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Wenn die Touristen ausbleiben

Kirchliche Stiftungen, evangelische Tagungshäuser und Kultureinrichtungen – sie alle haben zurzeit (fast) keine Einnahmen. Viele Beschäftigte sind in Kurzarbeit

Wenn keine Tourist*innen kommen, wird es leer, auch in den Kassen von kirchlichen Einrichtungen, die auf Einnahmen von Besucher*innen angewiesen sind, wie etwa der Berliner Dom. Foto: Rolf Zöllner/epd

Von Uli Schulte Döinghaus

Im Jahr 2019 haben die Evangelischen in Deutschland rund 5,8 ­Milliarden Euro an Kirchensteuern überwiesen. Klar, dass es – coronabedingt – 2020 für die Kirchen erhebliche Einbußen geben wird: Experten in den Landeskirchen rechnen mit Einbußen zwischen 10 und 20 Prozent. Wie die Haushaltfachleute in den Kirchenparlamenten und -leitungen auf diesen Einnahmenrückgang ­reagieren wollen, darüber wird im Augenblick heftig beraten. 

Im Umfeld der evangelischen Kirchen gibt es aber auch Einrichtungen, die auf andere Einnahmen angewiesen sind als auf Kirchensteuern. Im Bereich der EKBO sind dies unter anderem Rüstzeitheime, Akademien und Tagungshäuser, Kulturstiftungen, herausragende Kirchen und Kulturstätten. Sie werden von Besucher*innen finanziert, die Eintritt für die Gotteshäuser bezahlen, dort Souvenirs kaufen, Spenden und Kollekten abgeben. Diese Einrichtungen wurden von der Corona-Pandemie wirtschaftlich besonders heftig ge­troffen.

Ein Beispiel ist der Berliner Dom, dessen Kosten zu 65 Prozent durch Eintrittspreise finanziert werden. Rund 20 Prozent kommen durch Veranstaltungen hinzu oder aus Verkäufen im Domshop. Die zahlenden Touristen aus Frankreich, China, Italien, Spanien und den Vereinigten Staaten blieben aber in den vergangenen Monaten aus, ihre Euros werden auch in den kommenden Monaten noch weitgehend fehlen. 

Die Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin, so der offizielle Titel, beschäftigt 47 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; die jährlichen Personalkosten betragen 2,8 Millionen Euro. Viele sind zurzeit zur Untätigkeit verdammt, etwa Kirchenführer oder Verkäuferinnen im Domshop. Das Domkirchenkollegium, eine Art Gemeindekirchenrat (GKR), bot schon bald seinen Beschäftigten Einzelgespräche über Vereinbarungen von Kurzarbeit an – das sind aktuell bis zu 87 Prozent des bisherigen Nettogehalts. "Wir waren wohl eine der ersten Kirchen, die diesen Schritt gemacht haben", sagt der zweite Stellvertretende Vorsitzende des Domkirchenkollegiums, der Jurist Ulrich Schulte am Hülse. Aber das Angebot war und ist umstritten.

Kurzarbeit ist bisher im EKBO-Tarif nicht geregelt

Denn das Thema „Kurzarbeit“ wurde bisher nicht tarifvertraglich für alle geregelt, die nach EKBO-Tarif bezahlt werden. Zurzeit wird es zwischen der Gewerkschaft Kirche und Diakonie und der Kirchenleitung  ausgehandelt. Christian Hannasky, Religionslehrer und Chef der Fachgewerkschaft Kirche und Diakonie, drängt auf eine rasche Übereinkunft für alle Mitarbeiter*innen im Bereich der EKBO: "Viele sind verunsichert, suchen bei uns arbeitsrechtlichen Rat – weil sie mit den Einzelvereinbarungen über Kurzarbeit Einkommensverluste hinnehmen müssen. Und weil sie befürchten, dass dies demnächst zu noch schlimmeren Maßnahmen führen könnte." Es herrsche Unsicherheit vor der Frage, wie es weiter geht, sagt Hannasky.

Noch dramatischer als beim Berliner Dom schildern Insider die wirtschaftliche Situation des "Domstifts Brandenburg", Träger des Doms St. Peter und Paul in Brandenburg an der Havel. Im und um den Dom herum finden in "normalen" Zeiten viele kirchliche Veranstaltungen und Seminare statt, die für Einnahmen und Überschüsse sorgen. Cord-Georg Hasselmann, Kurator des Domstifts: "Es gibt ein sehr beliebtes Restaurant, ein Traditionshotel, ­Ferienzimmer und eine Ferienwohnung. Die Einkünfte daraus sind in den vergangenen Monaten komplett ausgefallen." Erst allmählich und zögerlich kann das kirchliche Management mit frischem Geld rechnen. 

Zur Reduzierung der Personalkosten, so Hasselmann, seien alle Mitarbeitenden im Restaurant und in der Beherbergung auf Kurzarbeit Null gesetzt. Da das für viele der Mitarbeitenden bei niedrigen Löhnen und Wegfall des Trinkgelds zu existenziellen Problemen geführt habe, wurde das Kurzarbeitsgeld um 20 Punkte aufgestockt. Schon jetzt sei klar, dass das Jahr wirtschaftlich mit einem außerordentlich hohen Verlust enden wird, "der sich sehr nachteilig vor allem auf unsere gemeinnützigen Aufgaben auswirken wird", sagt Domkurator Hasselmann.

Beispielhaft zeigt das Kloster Stift zum Heiligengrabe in der nördlichen Prignitz, wie es aktuell um Tagungsstätten und Rüstzeitenhäuser bestellt ist – Nulleinnahmen waren acht Wochen lang die Regel. "Allmählich erreichen uns wieder Reservierungen und Tagungsanfragen", sagt Geschäftsführerin Sandra Niens. Peu à peu könnten die neun Beschäftigten, die zuletzt in Kurzarbeit waren, ihre Arbeit in Gastronomie und Hotellerie wieder aufnehmen. Heiligengrabe ist berühmt für seine zahlreichen spirituellen, kulturellen, theologischen und lebenspraktischen Seminarangebote. 

Auch im äußersten Süden der Landeskirche EKBO, in Görlitz, fielen die Touristen in den Einrichtungen der Evangelischen Kulturstiftung aus. Führungen durch Nikolaikirche, Nikolaifriedhof und das "Heilige Grab" könnten künftig kostensparend und mit Bundesmitteln durch Apps ersetzt werden, die übers Smartphone gebucht und eingesetzt werden, sagt die Geschäftsführerin der Kulturstiftung, Janet Conrad – ein unerwarteter Digitalisierungsschub durch Corona. 

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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