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Zurückblicken, um nach vorne zu schauen

Unter dem Dach der Kirchengemeinde Grüneberg arbeiten Jugendliche die Geschichte des örtlichen Frauenlagers auf, das zum Konzentrationslager Ravensbrück gehörte.

Aktionskreis Grüneberg erinnert
Die Mitglieder des Aktionskreises präsentieren eine Luftbildaufnahme des Lagers und der Fabrik, die 1945 gemacht wurde. Von links nach rechts: Dennis Röper, Inga Röper, Pfarrerin Ruth-Barbara Schlenker, Julius Röper, Tony Sieg. Foto: Uli Schulte Döinghaus
KZ-Außenlager Grüneberg
Heute erinnern nur noch wenige Fragmente in Grüneberg an das ehemalige KZ-Außenlager. Gegen das Vergessen arbeitet die Aktion „Grüneberg erinnert“, die am historischen Ort eine Informationstafel zusammengestellt und angebracht haben. Foto: Uli Schulte Döinghaus

Von Uli Schulte Döinghaus

Im sogenannten Außenlager Grüneberg mussten zwischen 1943 und 1945 bis zu 1800 Frauen aus dem nahegelegenen Konzentrationslager Ravensbrück Sklavenarbeit in der Munitionsfabrik verrichten. Wer zu schwach zum Arbeiten war, wurde zurück nach Ravensbrück transportiert und kam dort ums Leben. Auch in Grünberg waren Prügelexzesse oder Übergriffe bis hin zur Ermordung an der Tagesordnung. 

Die versklavten Frauen kamen zumeist aus Osteuropa. Unweit der Grüneberger Munitionsfabrik waren sie in einem Barackenlager zusammen­gepfercht, auf dessen Fundamenten heute vereinzelt Einfamilienhäuser stehen. Eine Tafel zwischen zwei originalen Betonpfosten ist zur Erinnerung an Sklaverei und Zwangsarbeit angebracht, auf der unter anderem Inhaftierte von damals zu Wort kommen. 

Erarbeitet wurde die Tafel durch die Aktion „Grüneberg erinnert“. Im „Arbeitskreis zur Erarbeitung des ehemaligen Ravensbrücker KZ-Außenlagers“ engagieren sich vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Sie arbeiten freiwillig und ehrenamtlich die jüngere Geschichte ihres Heimatortes auf. Dazu interviewten sie Zeitzeuginnen in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana, sprachen mit alteingesessenen Grünebergerinnen und Grünebergern über deren Erinnerungen, machten Ton- und Videoaufnahmen. Sie forschten in Archiven und sahen Häftlingslisten ein. „Das Ergebnis ist auf einer Festplatte digital dokumentiert und noch nicht ganz vollständig“, sagt Julius Röper, einer der jugendlichen Heimatchronisten. Es soll demnächst dem Archiv des Konzentrationslagers Ravensbrück zur Verfügung gestellt werden und weiteren Forschungs- und Dokumentationsarbeiten zugutekommen. 

Regelmäßig kommen die Jugendlichen in den Räumen der evangelischen Kirchengemeinde zusammen, die ihnen eine Art organisatorisches Dach bietet. Den „harten Kern“ des Arbeitskreises bilden zurzeit Anne Pohlandt, Julius und Dennis Röper sowie Tony Sieg, alle zwischen 16 und 23 Jahren alt. Unterstützt werden sie dabei durch Ruth-Barbara Schlenker, Pfarrerin der Kirchen­gemeinde Grüneberg. Sie weist auf einen sehr praktischen Umstand der Verbindung hin: „Die evangelische Kirchengemeinde ist die Finanzadresse der Aktion. Sie hat bei uns ihre Kontoverbindung, hier werden Spenden und öffentliche Zuwendungen für die Arbeit der Jugendlichen verwaltet.“ Auch ehrenamtliche Erinnerungsarbeit kostet Geld. 

Recherche, öffentliche Vortragstätigkeit, Internetpräsenz und die praktische Arbeit an der Gedenkstätte haben die Schülerinnen, Schüler und Studierenden aus Grüneberg vor drei Jahren übernommen, um auch im Ort die Erinnerung wachzuhalten. „Erinnerungsarbeit ist ein zutiefst christliches, biblisches Handeln“, sagt die Pfarrerin. „Wir erinnern an die Vergangenheit, um in der Gegenwart zu leben.“ Sie sieht in der Freiwilligenarbeit der Jugend­lichen ein beachtliches Engagement für Kirchengemeinde und Heima­t­bewusstsein im Ort. 

Längst ist das Wirken des Arbeitskreises auch über Grüneberg hinaus anerkannt. Nach den Reisen nach Slowenien wurde er mehrfach ausgezeichnet und von Fachleuten gelobt. Als „ganz besondere Auszeichnung“ empfindet Tony Sieg, dass am 19. April Grüneberger Jugendliche in Ravensbrück das interreligiöse Gedenken gestalten werden, zum 75. Jahrestag der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers.

Kontoverbindung:
Ev. Kirchenkreisverband Eberswalde
IBAN: DE86160500003751002684
Kennwort: KZ-Außenlager Grüneberg

Informationsveranstaltung zur „Aktion Grüneberg erinnert“ am Montag, 27. Januar, 18 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus, Grüneberg.

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1. Offen sein - für alle Menschen Gert Flessing Ja, eine Kirche, die auch für die Menschen weit offen ist. Ich glaube, dass wir das brachen. Die Idee der Forster Pfarrer ist gut. Natürlich gehört dazu, das man selbst auch bereit sein, sich für alle zu öffnen. Das Gespräch mit dem frustrierten Menschen, der AfD wählt, zeigt, wie nötig es ist - auch wenn man jemanden nicht überzeugen kann.
Die Flüchtlingspolitik polarisiert natürlich und - die Ängste der Menschen sind da. Dass sie gerade in der Nähe der polnischen Grenze besonders hoch sind, verstehe ich. Grenzregionen sind immer sensibel. Aber so wenig, wie wir die Migranten verteufeln dürfen, sollten wir sie zu sehr positiv betrachten. Sie sind Menschen und Menschen sind nicht per se gut. Jeder von uns weiß ja, das jemand, der neu in den Ort kommt, egal woher er ist, skeptisch betrachtet wird.
Schon von daher ist das offene Gespräch, das niemanden außen vor lässt, wichtig.
Ich habe es, zu meiner Zeit im Amt, immer wieder geführt. Auch in der Kneipe, wenn es sich anbot. Aber auch wir haben, als eine Flüchtlingsunterkunft in unserem Ort eröffnet wurde, die Kirche für eine große Bürgersprechstunde geöffnet, die sich, in jeder Hinsicht, bezahlt gemacht hat.
Bei alle dem dürfen wir nie vergessen, das wir Kirche sind und nicht Partei. Dann werden wir auch das für diese Arbeit notwendige Vertrauen bei allen Seiten finden.
2. Kontroverse über Potsdams Garnisionskirche hält an Wolfgang Banse Kein Platz für alle
Nicht jede, nicht jeder kam die Ehre zu Teil am Festgottesdienst am Ostermontag 2024 teil zu nehmen , mit zu feiern.Standesgesellschaft und Standesdünkel wurde hier, sonst auch was in kirchlichen Reihen praktiziert wird.Ausgrenzung, Stigmatisierung,Diskriminierung.Gotteshäuser sind für alle da. Hier sollte es keine Einladungskarten geben, gleich um welche Veranstaltung es sich handelt. Verärgerung trat auf bei Menschen, die keinen Zugang zur Nagelkreuzkapelle hatten.Aber nicht nur verärgerte Menschen gab es an diesem Ostermontag vor der Nagelkreuzkapelle, sondern auch Demonstration , von anders Denkenden, die eine Inbetriebnahme der Nagelkreuzkapelle befürworten.Ein großes Polizeigebot war zu gegen, um die Geladenen zu schützen.Was hat der Einsatz des Sicherheitskräfte, der Polizei dem Steuerzahler gekostet.Ein Gotteshaus wie die Nagelkreuzkapelle in Potsdam soll ein Ort des Gebetes, der Stille, Andacht sein.Garnison hört sich militärisch an-dies sollte es aber nicht sein.Die Stadtgesellschaft in Potsdam ist gespalten, nicht nur was die Nagelkreuzkapelle betrifft.Möge das Gotteshaus ein Ort des Segens sein.Offen und willkommen für Klein und Groß, Jung und Alt.
3. Frieden? Gert Flessing Das Wort Frieden ist ziemlich abgenutzt. Nicht erst heute ist das so. Als ein gewisser britischer Premierminister einst in London davon sprach, den "Frieden für unsere Zeit gesichert zu haben", war das den Atem nicht wert, den er verschwendet hat.
Ist es heute besser? Ich hörte irgendwann mal was von einer "europäischen Friedensordnung". Selbst das war eine Illusion.
Und unter uns, im eigenen Land? Man mag in keine Diskussion eintreten, weil viel zu oft die Emotionen über die Vernunft siegen. In unserer Kirche ist es leider nicht sehr viel anders.
Sind wir nur noch Kirche für jene Menschen, die eine "richtige Gesinnung" haben? Wobei ich mehr und mehr daran zweifle, dass es jene Gesinnung sein soll, von der Paulus im Philipperbrief schrieb.
Wie soll da Frieden entstehen?
Aber wenn wir selbst nicht, in unserer Mitte, unter dem Kreuz und in der Hoffnung des leeren Grabes lebend, miteinander in Frieden sein können, wie wollen wir dann der "Welt" dazu helfen?
Viel zu oft, auch da, wo sich Kirche und Politik kreuzen, sehen wir den Splitter im Auge des anderen. Das sollte nicht sein. sonst können wir uns alles, was wir so von Frieden und Mitmenschlichkeit erzählen, sparen.

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