirche liegt, wie ihr Name schon sagt, am Weg: an der B96 in Richtung Ostsee und am Radweg nach Kopenhagen, elegant in die Straßenbeuge geschmiegt. Eigentlich ist es andersherum: Denn die Kirche steht hier seit genau 200 Jahren, sodass sich die Straße um die Kirche herumgebogen haben muss – ein graziler Fels in der Brandung, ein „Gasthaus“, das sich seit Anfang der 1990er Jahre für Gegenwartskunst öffnet.
Wer die Kirche derzeit durch das Hauptportal betritt, wird unversehens von einem Blick gestreift: „Was machst Du denn hier?“, scheint der behauene Holzkopf gegenüber der Eingangstür zu fragen. Genauso möchte man auch zurückfragen, so unvermittelt keck schaut einem der hölzerne Geselle entgegen. Ein kurzer Rundumblick zeigt, dass noch mehr Gäste da sind: Ein schmaler Jünglingskopf reckt sich über die Seitenbrüstung. Vom Altar her lunzt ein Rotschopf, auf der Empore steht eine asiatische Frau.
Es sind Skulpturen des uckermärkischen Bildhauers Kuno Lomas, der für seine heiteren wie melancholischen Charakterköpfe bekannt ist. Beinahe wirkt es, als seien seine hölzernen Gestalten aus dem Holz der Kirche selbst geschnitzt – so vertraut und zugleich fremd schmiegen sie sich in die ganz und gar hölzerne Einrichtung des Raums. Sie werden gerahmt von Bildern des Malers Adrian Rovatkay, der die Kirche rundum mit Rätselbildern gespickt hat: Albrecht Dürers „Polyeder“, das Rätselobjekt schlechthin als Spiel mit geometrischen Formen, gibt den Märchengestalten von Kuno Lomas einen abstrakten Resonanzboden.
Die ehemalige Patronatskirche feiert in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag. Seit der politschen Wende hat vor allem die Kunst diesen Ort am Leben gehalten: ursprünglich Pfarrer Heinz Hoffmann, damals Leiter des Evangelischen Kunstdienstes, mit seinem Verein „Kultur und Kirche am Weg“, dann die Kunsthistorikerin Dorothea Körner und in den vergangenen Jahren die Künstlerin und Kuratorin Karla Woisnitza. Ab der nächsten Saison wird ein anderer die Geschicke dieses besonderen Ortes lenken. Es wird weiter lohnen, Halt zu machen.
Ausstellung: „Vorboten“ von Kuno Lomas und Adrian Rovatkay – bis 12. Juli in der Kirche am Weg in Dannenwalde.
Pfarrer Hannes Langbein ist Direktor der Stiftung St. Matthäus.