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„Wir sind Expert*innen für Lebenswenden“

Mit der Idee einer „Kasualagentur“ will die Nordkirche neue Wege beschreiten, um Menschen in ihrem Leben mit kirchlichen Ritualen begleiten. Auch in der bayerischen Landeskirche gibt es ähnliche Überlegungen. Wie sieht es in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz aus? Darüber sprach Friederike Höhn mit Pfarrer Clemens W. Bethge. Der bisherige theologische Referent der Pröpstin leitet ab 1. Juli das Referat „Kirchliches Leben“ im Konsistorium der EKBO und ist dort unter anderem für dieses Thema zuständig.

Kasualagentur Kirche
Foto: Uwe Baumann

Herr Bethge, was halten Sie von der Idee einer „Kasualagentur“, wie sie die Nordkirche nun vorgelegt hat?

Dahinter steht eine sehr zu begrüßende Absicht, nämlich unsere kirchlichen Angebote, in dem Fall besonders die Kasualien, so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen und Lebensgewohnheiten der Menschen heute entsprechen. Auch wir nehmen wahr, dass das oft nicht mehr gut zusammenpasst und Menschen bei nichtkirchlichen Anbietern, freien Redner*innen oder Ritualagenturen anfragen. Das betrifft schon das Drumherum, das Organisieren und Anbahnen von Kasualien. Da sind unsere Strukturen und Zuständigkeiten oft zu kompliziert und zu reglementiert. 

Jemand, der oder die bei Kirche anfragt, soll auch Hilfe bekommen und nicht fünf Telefonate führen und unverständliche Formulare ausfüllen müssen. Menschen sind ja auf der Suche und sie brauchen Unterstützung an wichtigen Stationen ihres Lebens wie der Hochzeit oder der Bestattung von Angehörigen. Aber viele fragen da bei Kirche gar nicht mehr an. Da braucht es neue Kommunikationswege und neue Ideen, damit Kirche überhaupt als eine mögliche Partnerin im Blick ist. Wir haben ja gute Angebote, von denen wir überzeugt sind. Für die Fragen von Lebensanfang, Lebensende und Lebenssinn sind wir Expert*innen. Aber Kirche darf nicht mehr warten, bis die Menschen zu ihr kommen, sie muss auf die Menschen zugehen und sich zeigen und leichter zugänglich sein.

Gibt es Überlegungen ähnlicher Art auch in der EKBO, um Menschen den Zugang zu Kasualien einfacher zu gestalten? 

Ich weiß von Überlegungen auf Kirchenkreisebene, da eine vereinfachte Struktur zu schaffen, damit Menschen, wenn sich die Frage für sie stellt, leichter die Kasualangebote der Kirche finden und auf sie aufmerksam werden. Es wird auch schon viel getan: So ist die EKBO seit Jahren auf Hochzeitsmessen präsent. Und es gibt eine Initiative, vermehrt Tauffeste anzubieten. Die Freiburger Studie vom vergangenen Jahr, die in einer Projektion die Mitgliederentwicklung der Kirche bis 2060 bundesweit untersucht hat, hat nämlich unter anderem Taufhindernisse als einen Grund für den Mitgliederrückgang herausgefunden. Die klassische Tauffeier beispielsweise schreckt viele Alleinerziehende eher ab. Dem können Tauffeste entgegenwirken. Auch, was die Umnutzung und Mehrfachnutzung von Kirchen als Hochzeitslocations angeht, ist es sicher gut, noch mehr Ideen zu entwickeln. Überlegungen gibt es also.

Emilia Handke fordert, die Kirche müsse eine Dienstleistungslogik entwickeln. Ist das der richtige Weg?

Am wichtigsten finde ich eine Haltungsänderung. Denn im Hintergrund steht oft die Frage, für wen die Kirche ihre Angebote überhaupt vorhält. Was, wenn zum Beispiel Menschen getraut werden wollen, die gar nicht Mitglied in der Kirche sind? Die sich also Lebensbegleitung erhoffen und von der Kirche noch etwas erwarten. Ihnen quasi die Tür vor der Nase zuzuschlagen oder auch nur sie so zu behandeln, dass sie sich zurückgesetzt fühlen, kann doch nicht die Antwort der Kirche sein. Diese Haltungsänderung zeigt sich auch in einem neuen Abendmahlsgesetz, auf das die Synode jetzt zugeht. Darin spiegelt sich eine neue Kultur nicht mehr einer Zulassungs-, sondern einer Einladungspraxis. Darum geht es auch bei den Kasualien: Alle Menschen sind willkommen, das muss in unserer Praxis noch deutlicher und besser kommuniziert werden. In den Kasualien geht es ja um das Durchschreiten einer Lebenswende und in dieser Situation um den Zuspruch des Segens. Vom Segen ist niemand ausgeschlossen und niemand muss sich den Segen verdienen. Umgekehrt macht das Geschenk dieses Segens sehr freigiebig.

Könnte es zu Konflikten mit den Gemeinden kommen? Denn Kasualien sind ja deren Tagesgeschäft.

Alle Überlegungen und Initiativen werden im engen Zusammenwirken entwickelt werden müssen, das ist klar. Die Kasualien sind und bleiben eine ganz wichtige Aufgabe in den Gemeinden und sind vielen Pfarrer*innen sehr wichtig. Ich selber habe gerade bei Bestattungen Kirche und mein pastorale Arbeit als sehr relevant erlebt. Die Frage ist dann eher: Wo können Pfarrer*-innen an anderer Stelle entlastet werden, um mehr Freiraum für die wichtige Aufgabe der Kasualien zu haben. Und eben die Frage: Wie können wir besser kommunizieren, ansprechbar, zugänglicher sein? Wir müssen mit unseren Kasualien noch mehr Antworten finden auf die Vielfalt, die Diversität und den Pluralismus in unserer Gesellschaft.

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1. Recht auf teilhabe von Christina -Maria Bammel, Wv. Wochenzeitung :die Kirche,Nr.16, vom 14,04.2024 Wolfgang Banse Worten müssen Taten folgen
Teilhabe hin, Teilhabe her, Inklusion, Rerhabilitation wird nicht gelebt , was Menschen mit einem Handicap in Deutschland, im weltlichen, wie auch im kirchlichen Bereich betzrifft. so auch was die Gliedkirche EKBO betrifft.Integration m und Inklusion sieht anders aus, was was im Alltag erleb, erfahrbar wird.Nicht nur der Staat, s ondern auch die Kirche, die Kirchen dind w eit n fern vom Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes. "Niemand darf auf Grund...benachteiligt werden!:Homosexualität, Lesbilität wird chauffiert, Handicap nicht. Hier wird der Gleichheitsgrundsatz verworfen. Ouo vadis EKBO, wes Menschen mit einem Handicap betrifft.
2. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
3. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.

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