Jedem Gottesdienst ist ein Abschnitt aus dem Alten Testament zugeordnet. Im Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ fragen Autorinnen und Autoren im „angesagt“ danach, welche Schätze in der hebräischen Bibel, dem Tanach, zu heben sind.
Maike Schöfer zum Wochenpsalm
Nun beginnt der Advent. Die freudige Zeit des Wartens auf Weihnachten. Alle Adventslieder singen davon. Normalerweise liest man im Advent oft Predigten und Gedanken dazu, dass der Advent viel zu trubelig ist und wir uns mehr Zeit für das Warten und Besinnlichkeit nehmen sollten. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Wenn ich jetzt die Frage stelle: Ja, auf wen warten wir eigentlich?, schießt mir gleich die Antwort in den Sinn: In diesem Jahr darf doch eh keiner kommen. Besuche sind abgesagt. Genauso wie Weihnachtsmärkte, Adventsfeiern und Nikolauslaufen. Aber: Weihnachten ist nicht abgesagt. Weihnachten wird trotzdem kommen. Und ER auch. Daran erinnert der Sacharja-Text. „Freue dich sehr, jauchze!“ Wir dürfen uns freuen. Auch in der Krise.
Allerdings: wir Christ*innen lesen den Text aus der österlichen Brille. Der Text richtet sich aber primär an Israel. Das müssen wir im Kopf behalten. Die Weite und das Verbindende liegen für mich im genannten Frieden und der Gerechtigkeit, einen Vers weiter. „Denn er wird Frieden gebieten den Völkern, und seine Herrschaft wird sein von einem Meer bis zum andern und vom Strom bis an die Enden der Erde.“
Mich fasziniert an der Textstelle vom Propheten Sacharja immer wieder die Ambivalenz. Der scheinbare Widerspruch. Ein armer König, der auf einem Esel geritten kommt. Welcher König, welcher Herrscher, kommt auf einem Esel, ohne großes Aufgebot, ohne Machtdemonstration angeritten? Für Christ*innen ist der Sacharja-Vers aus dem Ersten Testament eine Verheißung auf das Kommen Jesu. Jesus ist der Herrscher, der König, der Herrschaft und Macht umdreht. Der größte Friedensfürst kommt arm auf einem Esel. Und dadurch kommt er uns Menschen ganz nah. Jesus ist kein Herrscher, der aus der Ferne regiert – er kommt mitten zu den Menschen und bringt Frieden und Gerechtigkeit. Wir Christ*innen folgen Jesus nach, sind seine Friedensbringer.
Maike Schöfer ist Vikarin in der EKBO und bloggt als @ja.und.amen bei Instagram.