die-kirche.de: Newsmeldungen https://die-kirche.de/ RSS Feed von die-kirche.de de die-kirche.de Tue, 19 Mar 2024 06:51:33 +0100 Tue, 19 Mar 2024 06:51:33 +0100 TYPO3 EXT:news news-24693 Wed, 13 Mar 2024 16:03:46 +0100 Missionare brachten das Kreuz und nahmen Kunst mit https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/missionare-brachten-das-kreuz-und-nahmen-kunst-mit.html Berliner Missionswerk fördert den kritischen Blick auf seine Geschichte

Am 29. Februar 1824, vor 200 Jahren, wurde die Berliner Mission ­gegründet. Aus diesem Anlass hielt die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy am 29. Februar bei einer ­öffentlichen Veranstaltung im ­Evangelischen Zentrum einen Vortrag zum Thema „Trophäen des ­Glaubens". Auch Berliner zogen im 19. Jahrhundert in weite Teile der Welt. Was heißt das für die heutige Erinnerungskultur der Berliner Mission und darüber hinaus?

Von Gerd Herzog

„Man wird größer, wenn man schwierige Themen anpackt“, eröffnete Bénédicte Savoy ihren inspirierenden Vortrag („Thropäen des Glaubens“) anlässlich des 200. Jubiläums der Berliner Mission. Savoy gilt seit langem als kritische Stimme im Gespräch über die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Vor einigen Jahren hatte ihr Expertenbericht zur kolonialen Raubkunst in Frankreich für Aufsehen gesorgt. Jubiläen neigen dazu, Momente der unkritischen Selbstfeier zu sein, „umso bemerkenswerter finde ich es, zu diesem Anlass ­sprechen zu dürfen“. Den Abend eröffnet hatte Missionswerk-Direktor Christof Theilemann mit einer ­kurzen Andacht.

Hundert Gäste waren der Ein­ladung ins Evangelische Zentrum gefolgt, um Savoys Ausführungen zu lauschen und den Gründungstag der Berliner Mission zu begehen. Am 29. Februar 1824, auf den Tag genau vor 200 Jahren, kamen einige wenige Männer in einer Wohnung am Berliner Holzmarkt zusammen, um die Berliner Mission ins Leben zu rufen. Sie folgten dem Zeitgeist, der auf ein weltweites Verbreiten des Evangeliums drängte. Und das lange bevor das Deutsche Kaiserreich selbst Kolonialmacht wurde und der Siegeszug des Imperialismus im späten 19. Jahrhundert die Missionare vor gänzlich neue Herausforderungen stellte.

Mehrheit afrikanischer Kulturschätze in Europa


Bénédicte Savoy hat sich über Jahre als eine maßgebliche Stimme in den Debatten um die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit, die Rückführung kulturellen Erbes Afrikas und die Restitution etabliert. Ein bedrückender Fakt sei, so Savoy, dass der überwiegende Teil der Kulturschätze der 56 afrikanischen Staaten in europäischen Museen beherbergt werde, „und dabei spielten auch Missionare eine ­Rolle“. Durch ihre Nähe zu den Menschen erwiesen sie sich oft als die aufmerksameren Ethnografen, Historiker und Wissenschaftler. „Sie brachten, gemäß ihrem Selbstverständnis, das Licht und das Kreuz nach Afrika und nahmen Objekte mit“, erläuterte Savoy. Die Objekte, die von den Missionaren in ihre Heimatländer gesandt wurden, sollten ursprünglich den Erfolg ­ihrer Arbeit unter Beweis stellen. Während die Motivation anfangs vorrangig religiös-theologisch war, dienten die Objekte später auch der Spendensammlung. Schließlich wurden sie verkauft, als auf dem Kunstmarkt hohe Preise für „exotische“ Objekte erzielt wurden. Savoy zeichnete nach, wie sich die Motive verbanden und in welchem Umfang sakrale Gegenstände und Herrschaftsinsignien nach Europa gelangten: „Man hat den Menschen ihre kulturellen Grundlagen ent­zogen.“

„Radikale Transparenz“


Savoy gelang es, das Publikum in ihren Bann zu ziehen, was auch in der Diskussion ihres Vortrags deutlich wurde, zu der Theilemann die Gäste einlud. Auf die Frage, was sie sich von den heutigen Missions­werken wünsche, antwortete Savoy:  „Radikale Transparenz“, Transkriptionen von Handschriften und digitale Foto-Archive, kurz: „Erreichbarkeit sicherstellen“. Denn die kostbaren Archive der Missionswerke seien eine wichtige Ergänzung zu den politischen Archiven, betonte sie und forderte, diese für Menschen in den ehemaligen Kolonien zugänglich zu machen. Auch dem Hinweis, dass Christen in afrikanischen Partnerkirchen, den ehemaligen Missionskirchen, den Kampf gegen den ­Glauben an Magie und Hexerei unterstützen, wich sie nicht aus. „Das ist das Gespräch der Menschen vor Ort; dafür fehlt häufig der Raum. Die Kirche könnte solche Räume schaffen!“ Es gebe viele verschiedene Meinungen, sowohl hier im Raum als auch in den afrikanischen Staaten: „Es gibt viel zu diskutieren!“

Zur Person

Bénédicte Savoy ist Professorin für Kunstgeschichte der Moderne an der Technischen Universität Berlin, zuvor war sie Professorin für die Kulturgeschichte des europäischen Kunsterbes des 18. bis 20. Jahrhunderts am Pariser Collège de France. Als Expertin für „Translokationen“ von Kunstwerken erarbeitete sie 2018 einen Bericht über die Restitution afrikanischer Kulturgüter für den französischen Staats-präsidenten Emmanuel Macron. 

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news-24676 Wed, 13 Mar 2024 12:39:01 +0100 Die Kirche weiter umbauen https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/die-kirche-weiter-umbauen.html Wegen Mitgliederverlusten muss sich die EKBO fragen, welche Stellen sie sich noch leisten kann

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) will die Folgen anhaltender Mitgliederverluste durch modernere Strukturen abmildern. Im Mittelpunkt müssten dabei Digitalisierung, Spezialisierung und Zentralisierung stehen, sagte ­Konsistorialpräsidentin Viola Vogel im Gespräch mit Yvonne Jennerjahn vom Evangelischen Pressedienst (epd). 

Die Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche sinken seit Jahren, ein weiterer Rückgang wird erwartet. Welche Folgen hat das für die Landeskirche?

Viola Vogel: Wir haben pro Jahr etwa zwei bis drei Prozent Mitgliederverluste, in den vergangenen zehn Jahren von rund 1,04 Millionen Gemeindegliedern auf rund 834000 am Jahresende 2022. Wir müssen deshalb die Kirche weiter umbauen. Wir haben zwar noch keine Einbrüche auf finanzieller Seite, die uns in Panik versetzen. Aber wir sind ja gehalten, mit unseren kirchlichen Geldern nachhaltig, effizient und vor allem vorausschauend umzugehen. Es wird ­deshalb in den kommenden zehn, zwanzig Jahren eine dauerhafte Aufgabe kirchenverwaltender Leitung bleiben, die Strukturen zu überdenken und immer hinter jeder Stelle zu fragen, ob wir uns die noch leisten können und ob wir sie wirklich brauchen. Wir müssen uns da immer fragen, ob damit unser Kernauftrag der evangelischen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung erfüllt wird. Das ist nicht schön, weil niemand gerne rückbaut, aber das ist so. Vorausschauendes Verwaltungshandeln dient dazu, Kirche auch in der ­Zukunft zu ermöglichen. Und das hat wieder was Optimistisches, was uns als Christen ja kennzeichnet.

Wie sollen die Folgen des Mitgliederrückgangs bewältigt werden?

Im Mittelpunkt dieser gesamten Strukturveränderung müssen Digitalisierung, Spezialisierung und Zentralisierung stehen. Die elektronische Akte, die wir einführen ­wollen, ist ein Projekt, die digitale Eingangsrechnung in den kirch­lichen Verwaltungsämtern ein ­anderes. Ein weiteres sinnvolles Projekt, was wir in den letzten Jahren umgesetzt haben und weiter optimieren, ist ein funktionierendes landeskirchliches Intra- und ­Internet. Außerdem sollten Kleinstanstellungsverhältnisse, die es auch gibt, zukünftig so spezialisiert ­werden, dass da ganze attraktive Stellen draus werden. Auf deren Expertise können dann auch andere Funktionseinheiten in der Landeskirche zurückgreifen. Sinnvoll ist, dass nicht jede Kirchengemeinde und jeder Kirchenkreis alles macht, sondern dass gut ausgebildete Leute Fachwissen für die gesamte Landeskirche anbieten. Ein Erfahrungswert ist dabei, dass Digitalisierung erst einmal auch Personalaufwuchs bedeutet, bevor man dann irgendwann etwas spart und auch wieder Personal abbauen kann. Zuerst müssen verschiedene Prozesse ­landeskirchenweit vereinheitlicht werden. Und dazu braucht man Menschen, die gerne und gut im Dienst der Kirche arbeiten.

In welchen Bereichen steht die Landeskirche vor besonders großen Herausforderungen?

Beim Gebäudebestand wird es in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein enormes Umwälzungspotenzial geben, weil aufgrund der demografischen Entwicklung viele Kirchen einer diverseren Nutzung zugeführt werden müssen. Gleichzeitig sind wir auch aus denkmalschützerischen und kulturhistorischen Gründen gehalten, Bauwerke und auch Friedhöfe zu erhalten, zu finanzieren und die Baulasten aus unserem Budget zu tragen. Wir wollen das als protestantisch-christ­liche Gemeinschaft auch selbst. Aber viele kirchenhistorische Bauten und Gräber auf Friedhöfen sind auch für die gesamte Bevölkerung sehr bedeutsam, nicht nur für die Kirchenmitglieder. Da wünsche ich mir von den staatlichen Stellen ein noch größeres Bewusstsein, dass das immer stärker eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe wird.

Unser evangelischer Anspruch ist, dass unsere kirchlichen Gebäude auch Nichtchristen zur Verfügung stehen sollen, sodass wir in die Gesellschaft hineinwirken, nicht nur in unseren eigenen Bereich. Und da sind wir natürlich dankbar für ­Kooperationspartner auch im säkularen Raum.

Ein anderes Feld, das die Landeskirche sehr beschäftigt, ist die Reduzierung der Zahl der rund 1100 Kirchengemeinden. Es ist sinnvoll, da größere Einheiten zu schaffen, zum Beispiel durch Fusionen und Kooperationen der Kirchenkreise und Kirchen­gemeinden untereinander, sofern die Beteiligten aufeinander zugehen wollen, damit die Aufgaben besser bewältigt werden können. Konsistorium, Kirchenleitung und Synode haben hier die rechtlichen Grundlagen bereits ­geschaffen, und das wird gut ­angenommen.

Wo kann aus Ihrer Sicht gespart werden?

Das muss immer im Einzelfall ­geprüft werden. Wenn gar nichts anderes möglich ist, werden wir auch kirchliche Gebäude verkaufen müssen. Grundsätzlich muss der Maßstab sein, dass unser Auftrag der Wortverkündigung und der ­Sakramentsverwaltung sicherzustellen ist, im Auftrag Jesu Christi. Das ist sozusagen die rote Linie. Was das dann konkret heißt an Projekten und kirchlichen Aufgaben, beschäftigt uns bereits jetzt ständig und unterliegt einer stetigen Dynamik. Jeder Mensch wird ihnen ­natürlich immer sagen, dass sein Aufgabenbereich unverzichtbar ist. Das ist in der Kirche so, das ist in der säkularen Welt ähnlich, wenn es um Sparzwänge geht. Wenn es erforderlich ist, muss man eine ehrliche Aufgabenkritik mit allem machen, was wir tun, und fragen, wem dient es. Das wird aber eine gesamtkirchliche Aufgabe sein, eventuell  notwendige harte finanzielle Einschnitte auch gemeinsam mit allen kirchenleitenden Organen zu entscheiden und zu tragen. Wir sind aus konsistorialer Sicht auf jeden Fall aufgerufen, theologisch und ­juristisch so vorzudenken, dass wir den anderen kirchenleitenden ­Organen konsistente und mehrheitsfähige Vorschläge machen, um handlungsfähig zu bleiben.

Wo könnte es neue Einnahmemöglichkeiten geben?

Das ist eine Frage von einem sehr wirtschaftlich ausgerichteten Blickwinkel aus. Deswegen erlauben Sie mir, vorab ganz grundsätzlich zu sagen: Es ist weder Sinn noch primärer Zweck kirchlichen Handelns, Geld zu erwirtschaften. Wir sind kein Wirtschaftsunternehmen, sondern eine protestantische, dem Evangelium verpflichtete und aus ihm lebende Religionsgemeinschaft in der weltlichen Form der Körperschaft des öffentlichen Rechts. Das Geld, das wir einnehmen, ist ­deshalb zunächst einmal auch nur Mittel zu diesem religiösen Zweck. Das Geld wird uns von unseren kirchlichen Mitgliedern anvertraut, um Menschen zu helfen und den Auftrag Jesu Christi in die Welt zu tragen. Gleichwohl sind wir natürlich gehalten, weil wir den Anspruch der öffentlichen religiösen Wortverkündigung haben, auch gewisse Geldmittel dafür zu generieren. Die Kirchensteuer ist einer unserer Hauptfinanzierungspfeiler, und da sind wir sehr dankbar dafür. Die Staatsleistungen sind ein anderer Pfeiler. Wir haben auch Vermögen und Geld, das wir anlegen, aber in einem eher konservativ-klassischen Sinne, um Resonanz- und Ermöglichungsstrukturen für Menschen zu schaffen. Das sind alles immaterielle Güter. Wenn Sie so wollen, dient das Geld dem christlichen Geist unserer Gemeinschaft, niemals andersherum.

Wird die Landeskirche angesichts der weiter sinkenden Mitgliederzahlen auch in Zukunft Bestand haben – oder könnte ein Zusammenschluss mit einer anderen oder mehreren anderen Landeskirchen auf die Tagesordnung kommen?

Ich bin überzeugt, dass die Struktur der evangelischen Landeskirchen auch in Zukunft Bestand haben wird. Gespräche mit anderen ­Landeskirchen kann man natürlich immer führen. Flexibilität und Veränderungswille gehören schließlich zu den Grundkonstanten evange­lischen Seins. Aber Überlegungen zu solchen Zusammenschlüssen stehen bei uns im Moment nicht an.

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news-24618 Thu, 07 Mar 2024 09:47:34 +0100 „Der Kontrast könnte nicht größer sein“ https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/der-kontrast-koennte-nicht-groesser-sein.html Der frühere Berliner Bischof Markus Dröge zum Umgang der evangelischen Kirche mit der AfD Der Protest gegen rassistische, antisemitische und minderheitsfeindliche Einstellungen wächst – ebenso wie das Bewusstsein, dass Demokratie und Menschenrechte geschützt werden müssen. Markus Dröge, Vorstandssprecher der in Berlin ansässigen Stiftung Zukunft, fordert im Interview mit Julia Pennigsdorf vom epd die Evangelischen Kirche dazu auf, sich aktiv gegen Rechtsextremismus zu wenden. Sie müsse einen „bedeutsamen und wirksamen Beitrag“ zur Stärkung der Demokratie zu leisten, sagte der einstige Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO).

Herr Dröge, was muss Kirche tun, um in diesen Zeiten Haltung zu zeigen?
Markus Dröge
: Sich klar, eindeutig, mutig positionieren. Das gilt für Kirchenleitende ebenso wie für die Basis. Ich begrüße in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz und die Ausführungen der EKD-Ratsvorsitzenden, Kirsten Fehrs, die unmissverständlich gesagt haben, dass völkisch-nationale Gesinnungen und menschenverachtende Haltungen mit den Grundsätzen des christlichen Glaubens unvereinbar und rechtsextreme Parteien wie die AfD nicht wählbar sind.

Wie würden Sie diese Haltung begründen?
Für Christen steht das Evangelium im Zentrum, die Tugenden „Glaube, Liebe, Hoffnung“. Es geht um Vertrauen, Solidarität, Gerechtigkeit, darum Schwächeren zu helfen, konstruktiv zu sein, im sachlichen, respektvollen Diskurs Lösungen zu finden.

Rechtspopulisten setzendagegen auf Misstrauen, Egoismus, Ausgrenzung. Sie appellieren an niedrigste Instinkte. Der Kontrast könnte größer nicht sein.

Welchen Beitrag kann die Kirche für einen toleranten, lösungsorientierten Umgang miteinander leisten?
Ich kann Kirchengemeinden nur ermutigen, Debatten zu kontroversen Themen anzubieten. Es sollte den Initiatoren dieser Dialogformate aber klar sein, dass diese Diskussionen gut durchdacht und vorbereitet sein müssen. Das gilt insbesondere für den Diskurs mit Rechtspopulisten. Kirche darf menschenverachtenden, diskriminierenden Positionen niemals ein Forum bieten. Hat sich jemand bereits entsprechend geäußert, so darf er nicht eingeladen werden. Eine stringente Gesprächsführung muss gewährleisten, dass konkret und sachlich debattiert wird. Ziel muss es sein, Widersprüche aufzudecken, populistische Aussagen und Fake News zu entlarven. Nehmen Sie etwa die Agrardiesel-Subventionen. In ihrem Programm schreibt die AfD, dass sie Subventionen generell ablehnt, das hindert sie aber nicht, öffentliche Gelder für die Landwirtschaft zu fordern. Oder die Rentenpolitik der AfD: Fachleute haben ausgerechnet, dass dann 40 Prozent der Menschen über ein Alter von 70 Jahren hinaus arbeiten müssten. Diese Gegensätze und Widersprüche müssen aufgedeckt werden.

Ich hoffe auch sehr, dass sich der Kirchentag im kommenden Jahr in Hannover den Themen Rechtsextremismus und wehrhafte Demokratie annimmt und die Frage stellt: „Wie positionieren sich die Christen?“

Es gibt immer wieder Vorwürfe von Menschen, die meinen, Kirche sei zu politisch geworden, es gehöre nicht zu ihrer Aufgabe, sich politisch einzumischen. Was entgegnen Sie?
Ich begründe es mit unserem Auftrag und unserem Bekenntnis – konkret mit der Barmer Theologischen Erklärung, jenem Bekenntnistext der bekennenden Kirche der 1930er Jahre, mit dem die bekenntnistreuen Christen sich im Jahr 1934 gegen die Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus und damit auch gegen die sogenannten „Deutschen Christen“ gewehrt haben.

In These fünf der Barmer Erklärung heißt es, es sei die Pflicht der Kirche „die Regierenden und Regierten“ an „Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit“ zu erinnern. Wenn eine Partei die Menschenwürde und die Werte des Grundgesetzes nicht achtet, sich anschickt, unsere Demokratie zu unterwandern, dann muss Kirche das anmahnen. Kirche soll keine Politik machen.

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news-24612 Wed, 06 Mar 2024 12:35:36 +0100 Ein Nachruf auf Pfarrer Dietrich Hallmann https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/ein-nachruf-auf-pfarrer-dietrich-hallmann.html Der frühere Cottbuser Superintendent starb am 27. Februar im Alter von 86 Jahren

Von Rolf Wischnath

„Sie dürfen sich nie mit Ihren ­Superintendenten duzen“, lautete der Ratschlag aus der konsistorialen Etage nach meiner Wahl zum Generalsuperintendenten (1995). Und dann begegnete ich Dietrich Hallmann in Cottbus: „Bruder Wischnath, wir sagen in unseren Reihen ‚Bruder‘ und bleiben beim ‚Du‘.“ Damit war die Frage nach ­Anredeform und Brüderlichkeit in Nähe und Distanz erledigt. 

Dietrich Hallmann war zunächst ein herausragender Theologe, dessen theologische Existenz in Sätzen Karl Barths wie Strahlen im Brennglas versammelt werden kann: 

„Wir sollen als Theologen von Gott ­reden. Wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott ­reden. Wir sollen Beides, unser ­Sollen und unser Nicht-Können wissen und eben damit Gott die Ehre geben. Das ist unsre Bedrängnis. Alles andere ist daneben Kinderspiel“ (1922). 

Bei Dietrich Hallmann konnten wir spüren, wie da einer charaktervoll diese Dialektik wahrnahm. Er konnte sie ins Verhältnis bringen – Demut und Freude: In Demut blieb er sich bewusst, dass wir Menschen Gott nicht herbeizwingen und ­seine Gaben nicht produzieren können. Und in Freude nahm er seinen Auftrag wahr, dennoch von „Gott in Christo“, so der Theologe Heinrich Vogel, zu reden und in der Kraft des Heiligen Geistes zu erfahren, dass Gott hält, was er verspricht. Man merkte Dietrichs Redeweise mit bayerische Dialekt an, dass ihm Gottes Wort nicht leicht von der Lippe ging, ­sondern auch eine glühende Kohle sein konnte, durch die man verletzt ins Stocken kommt.

Nun kann einem allerdings auch der Atem stocken, wenn man versucht, die Fülle der Stationen seiner Lebens- und Dienstzeit aufzuzählen. Durch das Internet ist es möglich, sofort eine fabelhafte Schilderung von Hallmanns Lebensweg zu lesen und ihn selber in einem Video noch einmal lebendig zu sehen und zu hören. Man gebe bei Google ein: Dietrich Hallmann Rathenow. (Da können einem allerdings auch die Tränen kommen.) Und der feine Nachruf seines Nachfolgers Superintendent Georg Thimme ist zu lesen, wenn man bei Google aufruft: Kirchenkreis Cottbus Hallmann. 

Vier Betonungen aus der Vita des Verstorbenen seien exem­plarisch erinnert:

1. Geboren 1938 und aufgewachsen in München. Dort begegnete ihm die russische Sprache als Wahl-fach. Dadurch konnte er später die Mundart der sowjetischen Besatzer in der DDR und der Christen in der Sowjetunion sprechen, denen er sich so verbunden wusste.

2. Theologie studierte Dietrich Hallmann in West-Berlin, wo er noch vor dem Mauerbau Dorothea Flügge kennen lernte. Die Liebe und die Situation der Kirche in der DDR brachten beide nach Brandenburg. 1964 läuteten die Glocken. Sechzig Jahre waren sie verheiratet – in Freud und auch im Leid. Eines ihrer Kinder starb. Und Dietrich und ­Dorothea nahmen eine einmalige Verbundenheit und Dienstgemeinschaft wahr – besonders in der Oberkirche zu Cottbus.

3. Nach der Verantwortung von Pfarrämtern in Rathenow und Hohennauen wurde Hallmann 1990 ins Superintendentenamt des Kirchenkreises Cottbus berufen. Im Kreis der Superintendenten des Sprengels hatte wohl keine Stimme oft so viel Gewicht wie Dietrich Hallmanns.

4. Er war seit 1989 in der SPD. Da wird man das Wort „charaktervoll“ auch bemühen müssen. Die Genossen hatten es nicht immer leicht mit ihm. Aber er hat ihnen genützt.

Über einen Gottesdienst aus Anlass der Goldenen Konfirmation in Rathenow (2018) schreibt einer, der ihn gut kannte: „Der 80-jährige Dietrich Hallmann hat wie in jungen Jahren das Amt des Pfarrers 

im Festgottesdienst gewissenhaft ­ausgeführt und hat eine glühende Predigt für die Freude bei den Menschen auch im Alter gehalten, die durch Jesus Christus im Bild eines Weinstocks zu den Menschen, die mit den Trauben am Weinstock verglichen werden, fließt. Wenn man diese Freude an Gott verloren hat“, so der geistreiche Prediger, „kann man sie auch wiederbekommen. Man muss bei Gott und der Gemeinde bleiben, dann strömt der Saft wieder.“

Rolf Wischnath war von 1995 bis 2004 Generalsuperintendent des früheren Sprengels Cottbus. 

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news-24572 Thu, 29 Feb 2024 10:05:09 +0100 Über den Tellerrand blicken https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/ueber-den-tellerrand-blicken.html Veronika Biele engagiert sich seit 35 Jahren ehrenamtlich bei der Organisation für den Weltgebetstag in ihrer Berliner Kirchengemeinde am Weinberg

Von Walter Plümpe

Berlin. Seit 35 Jahren organisiert Veronika Biele (70) ehrenamtlich den Weltgebetstag (WGT) in ihrer Gemeinde am Weinberg in Berlin-Mitte gemeinsam mit weiteren Gemeindegliedern. Sie setzt damit die Arbeit von Hildegard Eckerd fort, die seit 1960 in der Berliner Gemeinde den Weltgebetstag der Frauen  regelmäßig umgesetzt hat. 

In den Vorbeitungen steckt viel Arbeit


Die ehemalige Krankenschwester beschäftigt sich ab Neujahr mit den Themen und Ideen des ökumenischen Gottesdienstes, plant die beiden Informationstreffen, übt die Lieder. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Tochter Maria, Pfarrerin Christine Schlund und einem festen Vorbereitungsteam, das sie leitet.

„In diesem Jahr ist die politische Situation in Palästina und Israel eine besondere Herausforderung“, sagt sie. Um so wichtiger sei es, für die Frauen vor Ort zu beten. Dabei ist ihr ein informiertes Beten ein besonderes Anliegen. Länderinformationen, Bilder aus Israel und Palästina, Projektbeispiele gibt es dazu vom Deutschen Komitee des Weltgebetstags. Das Internet und eine aktuelle DVD erleichtern ihr die Arbeit.

Gelungenes Motto in herausfordernder Zeit


„Durch das Band des Friedens“ findet sie ein gelungenes Motto.  Die Verbundenheit mit mehr als 170 Ländern, die auf der Welt den Gebetstag feiern, fasziniert sie: „Das ist eine schöne Tradition seit über 100 Jahren.“ Sich für Probleme von Frauen einzusetzen, liegt ihr im Blut. „Ich habe immer schon gern über den Tellerrand geblickt und mit meinen Mitteln Not zu lindern versucht“, sagt sie. „Ich will mehr als einen Tropfen auf einem heißen Stein geben“, betont die rüstige 70-Jährige. Als weltoffene und neugierige Christin hat sie durch den Weltgebetstag schon viel gelernt. Gerne will sie ihre Begeisterung mit anderen teilen. Doch weiß sie auch von Angst vor Übergriffen, die einige Menschen lähmt und an einer Teilnahme hindert.

Auf ihren zwei Vorbereitungstreffen für die Gemeinde und Senioren – sie arbeitet auch in einer Senioren AG – ist Veronika Biele auf viele offene Ohren gestoßen. Wenn sie einmal pro Quartal alle Geburtstagskinder der Gemeinde zum Kaffeetrinken und Feiern trifft, kommt sie stets auf den anstehenden Weltgebetstag zu sprechen. Auch bei ihren Hausbesuchen zu Geburtstagen für die Koepjohannsche Stiftung wirbt sie gern für eine Teilnahme. Seit fast 50 Jahren lebt sie auf dem Gebiet der jetzigen Gemeinde am Weinberg, die 1991 aus einer Fusion vonsieben Gemeinden entstanden ist. Sie will weiter die Tradition der verstorbenen Initiatorin Hildegard Eckerd fortsetzen und damit ihr Andenken wahren. 

Ein ökumenisches Anliegen


Die Corona-Pandemie hat die Zahl der Teilnehmenden jedoch stark verringert. Trotzdem hofft Veronika Biele am 1. März wieder auf rund fünfzig Mitbetende in der Golgathakirche, die zur Gemeinde am Weinberg gehört. „Ich hoffe, dass der Weltgebetstag dazu beiträgt, das Band des Friedens weltweit stets neu zu knüpfen“, sagt Veronika Biele. Zusammen mit den umliegenden katholischen Gemeinden will sie ein Zeichen setzen und Worte der Ermutigung finden. Das Eingangslied mit dem Refrain „Durch das Band des Friedens sind wir vereint“ drückt für sie diese Hoffnung treffend aus.

Der ökumenische Gottesdienst zum Weltgebetstag findet am 1. März um 17 Uhr in der Golgathakirche in der Borsigstraße 6 in Berlin-Mitte statt.

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news-24569 Wed, 28 Feb 2024 15:41:58 +0100 Unter der Haut: Die Farbe des Granatapfels https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/unter-der-haut-die-farbe-des-granatapfels.html Hannes Langbein bertrachtet Gentile Bellinis „Granatapfelmadonna“

Von Hannes Langbein 

Berlin. Unter der Haut funkeln die Kerne. Wie Edelsteine funkeln die rotfarbigen Samenkörner des Granatapfels, prall gefüllt mit blut­rotem Saft, wenn man seine ledrige Haut und die weißen Zwischenhäute entfernt. 

Der Granatapfel, der seinen Namen (von Lateinisch „granum“ = Kern, Same) von seinen Kernen hat, ist eine vieldeutige Frucht: Im Hohelied Salomos im Alten Testament steht er für die Verlockungen der Schönheit und der Liebe: „Deine Schläfen sind hinter Deinen Haaren wie der Ritz am Granatapfel …“, ruft der Geliebte seiner Geliebten zu. Die Augen- und Sinneslust, die sich am Granatapfel entzünden kann, hat dazu geführt, in ihm auch die verbotene Frucht im Garten Eden zu erkennen. Im Christentum ist der geöffnete Granatapfel als Symbol der Wunde und des Schmerzes, zugleich aber auch als Symbol für Fruchtbarkeit und neues Leben gelesen worden. Die armenische Kirche hat in ihm ein Symbol der Kirche und ihrer vielen Glieder erkannt.

Hoffnungsbild der Liebenden


In Gentile Bellinis (1429–1507) Bild hält ihn das Christuskind beinahe wie ein königliches Herrschafts­zeichen auf der Höhe seines Herzens. Zugleich zeigt es uns das fleischige Innere der Frucht mit 

seinem rotfarbenen Saft und verweist – noch in der Hand des Kindes – auf die Passion des erwachsenen Gottessohnes: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut …“ – Sein Segensgestus gilt einem betenden Paar, vermutlich einem Stifterpaar, das um den Segen ihrer Ehe oder – noch wahrscheinlicher – als bereits verheiratetes Paar um den Segen eines Kindes bitten könnte. Die Sehnsucht nach Fruchtbarkeit und der Schmerz ausbleibender Fruchtbarkeit schwingt in der Verbindung der Symbole mit und macht das Bild zu einem Hoffnungsbild der Liebenden.

Die Spielarten der Liebe


„Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel.“ Das Hohelied Salomos mit seinem immer wiederkehrenden Motiv des Granatapfels ist ein Buch über die zwischenmenschliche Liebe. Zugleich ist es auch als Buch über die Liebe zwischen Maria und Christus, Christus und den Menschen gelesen worden. Gentile Bellinis Bild fasst die verschiedenen Spielarten der Liebe auf engstem Raum zusammen.

Wer genau hinschaut, kann nach Jahren der Bildalterung erkennen, dass der Goldgrund des Bildes mit roter Farbe grundiert ist. „Bolus“ heißt das geleimte, roterdige Pigment aus Armenien, das die Maler dafür benutzten, das Gold des Gottesglanzes auf ihren Bildern haften zu lassen. Unter der goldenen Haut des Bildes erscheint die Farbe des Granat­apfels. Man könnte sagen: Das Blut Christi und der Glanz Gottes bedingen einander. 

Pfarrer Hannes Langbein ist Direktor der Stiftung St. Matthäus und Kunstbeauftragter der EKBO. 

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Kultur
news-24561 Tue, 27 Feb 2024 15:33:13 +0100 Mehr Lust als Last https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/mehr-lust-als-last.html Die Kirchenleitung lernt viel Neues aus den Kirchenkreisen der EKBO

Von Kristóf Bálint

Nach langer Pause, bedingt vor allem durch die Corona-Pandemie, hatten wir zu unserer letzten Kirchenleitungssitzung zwei Superintendent*innen zu Gast, die neu im Amt sind: Superintendentin Carola Ritter aus dem Kirchenkreis Wittstock-Ruppin im Sprengel Potsdam und Superintendent Thomas Harms aus dem Kirchenkreis Reinickendorf im Sprengel Berlin. Beide stellten sich und ihre Kirchenkreise in der Kirchenleitung sehr anschaulich vor. Damit gewannen die Anwesenden sogleich einen Einblick in das sehr unterschiedliche Geschehen in den Kirchenkreisen der Landeskirche und konnten überdies feststellen, dass die Herausforderungen in einigen Bereichen nah beieinander liegen. 

Wir hörten von der Moderatorenausbildung für Demokratie – unter anderem Formate, von einer aktiven Umwelt-AG, die Landverpachtungs- und Photovoltaikverträge erarbeitet und mit dem Konsistorium für die ganze EKBO fertigt – und zur Verfügung stellt. Von einer Kasualwerkstatt in den ländlichen Räumen, die ihre Arbeit aufgenommen hat und von einer Regionalakademie. 

Vieles ist in Bewegung


Der gute Eindruck, der blieb: Es bewegt sich etwas in Groß- und Kleinstadt, in großen und kleinen Dörfern unserer Kirche. Vieles ist in Bewegung, hervorragende Ideen werden ausprobiert, die Arbeit wird mehr als Lust denn als Last erfahren.

Thomas de Vachroi wurde als Armutsbeauftragter nun für die ganze EKBO bestimmt. Damit weitet sich sein Aufgabenbereich. 

Ein langer Prozess zur Vereinigung der Kirchenkreise Falkensee und Nauen-Rathenow wurde mit dem Beschluss von Vereinigungsurkunde und notwendiger Verordnung an sein gesetzgeberisches Ende geführt, das mit dem 1. Januar 2026 einen Neuanfang mit dem Kirchenkreis Havelland findet. Zwei Universitätsprediger wurden mit Professorin Ruth Conrad und Professor Markus Witte berufen. 

Überdies wurden miteinander die Inhalte des geplanten Klausurtages beschlossen, denn uns ist deutlich, dass es für manche Themen einfach mehr Zeit und Austausch braucht. Diese nehmen wir uns, um die Dinge gut zu beraten und voranzubringen. Und fast einer der wichtigsten Punkte dieser Sitzung war der Beschluss, am 3. Mai einen Inklusionstag zu begehen, an dem auch ein Inklusionspreis verliehen wird. Inklusion soll sichtbar gewürdigt werden.

  

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news-24560 Tue, 27 Feb 2024 15:15:12 +0100 Das sagt Konsistorialpräsidentin Viola Vogel zur ForuM-Studie https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/das-sagt-konsistorialpraesidentin-viola-vogel-zur-forum-studie.html Viola Vogel stellt sich den Fragen zu Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche

Das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beauftragte ­unabhängige Forscherteam sprach am 25. Januar in Hannover von mindestens 2225 Betroffenen und 1259 mutmaßlichen Tätern bundesweit. Für die EKBO hat es 116 von sexualisierter Gewalt betroffene Personen und 41 beschuldigte Personen aufgelistet. Unter den Beschuldigten sind 39 Pfarrer und zwei privatrechtlich angestellte Mitarbeiter der Kirche. Das sei nur „die Spitze der Spitze des Eisbergs“, weil vor allem Disziplinar-, kaum aber Personalakten eingesehen wurden. Eine empirische Grundlage für die Aufarbeitung zu schaffen, sei nur bedingt gelungen, weil die Landeskirchen Zahlen und Akten laut dem Forscherteam nur schleppend zur Verfügung stellten. Im Gespräch mit Sibylle Sterzik erklärt Konsistorialpräsidentin Viola Vogel, wie der Prozess in der EKBO organisiert war.

Das Interview finden Sie auf unserem Nachrichtenportal in voller Länge.

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news-23078 Wed, 26 Jul 2023 10:19:47 +0200 Friedensinitiativen contra Waffenlieferungen https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/friedensinitiativen-contra-waffenlieferungen.html Margot Käßmann erwartet von Deutschland Friedensinitiativen Die USA liefern Streumunition an die Ukraine. Die Reaktion in Deutschland wirkt wie ein achselzuckendes: „Na und?“ Bundespräsident Frank- Walter Steinmeier kommentiert: „Wir dürfen den USA nicht in den Arm fallen.“ Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärt, es stehe ihm nicht zu, das Vorgehen von Ländern zu beurteilen, die die Osloer Streubombenkonvention nicht ratifiziert haben. Der Europaabgeordnete der Grünen, Sergey Lagodinsky, sagt, ein Völkerrechtsbruch sei das schließlich nicht.

Die Konvention aus dem Jahr 2008 ächtet Streubomben. Denn so eine Bombe verstreut im wahrsten Sinne des Wortes nach Abschuss oder Abwurf je nach Größe über 100 kleine Bomben, die noch Jahrzehnte später explodieren können. Kinder halten sie oft für Spielzeug und werden zerfetzt. In vielen Ländern sind die grauenvollen Folgen dokumentiert. Die Osloer Konvention wurde von 110 Staaten unterzeichnet, nicht aber von den USA, Russland und der Ukraine. Daher das Achselzucken: Was geht uns das an?

Wo bleiben Initiativen für den Waffenstillstand?

Ich finde, es geht uns etwas an. Denn inzwischen scheint der Zweck alle Mittel zu heiligen. Rückfragen zu Waffenlieferungen sind nicht mehr erlaubt. Der Kurs muss gehalten werden. Deutsche Panzer, F-16-Kampfflugzeuge, Streubomben – es gibt kein Limit mehr, allenfalls bei Atombomben vielleicht. Der Zweck lautet: Die Ukraine muss um jeden Preis gegen den Aggressor Putin siegen. Der setzt schließlich auch Streubomben ein. Das gleicht der Argumentation von Kindern: Er hat mich gehauen, also haue ich zurück.

Aber Erwachsene wissen eigentlich: Irgendjemand muss die Eskalationsspirale unterbrechen, damit Zusammenleben möglich ist! Und das bedeutet nicht Schwäche oder Kapitulation vor dem vermeintlichen Recht des Stärkeren, sondern Weitsicht und Klugheit. Auf der Homepage der Bundesregierung heißt es, die NATO verstehe sich als „Wertegemeinschaft freier demokratischer Staaten“.

Da dürfen die Mitglieder sich doch auch mal gegenseitig fragen, für welche Werte sie stehen. Warum wird in der NATO nicht auf Augenhöhe diskutiert? Die Ächtung aller Streubomben laut zu fordern, ist eine Frage der Haltung. Nein, das ist kein antiamerikanischer Reflex. Ja, Putin ist der Verbrecher. Er hat diesen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen, er könnte ihn sofort beenden. Aber ist denn die einzige Antwort des Westens: so viele Waffen wie möglich? Gibt es überhaupt keine anderen Überlegungen mehr? In der Konsequenz heißt das: So viele Tote wie nötig. Auf ganzer Linie siegen, koste es, was es wolle. Ganz gleich, wie lange der Krieg dauert und wie sehr das Land verwüstet wird.

Ich wünsche mir einen Aufschrei, der erklärt: Die Gewaltspirale muss durchbrochen werden!

Wo bleiben neben all den Militärstrategen die Diplomatiestrategen? Wo sind die großen internationalen Initiativen, die endlich einen Waffenstillstand herbeiverhandeln? Außenministerin Annalena Baerbock spricht von „wertegeleiteter Außenpolitik“. Werden wirklich unsere Werte in der Ukraine mit Streubomben verteidigt? Bitte nicht!

Apropos Werte: Was ist mit der Kriegsdienstverweigerung als Menschenrecht? Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen die Ukraine nicht verlassen. Wer den Kriegsdienst verweigert, erhält Gefängnisstrafen. Und russische Kriegsdienstverweigerer bekommen in Deutschland kein Asyl.

Ich wünsche mir einen Aufschrei, der erklärt: Die Gewaltspirale muss durchbrochen werden! Jesus hat uns dazu ermutigt. Die andere Wange hinhalten, die zweite Meile mitgehen bedeutet nicht, passiv zu sein. Es ist ein enormer Kraftakt, der Frieden möglich machen kann. Und um das klarzustellen: Als Deutsche formuliere ich keine Forderungen an die Ukraine. Aber ich erwarte Friedensinitiativen von meinem Land.

Margot Käßmann ist ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, Theologin und Autorin

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news-22994 Wed, 12 Jul 2023 13:24:29 +0200 Ab August im Amt https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/ab-august-im-amt.html Die neue Berliner Konsistorialpräsidentin Viola Vogel Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat eine neue Verwaltungschefin. Die promovierte Juristin Viola Vogel hat am 1. August 2023 ihr Amt als Konsistorialpräsidentin angetreten.

Der feierliche Gottesdienst zur Amtseinführung findet am 21. September 2023 um 17 Uhr in der Marienkirche am Alexanderplatz statt. Die Synode hatte die 45-jährige bisherige Vorständin der Diakonie Sachsen im April für eine Amtszeit von zehn Jahren zur Chefjuristin der Landeskirche gewählt.

Vogel folgt auf Verwaltungschef Jörg Antoine, der sein Amt zum Jahresbeginn vorzeitig abgegeben hatte und zur württembergischen Landeskirche nach Stuttgart gewechselt war. Seine zehnjährige Amtszeit wäre regulär noch bis Mai 2025 gelaufen.

Viola Vogel wurde am 3. März 1978 geboren und ist im Berliner Südwesten aufgewachsen, hat in Potsdam und Paris Jura studiert und war unter anderem Anwältin für Arbeitsrecht. 2008 trat sie erstmals in den Dienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens. 2014 wurde sie in Göttingen mit einer Arbeit über Religionsrecht in der DDR und der Volksrepublik Polen promoviert. Seit 2021 war sie Vorstandsmitglied für Wirtschaft und Recht im Diakonischen Werk in Sachsen. Seit 2019 war sie zudem Stadträtin in Dresden und dort gesundheits- und finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.

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news-22891 Wed, 28 Jun 2023 14:40:05 +0200 Alamierende Zahlen https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/alamierende-zahlen.html Mehr als eine halbe Million Menschen sind im Jahr 2022 aus der katholischen Kirche ausgetreten Bonn (epd). Wie die Deutsche Bischofskonferenz in Bonn mitteilte, stieg die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche auf 522.821. Im Vorjahr war bereits mit 359.338 Kirchenaustritten ein vorläufiger Rekord erreicht worden. Insgesamt verlor die katholische Kirche in Deutschland im Jahr 2022 mehr als 700.000 Mitglieder.

In Deutschland gehörten 2022 noch knapp 20,9 Millionen Menschen der Kirche an, das entspricht 24,8 Prozent der Bevölkerung. Die Zahl der Taufen und Eintritte konnte den Mitgliederschwund nicht aufhalten: Zwar stieg die Zahl der Taufen mit 155.173 im Vergleich zum Vorjahr, doch diese Entwicklung konnte Sterbefälle und Austritte nicht aufwiegen. Die Zahl der Eintritte lag laut Mitteilung bei 1.447, die Zahl der Wiederaufnahmen bei 3.753.

Der Limburger Bischof, Georg Bätzing, der auch Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist, sprach von "alarmierenden Zahlen". "Wir können und wollen die Augen nicht vor dieser Entwicklung verschließen", sagte er laut Mitteilung seines Bistums. Der Bischof warnte indes vor Resignation. Die hohen Austrittszahlen schmerzten, und er wisse, wie sehr sich Ehren- und Hauptamtliche in Pfarreien, Einrichtungen, Verbänden, Kitas, Schulen und der Caritas für andere einsetzten. "Lassen Sie sich nicht entmutigen", sagte er.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sagte, sie sei traurig, aber auch wenig überrascht. Die Kirche habe Vertrauen verspielt, besonders durch den Missbrauchsskandal. "Sie zeigt sich aber aktuell auch nicht entschlossen genug, Visionen für eine Zukunft des Christseins in der Kirche umzusetzen", sagte die Präsidentin der Laienorganisation.

Unter den 27 Bistümern im Bereich der Bischofskonferenz waren die Erzbistümer Köln, München sowie Berlin prozentual besonders von Kirchenaustritten betroffen. Insgesamt lag die Austrittsrate für alle Bistümer bei 2,4 Prozent, was eine extreme Steigerung von 0,8 Prozentpunkten ausmachte. In Berlin und München lag die Rate bei über drei Prozent, in Köln bei 2,8 Prozent. Im Erzbistum Köln steht Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki verstärkt in der Kritik wegen seiner Blockadehaltung in Bezug auf Kirchenreformen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln wegen Meineids gegen ihn.

Im Erzbistum München war Anfang vergangenen Jahres ein Gutachten veröffentlicht worden, das der Bistumsleitung über Jahrzehnte erhebliche Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen attestierte. Auch dem ehemaligen Papst Benedikt XVI. und früheren Erzbischof von München, Joseph Ratzinger, der an Silvester gestorben war, wurden darin Vorwürfe gemacht.

Insgesamt waren 2022 in Deutschland noch 47,5 Prozent der Bevölkerung Mitglied der evangelischen oder katholischen Kirche. Dieser Anteil sank weiter, nachdem er zum Stichtag 31.12.2021 erstmals unter die 50-Prozent-Marke gefallen war. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im März ihre Statistik veröffentlicht. Sie verlor im vergangenen Jahr 575.000 Mitglieder, damit gehörten ihr noch 19,1 Millionen Deutsche an.

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news-22691 Thu, 01 Jun 2023 11:57:50 +0200 „Teufelskreis aus Ablehnung“ https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/wider-dem-teufelskreis-aus-ablehnung.html Diakonie-Chefin gegen Kriminalisierung der „Letzten Generation“ Berlin (epd). Die Berliner Diakonie-Chefin Ursula Schoen hält die Sorgen der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ für „absolut legitim, wissenschaftlich nachgewiesen und nachvollziehbar“. „Unsere Schöpfung rast auf einen Kollaps zu und unsere Gesellschaften reden das Problem klein“, erklärte die Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz am Mittwoch in Berlin anlässlich neuer Protestmärsche der Initiative.

„Die offene Ablehnung von Austausch durch die Berliner Politik, die Ignoranz gegenüber den vergleichsweise bescheidenen Klimabewegungs-Zielen“ erinnerten sie an die reaktionären Haltungen gegenüber den Aktivisten der 68-er Generation, betonte die Theologin. Heute wie damals drohe ein Teufelskreis aus Ablehnung, Gewalt, Kriminalisierung.

Weiter forderte Schoen „Mut, auf beiden Seiten die Methoden zu überdenken“. Sich selbst mit Klebeaktionen zu verletzen und Gewalterfahrungen durch genervte Mitbürger in Kauf zu nehmen, dürfe für Klimaktivisten kein gangbarer Weg sein. Rechtsbrüche wie unzulässige Eingriffe in den Straßenverkehr dürften nicht legitimiert werden. „Aber eine bewusste und unverhältnismäßige Kriminalisierung einer Bewegung, die nichts anderes wünscht als den Diskurs über das drängendste Thema unserer Zeit ist nicht die richtige Antwort“, unterstrich die Diakonie-Chefin.

Das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vertritt als Verband der Freien Wohlfahrtspflege nach eigenen Angaben rund 1.600 Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsdienste der evangelischen Kirchen in Berlin und Brandenburg.

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news-22649 Wed, 24 May 2023 10:16:57 +0200 Was soll aus ihnen werden? https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/was-soll-aus-ihnen-werden.html Die Landeskirche sucht neue Nutzungen für Dorfkirchen Ringenwalde. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz will stärker nach neuen Nutzungsmöglichkeiten für gefährdete Dorfkirchen suchen. In Zeiten sinkender Mitgliederzahlen müssten für den Erhalt der Denkmäler mehr zusätzliche Nutzerinnen und Nutzer gewonnen werden, sagte der Leiter des kirchlichen Bauamts, Frank Röger, am vergangenen Montag in Ringenwalde bei Neuhardenberg. Dafür sei auch eine Öffnung gegenüber möglichen Interessierten nötig.

Röger, der das Bauamt seit drei Jahren leitet und davor unter anderem für Baumaßnahmen am Berliner Pergamonmuseum zuständig war, betonte, Dorfkirchen seien herausragende und mitunter sogar höherwertige Schätze als die der Berliner Museumsinsel. Dennoch würden sie oft nicht so wahrgenommen, sondern als Last angesehen. Um den Erhalt „dieses großen kulturellen Erbes“ zu sichern, müsse ihre Bedeutung stärker herausgestellt werden.

Für das ganze Dorf


Der Bauamts-Chef sagte weiter, derzeit investiere die Landeskirche jährlich, einschließlich Fördermitteln, rund 100 bis 120 Millionen Euro in ihre rund 2 000 Kirchengebäude. Dies werde bei sinkenden Mitgliederzahlen jedoch immer schwieriger. Anliegen müsse auch deshalb sein, die Dorfkirchen wie früher wieder zu Räumen für das ganze Dorf zu machen.

Brandenburgs Landeskonservator Thomas Drachenberg sagte, wenig genutzte und sanierungsbedürftige Dorfkirchen gerieten mitunter aus dem Blick. Wichtig sei, ein Wartungssystem dafür zu entwickeln. Dies werde „ganz dringend“ gebraucht. Die inzwischen abgesperrte und mit einem Bauzaun gesicherte Dorfkirche von Ringenwalde stehe als „Pars-Pro-Toto-Objekt“ beispielhaft für diese Kirchen.

Drachenberg betonte, die Kirchen seien „das Älteste und Beste“ im Dorf. Um sie zu erhalten, müsse im Zweifelsfall auch darüber nachgedacht werden, sie notfalls für eine gewisse Zeit „in Ruhe zu setzen“, um sie zu sichern und mit Zeit über mögliche spätere Nutzungen nachdenken zu können.

Realistisch bewerten


Der Superintendent des Kirchenkreises Oderland-Spree, Frank Schürer-Behrmann, betonte, Nutzungsmöglichkeiten für gefährdete Dorfkirchen müssten realistisch bewertet werden. Fördervereine könnten dabei nicht dauerhaft Verantwortung für die Gebäude übernehmen.

Der Potsdamer Generalsuperintendent Kristóf Bálint betonte, die Dorfkirchen müssten zum Wohle der gesamten Gesellschaft erhalten werden. Ebendies sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Generalsuperintendentin im Kirchensprengel Görlitz, Theresa Rinecker, erklärte, bei der Sicherung und Entwicklung von Dorfkirchen stünden „Kirche und Politik in gemeinsamer Verantwortung“. Diese Netzwerke müssten gestärkt werden.

Die Landeskirche hatte Ende 2022 rund 834 000 Mitglieder in 25 Kirchenkreisen mit insgesamt 1 096 Gemeinden. Gut 487 000 Gemeindemitglieder leben in Berlin, gut 316 000 in Brandenburg und knapp 30 000 in der ostsächsischen Region Görlitz. In Brandenburg gibt es nach Angaben der Landeskirche rund 1 650 evangelische Kirchen und Kapellen, von denen etwa zehn Prozent nur noch unregelmäßig genutzt werden.

Mehr Informationen gibt es beim Kirchlichen Bauamt: https://kirchenbau.ekbo.de

 

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news-22402 Sat, 22 Apr 2023 14:01:29 +0200 Kirchenparlament wählt Präsidentin des Konsistoriums https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/kirchenparlament-waehlt-praesidentin-des-konsistoriums-1.html Dr. Viola Vogel wurde zur Leiterin der obersten Verwaltungsbehörde der EKBO gewählt Berlin, 22. April 2023 – Im Rahmen der 6. Tagung der Fünften Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) wurde Dr. Viola Vogel zur neuen Präsidentin des Konsistoriums, der obersten Verwaltungsbehörde der EKBO, gewählt. Die 45-jährige Juristin wurde mit 65 Stimmen von 97 Stimmen im ersten Wahlgang von der Landessynode gewählt. Zur Wahl gestellt hatten sich auch Simon Welten und Christina Rieffel-Braune.

Bischof Christian Stäblein zeigt sich erfreut über die Wahl. „Ich gratuliere Frau Dr. Viola Vogel zu ihrer Wahl. Mit ihr gewinnt die EKBO eine in Diakonie, Kirche, Gesellschaft und Recht erfahrene und herausragende Persönlichkeit, die der Kirche auf dem Weg in die Zukunft gut tut. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihr. Ich danke allen, die sich zur Wahl gestellt haben.“

Präses Harald Geywitz gratuliert im Namen der Synode. „Ich bin allen dankbar, die sich dem demokratischen Auswahlverfahren unserer Synode gestellt haben. Ich gratuliere Frau Dr. Vogel und freue mich mit der gesamten Landessynode auf die Zusammenarbeit mit der neuen Konsistorialpräsidentin.“

Die Landessynode ist das oberste Leitungsgremium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), ihr gehören 108 Mitglieder an. Die Präsidentin wird auf zehn Jahre gewählt.

Dr. Viola Vogel wurde 1978 in Berlin geboren und studierte in Potsdam Rechtswissenschaften und französisches Recht. Nach dem Referendariat und zweiten Examen in Braunschweig/Celle und einer Anwaltstätigkeit in Berlin ist sie von 2008 bis 2021 als juristische Kirchenbeamtin im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens im Personal-, Grundsatz- und Finanzdezernat tätig gewesen. Sie wurde in den Jahren von 2011 bis 2014 abgeordnet an das Kirchenrechtliche Institut der EKD in Göttingen und bei Prof. Dr. Michael Heinig zum Thema „Religionsrecht der DDR und der Volksrepublik Polen“ promoviert. Seit 2018 engagiert sich Dr. Viola Vogel u.a. ehrenamtlich in der Wohnungslosenarbeit der Christophorus-Kirchengemeinde DD-Laubegast. Seit 2021 ist sie Vorständin für Wirtschaft und Recht im Diakonischen Werk der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens e.V. und von dort als Vertreterin des Diakonischen Werkes in zahlreiche Gremien entsandt, u.a. als Mitglied im Ethikkomitee der Stiftung Herrnhuter Diakonie, Hospiz Bischofswerda.

Hintergrund
Das Konsistorium steht als oberste Verwaltungsbehörde der Landeskirche den Gemeinden beratend zur Seite. Seine Zuständigkeit betrifft grundsätzlich alle Angelegenheiten der Landeskirche. Das Konsistorium unterstützt die beiden Leitungsorgane der Landeskirche – Landessynode und Kirchenleitung – bei ihrer Arbeit. Es führt die Rechtsaufsicht über die Gemeinden und Kirchenkreise und die Dienstaufsicht über die Mitarbeitenden im Pfarrdienst, die Superintendentinnen und Superintendenten sowie über die Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamten. Eine weitere wesentliche Aufgabe des Konsistoriums besteht in der Beratung der Gemeinden und Kirchenkreise insbesondere in Rechtsangelegenheiten und bei der Wahrnehmung der geistlichen Aufgaben. Das Konsistorium ist kollegial verfasst. Dem Kollegium gehören der Präsident, die Pröpstin und die Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter an. Vorsitzender des Kollegiums ist der Präsident oder Präsidentin

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news-19313 Thu, 09 Mar 2023 10:48:18 +0100 Streitthema: Geflüchtete statt Senioren https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/gefluechtete-statt-senioren.html Bewohner*innen müssen das Seniorenheim „Pflege und Wohnen Schillerpark“ in Berlin verlassen. Bewohnerinnen und Bewohner müssen das evangelische Seniorenheim „Pflege und Wohnen Schillerpark“ in Berlin-Wedding verlassen. Flüchtlingsfamilien ziehen dort ein. Die Johannesstift Diakonie, Träger und Betreiber des Heims, sowie das Paul-Gerhardt-Stift, Eigentümer des Geländes, standen dafür medial in der vergangenen Woche stark in der Kritik. Dem Paul-Gerhardt-Stift wird vorgeworfen, finanziell von der Umnutzung profitieren zu wollen.

Von Uli Schulte Döinghaus

Berlin. Im Jahr 2006 wurde der Mietvertrag unterschrieben. Er ­sollte mindestens 25 Jahre gelten, also bis 2031. Der Vermieter, das ­gemeinnützige evangelische Paul-Gerhardt-Stift, übergab die Wohnimmobilie mit der Büroadresse „Müllerstraße 56-58“ in Berlin-Wedding. Als Mieter unterschrieb das gemeinnützige evangelische ­Johannesstift. Über die vereinbarte Höhe der Miete ist nichts bekannt, umso mehr über die Nutzung des Gebäudekomplexes mit dem Namen „Pflege und Wohnen Schillerpark“.

Dort wurden 141 Plätze in Einzel- und Doppelzimmern für Senioren mit Pflegebedarf eingerichtet, Pflege- und Servicepersonal beschäftigt. Gesamtkosten je nach Pflegegrad zwischen 2600 und 4000 Euro pro Monat pro Zimmer. Auf der ­Basis dieser zu erwartenden Einnahmen wurde vermutlich die Miete zwischen den beiden Mietparteien vereinbart.

Kostendeckender Betrieb nicht mehr möglich


Entgegen der ursprünglichen Absicht, mindestens 25 Jahre im ­Geschäft zu bleiben, kam es schon nach 15 Jahren – also 2021 – zu neuen Gesprächen zwischen Vermieter Paul-Gerhardt-Stift und Mieter ­Johannesstift. Die Johannesstift ­Diakonie beschreibt die Sachlage so: „Vom Paul-Gerhardt-Stift wurden für alle gepachteten bzw. gemieteten Gebäude der Johannesstift ­Diakonie an der Müllerstraße deutliche Erhöhungen der Miet- und Pachtzinsen gefordert. Ein kostendeckender Betrieb wäre dadurch nicht mehr möglich gewesen.“ Man hätte die höhere Miete auf die ­pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise ihre Angehörigen abwälzen müssen.

Daraufhin kam es nach Aussagen des Paul-Gerhardt-Stifts im Sommer 2022 „auf Bitten der Johannesstift Diakonie zu einer vorzeitigen Änderung des bestehenden Miet­vertrags“. Darin wurde die Schließung des Pflegewohnheims im ­gegenseitigen Einvernehmen in zwei Etappen bis zum Jahresende 2023 beschlossen. Das Johannesstift ist damit zukünftig nicht mehr ­Betreiberin der „Pflege und Wohnen Schillerpark“ und wird dort keine Senioren mehr betreuen und pflegen. Ihnen wurde gekündigt, ­einige verließen ihre Pflegewohnungen bereits. Die verbleibenden Bewohnerinnen und Bewohner ­sollen spätestens bis Ende 2023 ­ausziehen.

Das Johannesstift formuliert das Dilemma so: „Ein Teil der Bewohner*innen hat unser Angebot an­genommen, in andere Pflegeinrichtungen der Johannesstift Diakonie umzuziehen. Da sich diese Einrichtungen jedoch nicht in räumlicher Nähe des Schillerparks befinden, ist das Angebot der Johannesstift ­Diakonie nicht für alle Bewohner*-innen beziehungsweise deren Angehörige von Interesse.“ Auch für sie sucht das ­Johannesstift nach geeigneten Alternativen in und um den Berliner Wedding. Schwierig.

Ein geplanter Neubau auf dem Gelände des Evangelischen Geriatrie Zentrums Berlin (EGZB) in ­Berlin-Mitte war nicht realisierbar, teilt das Paul-Gerhardt-Stift mit. Hinzu kommt der große Mangel an Pflegefachkräften, der es vermutlich schwer macht, eine neue ­Heimat und gute Betreuung für die Seniorinnen und Senioren zu ­finden. Während sie ausziehen müssen, rücken in die freiwerdenden Räumlichkeiten, über die das Paul-Gerhardt-Stift als Eigentümer frei verfügen kann, seit Herbst 2022 neue Bewohner nach. Darüber hat es ­in der vergangenen Woche, ­angestoßen durch „Focus online“ eine ­intensive Berichterstattung ­gegeben. Tenor: „Kirchenstift in Wedding: Warum müssen die Senioren raus?“ (Berliner Kurier). Oder: „Zoff um Pachtzins. Seniorenheim wird zur Flüchtlingsunterkunft“ (Tagesspiegel).

Ein neues Zuhause für Geflüchtete


Mitte Februar begrüßte Pfarrer Martin von Essen, Stiftsvorsteher des Paul-Gerhardt-Stifts, 126 neue geflüchtete Bewohner, die nunmehr dort zwei Etagen bezogen haben, wo noch vor wenigen Monaten pflegebedürftige Senioren wohnten. Insgesamt wohnen auf dem Areal des Paul-Gerhardt-Stifts zwischen Müllerstraße und Edinburger Straße jetzt knapp 300 Geflüchtete. ­Darüber berichtete kürzlich das örtliche Nachrichtenportal „weddingweiser“.

Die Berichterstatterin schreibt: „Die renovierte Gemeinschafts­unterkunft erstreckt sich nahe der Edinburger Straße über zwei Etagen. Pro Geschoss stehen 30 Zimmer zur Verfügung. Alle Räume ­haben einen angeschlossenen Sanitärbereich. Insgesamt gibt es vier Gemeinschaftsküchen, zwei Kinderspielzimmer und zwei Gemeinschaftsbereiche.“ Ende des Jahres könnten es also 120 neue Wohnungen für geflüchtete Familien sein. Welche Einnahmen das Paul-Gerhardt-Stift dann mit Flüchtlingswohnungen erlöst, ist nicht bekannt.

Ursula Schoen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, ver­sicherte in der vergangenen ­Woche, diakonisches Engagement für Flüchtlinge könne „nie von ­Profitdenken geprägt sein“. Die ­Arbeit der rund 30 Mitglieds­einrichtungen der Diakonie für rund 5000 Geflüchtete sei „alles ­andere als eine Goldgrube“.

In einer früheren Fassung des Artikels wurde eine falsche Angabe gemacht. Es hieß darin, dass das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) an den Betreiber der neuen Geflüchtetenunterkunft, dem Paul-Gerhardt-Stift, eine Bruttokaltmiete von 620 Euro pro Wohnung im Monat überweist. Diese finanzielle Unterstützung bekommen jedoch ausschließlich Transferleistungsbezieher, um die Miete für eine eigene Wohnung zu bezahlen. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem auch Geflüchtete.

Bei einer Gemeinschaftsunterkunft wie der des Paul-Gerhardt-Stifts handelt es sich jedoch nicht um eine private Mietwohnung. Bei Gemeinschaftsunterkünften zahlt das LAF einen sogenannten Tagessatz pro Platz. Diesen verhandeln das Land Berlin und der Unterkunftsbetreiber individuell. Die Verträge sind nicht öffentlich. Der Tagessatz muss die Kosten für Unterbringung, soziale Betreuung, Energie, Internet, Reinigung etc. übernehmen.

die Redaktion 28.03.2023

 

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news-18977 Wed, 01 Feb 2023 14:32:00 +0100 Kirche wieder anders https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/kirche-wieder-anders.html Am 5. Februar feiern deutschlandweit Christinnen und Christen den Kirchentagssonntag. Auch in unserer Region beteiligen sich Gemeinden, um sich auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag in Nürnberg im Juni einzustimmen. Was sie dafür planen und wie sich Initiativen, Kirchengemeinden und Teilnehmende aktuell auf den Kirchentag vorbereiten

Von Constance Bürger

Berlin. Für Helen Karzek ist es selbstverständlich, dass sie für ihre Kirchengemeinde zum Kirchentagssonntag am 5. Februar den ­Gottesdienst mit vorbereitet. Seit Kindheitstagen ist die 61-Jährige Kirchentagsfan. Der Gottesdienst zum ­Thema „umgekehrt“ in der ­­Paul-Schneider-Kirche in Berlin-Lankwitz orientiert sich am ­Gottesdienstentwurf des Deutschen Evange­lischen Kirchen­tages (DEKT) für den Kirchentagssonntag – und der ist originell. 

Alle Besucher*innen dürfen ­offiziell ihr Smartphone aus der ­Tasche holen, um die Foto-App zu nutzen. Im­­ ­Selfiemodus sollen sie sich selbst betrachten. Dann soll die Kamera umgedreht werden, um die Menschen vor, hinter und neben sich zu ­betrachten: „Lasst uns ­einander ­sehen“, heißt es im ­Gottesdienstentwurf.  

Segen mit Konfetti


Ein ungewöhnliches Format – ­„Kirchentag ist eben anders“, sagt Helen Karzek. Auch für den Segen wählt das Materialheft zum Gottesdienstentwurf eine Über­raschung. „Wir werfen Konfetti nach oben. Das ist der Segen, der auf uns runter regnet“, sagt die Prädikantin. Sie hofft, dass viele der Besucher*­innen des Gottesdienstes Lust ­bekommen, vom 7. bis 11. Juni nach Nürnberg zu fahren.

Für sie ist der Kirchentag eine Art Fort­bildung. „Jedes Mal entdecke ich dort neue Formate, die ich gerne mit in unsere Gemeinde nehme“, sagt sie. „Denn Kirche muss sich ­immer wieder entwickeln.“ Für Nürnberg hat sich die Physio­therapeutin schon angemeldet. Sie freut sich, endlich wieder mit dem Caravan zu campen. Beim ­letzten Kirchentag 2021 in Frankfurt/Main war das corona­bedingt nicht möglich. Auf dem Campingplatz genießt Karzek schon morgens das Mit­einander. 

Deutschlandweit laden am 5. Februar unter dem Motto „um­gekehrt“ Kirchengemeinden zum Gottesdienst am Kirchentagssonntag ein. Er­ ­findet alljährlich am ­liturgischen Sonntag ­Septuagesimä statt und soll neugierig ­machen auf Losung und Miteinander des ­Kirchentages. Das ist auch Ziel des Landesausschusses Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz des DEKT, die Jugendarbeit der Landeskirche und des Diözesan­rates der Katholik*innen: Sie laden am 5. Februar zu einem ökumenischen ­Kirchentagssonntagsgottesdienst in die Gethsemanekirche in Berlin-Prenzlauer Berg ein. Die Besucher*-innen werden einen Teil des Jugenprojektes der Evange­lischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO) für Nürnberg ­kennenlernen. 

Katalysator für die Jugendarbeit


Ihre Projekte haben auf Kirchen­tagen eine gewisse Tradition – und Prominenz: In der Gerüst­kirche, ­einer offenen Stahlkonstruktion mit acht Meter hohem Turm, ­feierten die Jugendlichen ­ihren Glauben 2017 in Berlin. In Dortmund 2019 beteiligten sie sich im Zentrum Jugend mit einer beeindruckenden Kirchenkonstruktion aus 27 Containern. „Von den Jugend­lichen gab es wieder ein breites ­Votum, sich erneut einzubringen“, sagt Tobias Kummetat. 

Er ist Referent für kulturelle ­Jugendbildung im Amt für kirch­liche Dienste in Berlin und gehört zur Steuerungsgruppe Kirchentag der EJBO. ­Gemeinsam mit Landes­jugendpfarrerin Julia Daser ­koor­diniert er das Programm des Projektes. 

Unter dem Titel „Zeit_Räume“ wird es in Nürnberg – analog zur ­Kirchentagslosung „Jetzt ist die Zeit“ (Markus 1,15) – um das Thema Zeit gehen. Ohne Container geht es auch dieses Mal nicht: Im Zentrum Jugend werden 4 Seecontainer so aufgestellt, als wären sie eine Uhr. In den Containern sowie dazwischen wird es Workshops, Theaterper­formances und auch wieder den ­beliebten ­DJ-­Segen am Abend geben. 

Sechs Kirchenkreise bereiten das Programm mit ihren Jugendlichen vor, etwa 110 von ihnen werden vor Ort mit­wirken. „Es ist toll, dass sich wieder so viele Kirchenkreise beteiligen“, sagt Kummetat. Dies sei ein Katalysator für die weitere ­Jugendarbeit in der Landeskirche. 

Mitfinanziert wird das Jugend­­-projekt vom Landesausschuss ­Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz des DEKT. Er ist hier ­Ansprechpartner und Anlaufstelle für alle Kirchentagsinteressierten und hält den Kontakt zwischen der DEKT-Leitstelle in Fulda und unserer Region. Sein Vorsitzender, der Berliner Andreas Günther, hat in den vergangenen Monaten schon drei Mal Nürnberg besucht, unter anderem um die Veranstaltungs­orte zu ­besichtigen. „Die freuen sich auf uns, dort gibt es eine positive Grundstimmung“, sagt Günther, der auch zur Präsidialversammlung des DEKT gehört. 

Für die Tage im Juni hofft der ­­Kita-Leiter, „dass da auch mal wieder eine echte Zeitansage ­möglich ist“. Als Mitglied in der DEKT-­Auswahlkommission für den ­Bereich Kabarett ist Günther auch mit­verantwortlich für das ­Kultur-programm. Darauf freuen sich schon jetzt Klaus Feldtkeller aus Nuthethal südlich von Berlin und seine Bekannte Sabine Behrendt aus Berlin. Seit 2003 nehmen sie ­gemeinsam am Kirchentag teil – für Sabine ­Behrendt, die eine mehrfache Behinderung hat, wäre das sonst nicht möglich. 

Im Rollstuhl in der ersten Reihe 


Während des Kirchentages ­werden die beiden wie immer in ­einer ­Sammelunterkunft mit anderen Rollstuhlfahrer*innen übernachten – zumeist sind das Schulen für ­körperbehinderte Menschen. ­Jeder Einzelne erhält ein eigenes Klassen­zimmer. Der Kirchentag organisiert ein ­Pflegebett. „Es wird einiges in ­Bewegung gesetzt, damit Rollstuhlfahrer, die auf Hilfe angewiesen sind, teilnehmen können“, sagt Klaus Feldtkeller. Der Kirchentag sei für Sabine Behrendt die einzige Möglichkeit, an einer so vielfältigen Großveranstaltung teilzunehmen – und das zumeist in der ersten Reihe. 

Einmal monatlich besucht er ­Sabine Behrendt. Bald können sie gemeinsam das Kirchentags­programm studieren - am 16. März soll es veröffentlicht werden. Neben Musicals, Konzerten und Theatervorstellungen besuchen sie regelmäßig den Markt der Möglich­keiten. Dort präsentieren sich ­verschiedene kirchliche und diakonische ­Initiativen und Projekte. 

Informieren und vernetzen 


Vielleicht treffen die beiden dort auf Juliane Peschel-­Paetzold. Sie ist Koordinatorin für kirchliche Nachhaltigkeitsarbeit in der Kommunalen Ökumene ­Treptow-Köpenick aus Berlin. Sie wird für die Initiative auf einem ­Gemeinschaftsstand ­dabei sein, den sie ­derzeit mit vier Vertreter*innen des Ökumenischen Netzwerkes für Klimagerechtigkeit und den „Christen für eine gerechte Wirtschaftsförderung“ vorbereitet. Auf dem Stand werden sie ökumenisch für Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Klimawandel werben. 

Auf dem Markt der Möglich­keiten könne man „ungezwungen mit Menschen ins Gespräch ­kommen“, so Peschel-Paetzold. Die Atmosphäre sei offen und zugewandt. So ergebe sich die Chance, ihr Projekt vorzustellen und neue Kontakte zu knüpfen. Die Kommunale Ökumene Treptow-Köpenick  vernetzt 27 christliche Gemeinschaften in dem Berliner Bezirk mit der Kommune und der Zivilgesellschaft, um Klimagerechtigkeit voranzubringen. Treptow-Köpenick ist der erste Bezirk mit einer Nachhaltigkeitsstrategie in Berlin.

Coronabedingt ist der Kirchentag in Nürnberg der erste evange­lische für Peschel-Paetzold, den sie als Mitarbeiterin der Kommunalen Ökumene miterleben wird. Privat hat sie schon als Konfirmandin ­Kirchentage besucht. „Ich habe sie immer als sehr große Bereicherung und als Impulse für meine Arbeit und Leben als Christin gesehen“, sagt sie.  „Auf dem Kirchentag hat sich Kirche für mich auch oftmals ganz anders dargestellt, viel lebendiger als im Alltag.“

Gottesdienste zum Kirchentagssonntag am 5. Februar

10 Uhr, Dom St. Marien, Fürstenwalde 

10 Uhr, Dorfkirche Friedrichsfelde, Berlin-Lichtenberg

11 Uhr, Melanchthon-Kirche, Berlin-Kreuzberg

11 Uhr, Paul-Schneider-Kirche, Berlin-Lankwitz (Familiengottesdienst)

17 Uhr, Gethsemanekirche, Berlin-Prenzlauer Berg (ökumenisch)

                                  

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news-18914 Wed, 25 Jan 2023 14:58:04 +0100 Bergerlebnisse https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/bergerlebnisse.html Gedanken zum Predigttext am Letzten Sonntag nach Epiphanias

Predigttext: Matthäus 17,1–9 

1 Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. 2 Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3 Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. 4 Petrus aber sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. 5 Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein ­lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! 6 Als das die Jünger hörten, ­fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. 7 Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8 Als sie aber ihre Augen aufhoben, ­sahen sie niemand als Jesus allein. 9 Und als sie hinabgingen, gebot ihnen Jesus: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen (Auszug).

Von Thilo Haak

Zu einer Gottesbegegnung steigt ­Jesus mit ­seinen Jüngern auf den Berg Tabor. Ganz oben angekommen, geschieht das Unerklärliche. Jesu Gesicht fängt an hell zu leuchten und seine ­Kleider werden weiß wie das Licht. Erinnerungen an den vom Gottesberg herabkommenden Mose sind hier durchaus erlaubt.

Mose ist auch einer, der hier oben neben Jesus tritt. Dazu noch Elia. Mose steht für das Gesetz. Elia steht für die Propheten. Petrus, der das lichte Bild kaum fassen kann, mischt sich ein. Ja, wenn er diesen Augenblick festhalten könnte, dann würde sich die Ankündigung des Leidens Jesu doch als nichtig erweisen. Jesus sagt, dass er nach Jeru­salem muss, um dort zu sterben und wieder auferweckt zu werden, ­bevor sie auf diesen Berg kamen. Petrus fragt, muss das wirklich sein? Doch eine Stimme fällt ihm ins Wort: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!“

Der Kreis der Epiphaniaszeit schließt sich. Mit den gleichen ­Worten, die bei der Taufe Jesu seine ­irdische Wirkenszeit beginnen ­ließen, werden die Jünger auf ihre Nachfolge hingewiesen. Kein Einspruch gegen das Wort Jesu ist ­zulässig. Auch wenn es schwerfällt, wenn es sein Wort ist, wird es ­geschehen müssen.

„Jesus Christus ist das Eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.“ So hat es die Theologische Erklärung von Barmen 1934 formuliert. Nichts darf für die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu höher ­stehen, als das, was wir von ihm hören. ­Immer, auch wenn es schwerfällt.

Das Leben spielt sich nicht nur auf Höhen ab


Petrus wollte den schönen Augenblick auf dem Berg festhalten. Ich kann ihn gut verstehen, den Petrus. Auch für mich ist immer wieder schwer verstehbar und kaum erklärbar, warum Jesus ­leiden und sterben musste.

Ich war selbst einmal auf dem Tabor und werde nie den herr­lichen Blick über das Heilige Land vergessen, den man von dort oben hat. Wie gern wäre ich länger dort geblieben. Doch so wie ich dort herunter musste, so ging auch Jesus mit seinen Jüngern wieder vom Berg herab. 

Das schöne Erlebnis lässt sich nur im Glauben bewahren. Immer so leben, wie auf dem Berg können wir nicht. Wir müssen wieder hinunter. Das Leben spielt sich nun einmal nicht nur auf den Höhen ab.

Sich dauerhaft auf dem Berg einrichten, hieße den Problemen der Wirklichkeit, in der wir auch als die Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu existieren, zu entfliehen. Das geht nicht. Unser Leben in unserer unerlösten Welt ist eine stete Berg- und Talfahrt. Wir alle hier können aus unserem Leben Berg- und Talgeschichten erzählen. Doch die Berg­erlebnisse sind es, die uns durchs Leben tragen. Sie schaffen mir die Glaubensgewissheit, die ich brauche, um in den Tälern des ­Lebens dem Wort Gottes treu zu bleiben und die mich seine Höhen umso mehr schätzen lässt.

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die-kirche Predigttext Theologie
news-18913 Wed, 25 Jan 2023 14:44:54 +0100 Mehr Kirchengemeinden gebraucht https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/mehr-kirchengemeinden-gebraucht.html Kirchenasyl ist eine legitime Form, den Staat auf Härtefälle aufmerksam zu machen

Berlin. Seit 40 Jahren gibt es das Kirchenasyl in Deutschland. 1983 fing es in West-Berlin an. Eine von Abschiebung bedrohte palästi­nensische Familie fand damals ­Unterschlupf in der evangelischen Kirchengemeinde Heilig Kreuz in Kreuzberg. Ende 2022 wurden bundesweit 320 Kirchenasyle gezählt, davon 37 in der Hauptstadt. Engagierte Kirchengemeinden werden weiterhin gebraucht, die Nachfrage ist hoch, sagt Pfarrer Bernhard ­Fricke, Vorsitzender des Vereins Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg, im Gespräch mit Lukas Philippi (epd) zum Jubiläum.

Herr Fricke, wie sieht es denn heute mit der ­Motivation von Kirchen­gemeinden aus, Menschen Kirchenasyl zu gewähren?

Seit dem Beginn der Kirchenasylbewegung vor 40 Jahren hat sich vieles verändert, sowohl in der Asylgesetzgebung als auch im ­Bewusstsein der Gesellschaft, Menschen in Not aufzunehmen. Gerade die Willkommenskultur der ver­gangenen Jahre hat auch in den ­Kirchengemeinden viele Engagierte gefunden. Die Motivation, Kirchenasyl zu gewähren, ist unverändert hoch.

Gibt es denn weiterhin den Bedarf?

Die aktuelle Situation lässt sich so beschreiben: Bei der hohen Nachfrage nach Asyl gibt es auch ­eine hohe Nachfrage nach Kirchenasyl. Es geht um Fälle, in denen eine negative Entscheidung und somit eine Abschiebung zu unverantwortlichen Härten führen würde. Kurz gesagt: Wir brauchen mehr Kirchengemeinden. Gleichzeitig können Kirchengemeinden nicht mehr so einfach Räume für die Unterbringung und Ehrenamtliche für die ­Begleitung stellen.

Sind da auch rechtliche Bedenken?

Die inhaltliche Frage, ob ein ­Kirchenasyl „erlaubt“ ist, zieht sich seit 40 Jahren durch die Entscheidungen der Gemeindekirchenräte. Unsere Antwort darauf: Kirchenasyl ist eine legitime Form, den Staat auf Härtefälle aufmerksam zu machen und Menschen vor Abschiebung zu schützen – so legitim zum Beispiel wie eine Petition.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Asylpolitik Deutschlands und der EU sehr verändert. Mit welchen rechtlichen Widrig­keiten haben Gemeinden und von Abschie- bung bedrohte Menschen heute am meisten zu kämpfen?

Bei der überwiegenden Zahl handelt es sich heute um sogenannte „Dublin-Kirchenasyle“. Den Betroffenen droht die Rückführung in ein anderes europäisches Land, in das Land, in dem sie zuerst einen Asylantrag gestellt oder Fingerabdrücke abgegeben haben. Für diese Fälle gibt es die Absprache mit dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), dass eine erneute Härtefallprüfung möglich ist. Dafür schreiben die Kirchen­gemeinden dann ein sogenanntes Dossier. Wir hören zunehmend von schlimmen Gewalterfahrungen der Geflüchteten. Das betrifft Länder wie Polen, Bulgarien, Kroatien und andere. Der Umgang mit den Menschen dort sollte das BAMF dazu bringen, auf Rücküberstellungen zu verzichten und den traumatisierten Menschen Schutz zu gewähren. Es geht um Gewalterfahrungen an den europäischen Außengrenzen und beim Umgang mit Geflüchteten im Asylverfahren, zum Beispiel durch Inhaftierungen oder mangelhafte ärztliche Versorgung. Die Kirchengemeinden haben eine große Aufgabe, diese verletzten und verletzlichen Menschen zu begleiten. Als Verein unterstützen wir sie dabei, bieten Fortbildungen an und vermitteln ehrenamtliche Hilfe.

Die Idee des Kirchenasyls ist ­heutzutage eine Fiktion. Tatsächlich hat die Polizei auch Zugriff auf ­Menschen, die glauben, durch ­Kirchenmauern geschützt zu sein. Hat sich die Haltung der Behörden und der Politik gegenüber Kirchenasylen in Deutschland verändert?

Es zeichnet die Kirchenasyl­bewegung und die Politik aus, dass sie im Respekt voreinander handeln. In 40 Jahren Kirchenasyl hat sich diese Haltung immer weiter entwickelt. Die Behörden wissen um die Ernsthaftigkeit von Entscheidungen in den Kirchen­gemeinden. Es bleibt der große Wunsch, dass es einmal keine Kirchenasyle mehr braucht – oder zumindest viel weniger. Dazu müssten die Behörden aber anders entscheiden und genau hinhören, von ­welchen schlimmen Erfahrungen die Menschen berichten. Auch das europäische Asylsystem müsste sich grundlegend ändern.

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die-kirche Gesellschaft Kirche Menschen
news-18907 Wed, 25 Jan 2023 09:48:57 +0100 Loyal in der „Gemeinde auf Zeit“ https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/loyal-in-der-gemeinde-auf-zeit.html Religionszugehörigkeit als Voraussetzung für das Arbeitsverhältnis? Ein Interview

Kürzlich forderte eine gewerkschaftsnahe Analyse, dass die Religionszugehörigkeit für Arbeitnehmer*innen nicht immer ausschlaggebendes Kriterium für eine Beschäftigung im kirchlichen Bereich sein sollte. Bei Sportlehrer*innen an konfessionellen Schulen oder Ärzt*innen in evangelischen Krankenhäusern sei das zum Beispiel nicht plausibel. Wie ist die Situation an evangelischen Schulen in der Region und wie hält es deren Träger, die Evangelische Schulstiftung der Landeskirche? Darüber sprach Uli Schulte Döinghaus mit ihrem Vorsitzenden Frank Olie.

Herr Olie, wie viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind bei der Schulstiftung beschäftigt?

Wir haben jetzt 1360 Mitarbeiter*innen. Davon sind rund 1220  Beschäftigte im pädagogischen Dienst tätig, Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen.

Was wissen Sie über deren Kirchenzugehörigkeit?

Wir erheben dies seit einigen Jahren für alle Mitarbeitenden, also auch für Verwaltungsangestellte und Hausmeister. Circa 84 Prozent sind kirchlich gebunden. Die meisten sind evangelisch, die anderen ge­hören einer Kirche an, die zur ­Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen gehört (ACK). 

Was steht dazu in den Arbeitsverträgen?

Unsere Arbeitsverträge basieren auf dem Tarifvertrag der EKBO (TV EKBO). In ihnen nehmen wir konkret Bezug auf die Kirchenmitgliedschaft. Sie muss entweder binnen drei Monaten nachgewiesen werden oder es muss eine Ausnahmegenehmigung seitens des Vorstands erteilt worden sein. Diese Ausnahmegenehmigung wird immer für die ersten zwei Jahre der Beschäftigung erteilt. Eine unbefristete Beschäftigung ohne eine Kirchenmitgliedschaft ist nur auf Grund eines Vorstandsbeschlusses möglich oder weil die Berufsgruppe von der Pflicht zur Kirchenmitgliedschaft ausgenommen ist wie etwa Sekretär*innen oder Hausmeister*innen.

Werden leitende Angestellte anders behandelt als andere?

Mitarbeitende in Leitungspositionen müssen Mitglied der Evangelischen Kirche oder einer Kirche der ACK sein. Für alle anderen gilt ohne einen Nachweis der entsprechenden Mitgliedschaft, dass eine Ausnahmegenehmigung des Vorstandes vorliegen muss. Hausmeister*-innen oder Sekretär*innen müssen seit 2017 nicht mehr zwingend ­einer Kirche angehören.

Wird während dieses Zeitraums ein gewisser Druck auf die kirchenferne Lehrkraft ausgeübt, einer Glaubensgemeinschaft beizutreten?

Nein, das würde keinem helfen. Das täte seiner oder ihrer Persönlichkeit nicht gut, und auch uns nicht. Wenn jemand die Entscheidung trifft, sich taufen zu lassen, dann sollte das wirklich von der Person selbst kommen und aus Überzeugung geschehen. 

Wir ­bieten ein dreitägiges Seminar als Einstiegsveranstaltung an, das wir „Happy Basics“ nennen. Da geht es um Fragen wie: Was bedeutet es, an einer evangelischen Schule ­tätig zu sein. Wie kann ich mich mit Glauben und christlicher Spiritua­lität auseinandersetzen? Auch nach ­diesen drei einführenden Tagen ­bieten wir Gespräche an, und unsere Schulen sind in der ­Regel gut ­vernetzt mit den ört­lichen Kirchengemeinden, zu denen wir Kontakte vermitteln. Wir machen Angebote, bedrängen aber niemanden.

Warum ist es wichtig, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich zur Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche bekennen?

Es ist eben etwas Besonderes, an einer evangelischen Schule tätig zu sein und sich dort in dieser ­„Gemeinde auf Zeit“ und bei der ­Gestaltung des evangelischen Profils beruflich einzubringen. Beides sollte von allen Teilen der Schul­gemeinde mitgetragen werden.

Inwiefern ist der Konflikt um die Kirchenmitgliedschaft im Alltag der Schulstiftung von Bedeutung. Oder ist das eine akademische Debatte?

Das ist keine akademische Frage, sondern wir werden damit immer wieder konfrontiert – in einer Zahl, die sich über die Jahre hin gesteigert hat. Schließlich leben wir in ­einer der meist-säkularisierten ­Regionen Deutschlands – gelten aber gleichzeitig als attraktive ­Arbeitgeberin und beliebte Schulträgerin. Insofern haben wir immer wieder die Situation, dass wir erstmal eine befristete Einstellung ­anbieten und dann die Option, dass Menschen sich taufen lassen – oder auch nicht. Über Ausnahmen, die seit 2017 möglich sind, entscheidet auf Antrag der Schulleitung der Vorstand der Schulstiftung. 

Was sind das für Ausnahmen?

Zum Beispiel bei Personen, die auch nach der Zeit der Befristung nicht in die Kirche eintreten wollen oder können. Oder es handelt sich um Gründe, die zum Beispiel mit Herkunft und absoluter Kirche­n­ferne zu tun haben, wie bei einigen Menschen, die noch in der DDR ­auf­gewachsen sind. 

Wovon hängt die Entscheidung über Ausnahmen ab?

Wichtig ist, dass diese Menschen loyal sind, das evangelische Profil mittragen und sich auch aktiv ­einbringen in die Gestaltung des evangelischen Profils. Das ist ja der Grund, auf dem wir pädagogische Arbeit betreiben. Es bedeutet, ­Gemeinschaft zu leben mit allen ­Beteiligten vor Ort, also nicht nur im Kolleg*innen-Team, sondern auch mit den Eltern und den ­Schüler*innen. Pädagog*in zu sein bedeutet auch, dieser Gemeinschaft Ausdruck zu verleihen, etwa durch gemeinsame Andachten und ­Gottesdienste. 

In Berlin und Brandenburg herrscht Lehrer- und Bewerbermangel. Können die evangelischen Schulen mit dem Staat konkurrieren? 

Auch wir müssen uns bemühen und anstrengen, neue Lehrkräfte zu finden. Nicht wenige verzichten ­bewusst auf die Sicherheit der ­Verbeamtung, weil sie das päda­gogische Konzept und die partnerschaftliche gemeinschaftliche Arbeit in den Kollegien der evange­lischen Schulen schätzen. Natürlich haben wir Kolleg*innen, die trotzdem gehen. Aber wir haben auch Fälle von Leuten, die zum Staat ­gewechselt, dann wieder zurück­gekommen sind und gesagt haben: „Also das ist nicht die Art, pädagogisch zu arbeiten, wie wir uns das vorstellen.“

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news-18866 Thu, 19 Jan 2023 11:44:59 +0100 Der Pfarrer der Wende https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/der-pfarrer-der-wende.html Martin-Michael Passauer wird 80 Jahre alt. Stimmen von Weggefährten. Vergebung und Versöhnung zu leben und zu stärken, dafür steht der Theologe Martin-Michael Passauer. Als Pfarrer in Ostberlin war er eine wichtige Identifikationsfigur während der Friedlichen Revolution und als Berliner Generalsuperintendent vermittelte er in den 1990er Jahren zwischen Ost und West. Am 20. Januar wird Martin-Michael Passauer 80 Jahre alt.

Begegnungen auf Augenhöhe


Von Michael Heinisch-Kirch

„Wie heißt noch mal der Mann mit dem nach Star Wars klingendem Kirchentitel, der mit ohne Haare?“, fragt mich eine aus Bosnien ­stammende Erzieherin im SozDia-Jugendklub Tube in Berlin-Lichtenburg. „Ick will wissen, was er sagt: Ist Kirche Grund für Krieg und Vertreibung? Oder ­Lösung bei Streit?“ Ihre Beschreibung ist ganz eindeutig: „Du meinst den Ex-General­superintendenten Martin-Michael Passauer“, sage ich, „da bist du bei ihm genau richtig!“

Sie kennt Martin-Michael Passauer aus ­diversen Veranstaltungen, die er in unserer SozDia mit­gestaltet. Ihm geht es in unserer diakonischen Arbeit vor ­allem um die Menschen in unseren Einrichtungen, um die Frage nach dem Sinn der Arbeit derer, die dort tätig sind. Was das mit Kirche zu tun ­haben könnte. Nein, das stimmt nicht, es geht ihm darum, was das Wirken und Sein der Menschen mit unserem Zusammenleben und ­unserer Zukunft zu tun hat. Für  ­Passauer ist dies wohl dasselbe.

Ja, ich kann sicher sein, auch die Erzieherin mit ihrer persönlichen Geschichte ist bei Martin-Michael Passauer genau richtig. Er wird ihr auf ­Augenhöhe begegnen, interessiert daran, was sie zu sagen hat. 

So habe ich Passauer vor 40 Jahren in Ostberlin als Stadtjugendpfarrer kennengelernt. Unverändert bis heute: Der Schlüssel für ihn ist die Begegnung von Menschen. Das Interesse am ­Anderen. Das Zuhören. Nicht als Kirchenfürst, sondern als Mensch, mit dem Wissen um die eigene Fehlbarkeit!

Und so begegneten wir uns zum Beispiel nicht ganz zufällig im Juni 1989 in der Sophienkirche an­gesichts mehrerer tausend Stasi-Schergen. Sie hatten die Kirche ­umstellt. In die Kirche hatten sich ein paar Dutzend Menschen ­ge­rettet, Regime-Kritiker, die sich angesichts des DDR-Wahlbetruges den Mund nicht mehr verbieten ­lassen wollten. 

Wir brüllten uns mit eher kurzen Hauptsätzen öffentlich an, was jetzt zu tun sei. Passauer als Pfarrer, ich als Demonstrant. Verhandeln? ­Konfrontieren? Eskalieren? Beten? Martin-Michael Passauer und ich waren alles andere als beste Freunde. Es wusste ja niemand, das später der Begriff „Friedliche Revolution“ in der Rückschau erfunden werden würde – die logische und wahrscheinliche Perspektive war Einsperren und „Sonderbehandlung“ durch die ­Stasi. Die Erlebnisse dieser Zeit prägen Martin-Michael Passauer bis heute. Das Übernehmen von Verant­wortung und die beständige Suche nach friedlichen Lösungen, egal wie schlecht die Ausgangs­bedingungen sind, das ist er.

Unsere Kirche hatte eine Sternstunde, als sie ihn zum General­superintendenten berief. Die Auf­gabe seit den 1990er Jahren ganz klar: Die seit Generationen völlig unterschiedlich sozialisierten Kirchen, die Ost- und West-Kirche, zu gemeinsamer Verständigung zu führen. Verständigung gibt es nur in der Folge von Begegnung, ­„Brücken“ müssen eben erkannt oder neu gebaut werden. Also nimmt er sich die Zeit, organisiert Visitationen in allen Gemeinden und Kirchenkreisen, und fragt ­dabei unablässig nach den diakonischen Akteur*innen im Umfeld. Denn durch Diakonie wird Kirche für sehr viele Menschen konkret.

Unlängst antwortete er auf die Frage, weshalb er sich eigentlich – obwohl doch längst aus dem Dienst als Generalsuperintendent aus­geschieden – noch immer in der diakonischen SozDia-Stiftung engagiert: „Wenn ich die SozDia als Bild vor Augen habe, dann sehe ich viele Farben. Es ist ganz bunt, kraftvoll und voller Bewegung.“ Ja, lieber Martin-Michael Passauer, genau da gehörst du dazu. Bis dann!

Sozialdiakon Michael-Heinisch Kirsch ist Vorstandsvorsitzender der SozDia-Stiftung mit Sitz in Berlin.

Feiner Humor


Von Sibylle Sterzik

Martin-Michael Passauer vergisst nicht. Seine Karten, Briefe oder E-Mails zum Geburtstag oder zu besonderen Ereignissen sind ein Fest und Wertschätzung pur. Er dankt nicht nur für den Dienst an und in der Kirche, er würdigt detailliert und mit Menschenkenntnis, wofür sich jemand einsetzt und wie er oder sie das tut. Er zeigt sich nahbar und stellt sich unterstützend hinter den Jubilar, die Jubilarin. Jedes Geburtstagskind, jeder Adressat fühlt sich von ihm gesehen und erkannt. Niemals amtlich oder in Behördendeutsch, immer von Herzen kommend und mit dem genauen Blick für die Fähigkeiten eines Menschen. Unzählige Male tat er das auch in Artikeln in der Kirchenzeitung. Oft gab er den entscheidenden Hinweis, damit jemand nicht vergessen wird. Wir als ­Redaktion gratulieren ihm von Herzen und wünschen ihm, dass er gesund bleibt, von Gott jeden Tag gesehen wird und seinen wachen Blick für Menschen und ­Ereignisse und seinen feinen ­Humor behält. 

Mit geöffneten Armen


Von Ellen Ueberschär

Mein Anfang mit Martin-Michael Passauer war ein Abschied. Sein ­Abschied aus dem Stadtjugendpfarramt in Berlin in den frühen 1980ern. Ein Hauch von Freiheit, Gottvertrauen und jugendlicher Aufbruchstimmung lag in der ­Sophienkirche. „Passi“ machte gar nicht viel. Ohne dass ich genau ­erinnere, was er sagte: Er gab uns Worte und Mut und Hoffnung mit auf den Weg, die uns aufrecht durch den demütigenden DDR-­Alltag ­gehen ließen. 

Viel später schrieb er rück­blickend von der „Kraft der Kirche“, die im Fasten und Beten, zwei sehr alten christlichen Tugenden, ­steckte. „Vor allem bei jüngeren Christen“, so Passauer, sei es sehr beliebt gewesen. Und ich war eine von ihnen, denke ich und füge ­hinzu: Ohne die Ermutigung zur Wachheit und Nüchternheit, den richtigen Zeitpunkt zum Handeln nicht zu verschlafen, wären wir nie darauf gekommen, dass Fasten und Beten wirksame Mittel gegen ­politische Bedrückung wären. Ohne die Anleitung zur Gelassenheit ­hätten wir nicht erfahren, dass die alten christlichen Tugenden wirksame Mittel gegen den tristen ­Alltag sein könnten. 

Wenn es eine Geste gibt, die ­Passauer beschreibt, dann sind es die zur Umarmung geöffneten ­Arme. Die symbolische Bereitschaft zur Versöhnung, zur Vergebung war und ist ein Markenzeichen ­seines Wirkens in den Ämtern, die er innehatte. 

Das bedeutet keineswegs, dass Passauer nicht gewusst hätte, worauf es ankommt und ­wohin es gehen soll. Er war und blieb über den ­Parteien, weil er­ ­seiner Rolle als Vermittler und ­Versöhner treu bleiben wollte – in der Kommission zur Aufarbeitung der Polizeigewalt am 7./8. Oktober 1989, als Sachverständiger der ­Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, als Generalsuperintendent des wiedervereinigten Berlins und nicht zuletzt als Vorsitzender des Kuratoriums der St. Elisabeth-Stiftung. 

Die diakonische Seite von ­Martin-Michael Passauer – die ­übrigens in seinem Wikipedia-­Eintrag fehlt – ist die logische ­Fortschreibung seiner vermittelnden Grundhaltung. Mit großer Menschenkenntnis und Freude ­begleitet er bis heute die soziale ­Arbeit der Kirche. 

Ellen Ueberschär ist Vorständin der Stephanus-Stiftung mit Sitz in Berlin. 

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news-18816 Wed, 11 Jan 2023 11:21:04 +0100 Neue Nutzung für alte Kirchen https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/neue-nutzung-fuer-alte-kirchen.html Museum oder Wohnraum – in Berlin finden sich einige Beispiele, wie Kirchen alternativ genutzt werden

Von Bettina Gabe/epd

Berlin. Hohe Mieten und Immobilienpreise sowie ein starker Anstieg der ­In­flationsrate machen das Wohnen in Großstädten nicht nur für Haushalte mit geringem Einkommen zur Herausforderung. Für Kirchen in der ­Berliner Region stellt sich vor dem Hintergrund sinkender Mitgliederzahlen gleichzeitig die Frage, wie sie ihre Gebäude erhalten können. Von den rund 2000 Kirchen der Evangelischen Kirche Berlin-­Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) werden in­zwischen 50 anders genutzt, sagt der Referatsleiter des kirchlichen Bauamts im Konsistorium der ­Landeskirche, Frank Röger. Vieles laufe über „Mietmitnutzung“, ­wenig über ­Verkauf.

Die Zwinglikirche im Berliner Stadtteil Friedrichshain wurde nach dem Brand in einer Notunterkunft für Obdachlose Mitte Dezember zur nächtlichen Ersatzunterkunft. Bis zu 100 Menschen konnten dort im Warmen schlafen. Die Kapazitäten waren binnen weniger Tage in der ansonsten als multifunktionaler Veranstaltungsort genutzten Kirche geschaffen worden. Seit 24. Dezember kann die Traglufthalle der Berliner Stadtmission nach dem Brand wieder genutzt werden.

Die Idee der Umnutzung von ­Kirchen zu Wohnzwecken stammt aus den 1980er Jahren. In die Jesuskirche im Stadtteil Kreuzberg zogen vor ­einigen Jahren Familien ein. Das ­Gebäude aus den 1960er Jahren war zuvor zu einem Wohnhaus ­um­gebaut worden. Wohnungen wurden laut Röger auch in der Lutherkirche im Bezirk Spandau ein­gebaut. „Insgesamt war das nicht wirtschaftlich und im Regelfall auch bei denkmalgeschützten ­Kirchen nicht genehmigungsfähig“, erklärt er. Ähnliche Pläne gibt es deshalb derzeit kaum. 

Kletterregal im Kirchenschiff


Inmitten eines Kreisverkehrs im Stadtteil Weißensee entstehen derzeit drei Wohnungen im Bethanienturm. Das Kirchenschiff wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und anschließend abgerissen. Unter dem Motto „Exklusives Wohnen in historischem Bestand“ sind 14 ­weitere Wohnungen in einem ­angrenzenden Neubau geplant. Das gegenüberstehende Gemeindehaus mit Kita erinnert durch seine hohen Bogenfenster seit seiner Errichtung vor rund 100 Jahren an eine Kirche.

Eine andere Form der Um­nutzung von Kirchen ist in der Eliaskirche im Stadtteil Prenzlauer Berg zu besichtigen. Dort ist seit knapp 20 Jahren das „Machmit!“-Museum für Kinder untergebracht. Rund 80000 Besucherinnen und ­Besucher pro Jahr, darunter Schulklassen, Kindergartengruppen und Familien, nutzen nach Angaben der Betreiber das „Kletterregal“ im ­ehemaligen Kirchenschiff. Sie ­beschäftigten sich dort mit Themen wie Seife, Salz, Energie, Schlaf und Träumen, aber auch dem Werk des Malers Paul Klee (1879–1940), schwedischen Kinderbuchwelten rund um Pippi Langstrumpf und Büchern als „Lebensmittel“.

Keine Lösung für Wohnungsmangel


Das Thema Abgabe sowie Um- und Nachnutzung von Kirchen­gebäuden wird nach Angaben des Sprechers des Erzbistums Berlin auch die katholische Kirche in den kommenden Jahren stark beschäftigen. Vor allem in den neuen ­Pfarreien, die durch den Zusammenschluss der vorherigen Gemeinden entstehen, gebe es ein Überangebot von Kirchen, aber auch von Gemeinderäumen, sagt Pressesprecher Stefan Förner. Doch er ist überzeugt, „dass die Umwidmung von Kirchengebäuden zu Wohnraum keine Lösung für Wohnungsmangel sein kann“.

Rund 40 Gebäude werden demnach seit 2002 nicht mehr vom Erzbistum Berlin für Gottesdienste ­genutzt. Dazu zählten Kirchen, die an andere, in der Regel christliche Glaubensgemeinschaften zur Nutzung abgegeben, verkauft oder ­verpachtet wurden, und Kapellenräume in Wohnhäusern, die nach dem Verkauf der Immobilien nicht mehr für kirchliche Zwecke zur Verfügung stehen. Die Umnutzung als Wohnraum bleibt in evange­lischen wie katholischen Kirchengebäuden in der Hauptstadtregion weiter die Ausnahme.          

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die-kirche Kirche Kultur
news-18815 Wed, 11 Jan 2023 11:01:48 +0100 Kirchen erhalten. Aber wie? https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/kirchen-erhalten-aber-wie.html Wie umgehen mit Kirchen, die nicht mehr gebraucht und finanziert ­werden können? Von Frank Röger 

Der Erhalt der kirchlichen Gebäude stellt für alle Kirchengemeinden ­eine große Herausforderung dar. Gründe dafür sind die sinkenden Mitgliederzahlen und damit geringeren Einnahmen bei steigenden Kosten und der dringend erforderliche Umbau der kirchlichen Gebäude zur Klimaneutralität. Zudem waren die Kirchen über Jahrhunderte Träger der Baukultur. Kirchliches Bauen war beispielgebend. So sind viele herausragende Baudenkmäler im Besitz der Kirchengemeinden. Eigentümer sind verantwortlich dafür, diese Kultur weiter zu pflegen und die bedeutenden Gebäude und Ausstattungen zu erhalten.

In diesen Zeiten ist dies keine Selbstverständlichkeit mehr. Ganz im Gegenteil: Viele Kirchengemeinden sind an die Grenze des  personell und finanziell Machbaren ­gekommen. Bevor also schnell ­Beschlüsse gefasst werden, braucht es ein zukunftsfähiges Konzept. 

Das wird im Fachjargon Gebäude­bedarfsplanung genannt und soll möglichst über alle kirchlichen Gebäude gemacht werden. Grundlage für die Erstellung des Konzeptes sind Antworten auf folgende Fragen: Welche Standorte mit welchem Profil werden perspektivisch für die Gemeindearbeit bei sinkenden Gemeindegliederzahlen be­nötigt? Welche und wie viele Stand­orte können nachhaltig bei sinkenden Einnahmen und höheren Kosten bewirtschaftet werden?

Die Antworten sind naturgemäß schwierig und fallen je nach Kirchengemeinde unterschiedlich aus. Hieraus kann sich ergeben, dass die bedarfsgerechte Reduzierung des Gebäudebestandes nötig ist, um die Nutzung auf wichtige Standorte zu konzentrieren. Auch Kooperationen bei der Nutzung von kirchlichen und kommunalen Trägern wie die Diakonie oder mit Kommune und Vereinen sind dabei denkbar. Sie erhöhen häufig auch die Möglichkeiten Fördermittel zu akquirieren, ohne die das kirchliche Bauen nicht vorstellbar ist. Kirchengebäude zur Mitnutzung durch Dritte zu öffnen, kann den Erhalt und Betrieb in der Zukunft sicherstellen. 

Es kann aber auch dazu führen, dass es sinnvoll ist, nicht mehr ­benötigte Liegenschaften zu ­ver- mieten, zu verpachten oder auch im Erbbaurecht mit Nutzungsvereinbarung abzugeben. Dies ist natürlich für Pfarrhäuser und Gemeindezentren deutlich einfacher als für Kirchen. Denn Optionen für eine Nachnutzungsoptionen mit den dafür erforderlichen Umbauten für Dritte sind hier sehr viel wirtschaftlicher und damit erschwinglich. Für Kirchen und Kapellen stellt sich die Situation schwieriger dar. 

Fast alle Bauämter der Gliedkirchen der EKD, viele Kirchengemeinden und Kirchenkreise beschäftigen sich mit dieser immer dringender werdenden Fragestellung. Denn die Kirchengebäude sind Seelen, Gedächtnis und Gewissen unserer Dörfer und Städte. Hier muss man behutsam und gewissenhaft vorgehen, denn es geht ja vordergründig nicht nur um den Erhalt der Gebäude, sondern insbesondere darum, diese mit Leben zu erfüllen. Sollte dies im Einzelfall nicht möglich sein, muss die Möglichkeit einer „Stilllegung“ auf eine bessere Zukunft hin sorg­fältig erwogen werden. 

Anregungen zur Nutzung von Kirchengebäuden liegen schon vielfältig vor durch bereits gelungene realisierte Projekte. Aber auch durch wissenschaftliche Studien wie „500 Kirchen – 500 Ideen“, ein innovatives Projekt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM) mit der internationalen Bauausstellung (IBA) in Thüringen 

Diese Herausforderung kann man als Hypothek betrachten, man kann sie aber auch als Chance ­sehen. Kirchengebäude sind Orte, die die Öffentlichkeit mit der Kirche als ­Institution in Verbindung bringen. Sie sind Orte, die für die Gesellschaft mehr denn je notwendig sind  – und zwar sowohl als Kulturdenkmale als größte Versammlungsorte in kleineren Gemeinden, als auch als Anker für die lokale Identität. Ein überzeugender Umgang mit diesen Orten bietet die Chance, ­Kirche zu öffnen und gemeinsam mit Partner:innen „vor Ort“ neue Visionen und Nutzungskonzepte für ein lebenswertes Miteinander zu entwickeln.

Frank Röger ist Leiter des Kirchlichen Bauamtes der EKBO und Architekt.

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news-18764 Wed, 04 Jan 2023 12:43:05 +0100 Das kommt 2023 https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/das-kommt-2023.html Zu dem, was die nächsten zwölf Monate ausmachen wird, gehört auch die Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Jedes Jahr hat seine Ereignisse – für Menschen, Gesellschaften und Kirchen. Von Taufaktion bis Kirchentag, vom Treffen des Lutherischen Weltbundes bis hin zu runden Geburtstagen reicht die Liste der besonderen Daten für Protestanten in diesem Jahr.

Von Sibylle Sterzik

2023 wird das Jahr der Taufe. Mit der Aktion #deinetaufe lädt die Kirche ein, rund um den Johannistag am 24. Juni das Geschenk der Taufe neu zu entdecken und zu feiern. Kirchengemeinden, -kreise oder Dekanate sind eingeladen mitzumachen: mit einem Tauffest am besonderen Ort, einer Tauferinnerungsfeier, einem Projekttag in Kita, Schule oder Gemeinde. Die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat einen Taufliederwettbewerb ausgerufen. Ein neues Lied, neue Texte auf bestehende Melodien oder die Neuinterpretation eines Liedes kann man noch bis 16. Januar einreichen.

Wichern warb für die „rettende Liebe“


Jubiläum feiert 2023 der kirchliche Sozialverband Diakonie. Zu ihrem 175. Jubiläum startet die Diakonie Deutschland unter dem Motto #ausLiebe eine bundesweite Imagekampagne. Für die Menschen, für die sie sich stark macht: Arme, Alte, Kranke, Familien, Wohnungslose, Geflüchtete und viele andere. Mit Johann Hinrich Wichern fing alles an. Der Theologe hielt am 22. September 1848 in Wittenberg eine Brandrede. Darin warf er der Kirche Versagen an der verarmten Bevölkerung vor und warb für ein Netzwerk der „rettenden Liebe“ – die Geburtsstunde der Diakonie.

Die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem wurde vor 70 Jahren gegründet. Am 19. August 1953 beschloss das israelische Parlament, das Museum zur Geschichte des Holocaust als staatliche Behörde zu gründen. Jubiläum feiert auch der Staat Israel. Vor 75 Jahren, am 14. Mai 1948, verlas David Ben Gurion die Unabhängigkeitserklärung. In Jerusalem ordiniert die Evangelisch-Lutherische Kirche in Jordanien und im Heiligen Land am 22. Januar in der Erlöserkirche die erste Frau in ihrer Geschichte zur Pfarrerin: Sally Azar. Auch die Erlöserkirche feiert: ihr 175-jähriges Bestehen am 31. Oktober.

Krakau wird vom 13. bis 19. September Schauplatz der 13. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes (LWB) sein. Gastgeberin ist die Evangelisch Augsburgische Kirche in Polen. Die Vollversammlung ist das oberste Leitungsorgan des LWB. In Vorbereitung der Vollversammlung findet bereits vom 9. bis 11. Januar die zweite Sitzung des Vollversammlungs-Ausschusses in Krakau statt.

Der Ökumenische Rat der Kirchen begeht sein 75. Jubiläum. Er wurde am 23. August 1948 in Amsterdam gegründet. Am 10. Dezember 1948 verkündeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Seitdem wird dieser Tag als Tag der Menschenrechte begangen. Zu bedenken sind auch die Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 mit allen Folgen und die bürgerlich-demokratischen Aufstände im Frühjahr 1848. Vor 70 Jahren, am 27. Januar 1953, beschloss das SED-Politbüro der DDR, Schauprozesse gegen Mitglieder der Jungen Gemeinde zu führen. Junge Leute wurden wegen ihres Christseins von Schule und Universität verwiesen. Doch gegen das SED-Regime regte sich bald Widerstand. Am 17. Juni 1953 gingen die Arbeiter in der DDR auf die Straße. Der Volksaufstand jährt sich zum 70. Mal.

Fastenaktion will Mut machen


Zurück in die Gegenwart: Am 5. Februar sind Gemeinden eingeladen, ihren Gottesdienst zum Kirchentagssonntag zu feiern zur Einstimmung auf den Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 7. bis 11. Juni in Nürnberg. Er steht unter dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ (Markus 1,15).

Mit der Aktion #deinetaufe lädt die Evangelische Kirche in Deutschland in diesem Jahr ein, die Taufe neu zu entdecken. Foto: Getty Images/Jason Doiy Das Motto der Fastenaktion von Aschermittwoch bis Ostern (22. Februar bis 9. April) lautet „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“. „In dunklen Zeiten braucht es Licht, um den Mut nicht zu verlieren“, schreibt Ralf Meister, Landesbischof in Hannover und Botschafter der Aktion „7 Wochen Ohne“ auf der Webseite der Fastenaktion.

„Glaube bewegt“ lautet der deutsche Titel des Weltgebetstages aus Taiwan. Gefeiert wird er weltweit am Freitag, dem 3. März. Die Woche der Brüderlichkeit im Zeichen der christlich-jüdischen Zusammenarbeit vom 5. bis 12. März steht unter dem Jahresthema „Öffnet Tore der Gerechtigkeit – Freiheit Macht Verantwortung“. Als ein Beispiel dafür wird die Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“ am 5. März in Erfurt mit der Buber-Rosenzweig-Medaille geehrt. Im Fokus der Fürbitte für verfolgte und bedrängte Christen am Sonntag Reminiszere, 5. März, steht Äthiopien. Es ist eines der ältesten christlichen Länder. Gleichzeitig leiden die Menschen dort unter Dürre, Hunger und Krieg. Ein Materialheft dazu gibt es online unter www.ekd.de/reminiszere2023.

Vom 12. bis 16. März 1973 wurde auf dem Leuenberg bei Basel der endgültige Text der Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa erarbeitet und übergeben. Mit der Leuenberger Konkordie verpflichten sich die Mitglieder der „Gemeinschaft Evangelischer Kirche in Europa“ vor 50 Jahren 1973 zu gegenseitiger Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.

In Religion und Kirche gibt es auch einige runde Daten zu feiern. So jährt sich der Todestag von Dorothee Sölle am 27. April zum 20. Mal, der 30. Todestag des Theologen Helmut Gollwitzer ist am 17. Oktober. Vor 500 Jahren am 7. April 1523 gelang der Nonne und späteren Frau Martin Luthers, Katharina von Bora, die Flucht aus dem Kloster. Johann Sebastian Bach begann am 30. Mai 1723 mit einer Kantatenaufführung im Gottesdienst sein Amt als Thomaskantor. Zum 925. Mal jährt sich der Geburtstag der Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen. Ein genauer Geburtstermin im Jahr 1098 ist nicht bekannt. 

Friedensdekade erinnert an Krieg in Europa


Am 24. Februar 2022 überfiel Russland die Ukraine und trug den Krieg wieder nach Europa. Ein Thema, dem sich die Ökumenische Friedensdekade vom 12. bis 22. November unter dem Motto „sicher nicht – oder?“ stellt.

Was auch kommt, eins ist gewiss: Mit uns geht ein Gott, der uns sieht. Er verliert niemanden aus den Augen, bleibt nahe in Freud und Leid. Trägt mit, hält aus, wischt Tränen ab. Das bezeugt die von Gott gesehene Frau Hagar in der Jahreslosung aus Matthäus 16,13: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Wer so achtsam angesehen wird, darf das selbst ausprobieren: Augen aufmachen. Anpacken und Zusprechen. Hoffnung verschenken in 2023.

 

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news-18763 Wed, 04 Jan 2023 11:39:19 +0100 Gott sucht und sieht Dich in 2023 https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/gott-sucht-und-sieht-dich-in-2023.html Zur Jahreslosung: Du bist ein Gott, der mich sieht. 1. Mose 16,13 Es ist Hagar, die Vertriebene, die Flüchtende, die Gott den ersten Namen der Bibel gibt. Gedanken zur Jahreslosung

Von Christian Stäblein

Du musst ja nicht mal wie sonst die Augen zusammenkneifen, um sie scharf zu stellen, also übertragen jetzt. Diese Jahreslosung strahlt sofort. Gesehen werden. Von Gott. Das ist sein Wesen, dass er sich zeigt. Mir und Dir sich zeigt. Da kannst Du Dir schon mal die Augen reiben, so klar und eingängig ist die Losung für 2023. Als ob die Losungskommission vor zwei Jahren schon wusste: Schwierige Zeiten brauchen klare Worte. Und Gottes gute Nachricht lebt nicht von Kompliziertheit, sondern von Direktheit. Du bist ein Gott, der mich sieht.

Denkst Du auch sofort, dass da für jeden und jede etwas drin steckt? Oh ja, für den und die Einzelne, je individuell, ist das seine, ihre Botschaft. Du heißt es ausdrücklich. Und mich. Damit lässt sich der Tag beginnen und beenden, jeder Tag im noch frischen neuen Jahr. Vielleicht ist die Jahreslosung etwas wie die Schlussformel für Dein tägliches Morgen- oder Abendgebet in 2023. Merken lässt sie sich ja leicht. Und in ihr schwingen die vertrauten Segensworte: Lasse das Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig. Also: Sehe Dich gut an.

Das ist Segen. Gott sieht Dich. Und sieht Dich gut an. Aber nicht nur für uns individuell ist das eine gute Nachricht, mindestens genauso kollektiv, gesellschaftlich, ja gesellschaftskritisch. Nicht gesehen werden, gefühlt oder real – das ist ein zentrales Leid unserer Tage. In dieser Hinsicht ist die Jahreslosung so modern und passend für unser Medienzeitalter, in dem das erste Gebot zu lauten scheint: Was nicht medial erscheint und so gesehen wird, existiert nicht. So dass Du kaum glauben magst, dass diese Worte mindestens so um die 2 500 Jahre alt sein dürften. Das Gebot der Moderne haben Bert Brecht und Kurt Weil vor knapp 100 Jahren in eingängige Töne gebracht: Und man sieht nur die im Lichte, die im Dunklen sieht man nicht. So ist es bei Gott nicht, sagt die Jahreslosung, sagt die Bibel auf jeder Seite. Wie zum Beweis musst Du nur die Geschichte drum herum lesen, aus der das kurze Losungswort stammt: Es ist Hagar, die schwanger von Sarah in die Wüste geschickt, dort auf diesen Gott trifft, der sich eben in der Wüste zeigt und der diese Wüste zum Brunnen macht. Es ist Hagar, die Vertriebene, die Flüchtende, die Gott den ersten Namen der Bibel gibt: Du bist ein Gott, der mich sieht.

In dieser Wüste zeigt sich Gott


Die Jahreslosung ist für scheinbar Übersehene, für scheinbar Verlorene. Zur Kraft der Bibel und zur Stärke der jüdischen Erzählung gehört es, eine solche, mit der eigenen Tradition ziemlich kritische Geschichte nicht verdrängt und verschwiegen zu haben. Im Gegenteil. In dieser Wüste zeigt sich Gott. Das ist meine, unsere, Deine Hoffnung in diesem Jahr. Für die Menschen in der Ukraine. Für die Frauen im Iran und in Afghanistan. Gott ist ein Gott, der nicht wegsieht. Kein abstrakter Über-Allem-Gott, ein konkret werdender Gott. In der lutherischen Tradition nennt man es das „pro me“, zu Deutsch: das „Für mich“. Gott hat etwas mit meinem Leben zu tun. Mit Deinem. Sieh nur! Meine erste Reaktion beim Hören der Jahreslosung, die ich hier und da auch schon bei anderen vernommen habe: Schon wieder? War das nicht gerade erst die Jahreslosung? Vor dem inneren Auge tauchen dann aber womöglich die Bilder vom Kirchentag 2017 und seiner Losung auf. Berlin. Potsdam. Wittenberg. Freundliche Augen auf orangenem Hintergrund. Du siehst mich. Das war gerade erst und ist doch schon sechs Jahre her. Vor der Pandemie, vor der Zeitenwende, gefühlt eine Ewigkeit her. Und doch gerade erst? Es ist die beste Botschaft, die diese Zusage Gottes in mir auslösen kann: War doch gerade. Gott hat Dich gerade gesehen, das kannst Du glauben. Gott sucht und sieht Dich in 2023. Gerade erst. Schon wieder. Immer wieder. Jetzt.

Christian Stäblein ist Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

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news-18666 Wed, 21 Dec 2022 12:35:42 +0100 So war 2022 https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/so-war-2022.html Menschen und Ereignisse des vergangenen Jahres Januar


Kirchengemeinden stellen ihre Räume für Covid-19-Impfaktionen zur Verfügung.

Bischof Christian Stäblein bezeichnet gelbe Sterne bei Protesten gegen die Corona-­Maßnahmen als „unerträgliche Verharmlosung der nationalsozialistischen Verbrechen“. 

Das Kuratorium der Garnisonkirchenstiftung spricht sich gegen ein Kirchenschiff aus, für den Erhalt des benachbarte Rechenzentrums und ein „Haus der Demokratie“.

Bei einem Brand in der Paul-Gerhardt-­Kirche in Berlin-Prenzlauer Berg entsteht ­erheblicher Sachschaden.

Ein externes Gutachten zu Missbrauchs­fällen im katholischen Erzbistum München und Freising nennt Hinweise auf mindestens 497 Betroffene sexualisierter Gewalt. 

Februar


Der Bundesrechnungshof kritisiert Förderzusagen des Bundes für den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages spricht sich für eine weitere finanzielle Förderung aus, auch die Landeskirche gibt zusätz­liche Gelder.

Die Initiative „Go for Gender Justice“ ruft zum Pilgern für Geschlechtergerechtigkeit und ­Frieden auf.

Frank-Walter Steinmeier wird erneut zum Bundes­präsidenten gewählt.

Hans-Georg Baaske, Wegbereiter für und Leiter des Umweltbüros der Landeskirche, geht in den Ruhestand.

„Zeitenwende“ ist das Wort des Jahres 2022: Am 24. Februar überfällt Russland die Ukraine, Millionen Menschen müssen ihre Heimat verlassen, viele finden Zuflucht in den osteuropä­ischen Nachbarländern und in Deutschland. Auch evangelische ­Kirchengemeinden stellen Not­unterkünfte zur Verfügung und ­organisieren Sprachcafés. Tausende ­Helfer*innen fahren mit eigens ­organisierten Hilfstransporten an die polnisch-ukrainische Grenze. Am Berliner Hauptbahnhof betreibt die Berliner Stadtmission die Willkommenshalle für ankommende Ukrainerinnen und Ukrainer. Inner­kirchlich wird seitdem über Waffenlieferungen diskutiert, einige fordern ein Umdenken in der ­evangelischen Friedensethik.

März


Die Liturgie des Weltgebetstag haben Frauen aus England, Wales und Nordirland vorbereitet.

Ab 16. März ­müssen Mitarbeitende in der Pflege- und Gesundheitsbranche gegen ­Corona geimpft sein.

Die Evangelische Journalistenschule in Berlin wird wegen Sparzwängen ­geschlossen, ein neues journalistisches Ausbildungsangebot werde ­aufgebaut, heißt es später.

Der Rat der EKD ernennt Bischof Christian Stäblein zum EKD-Flüchtlings­beauftragten.

Eine neue Ausstellung im Kloster Stift zum Heiligengrabe kommentiert erstmals einen Bilderzyklus über die antisemitische Gründungslegende des Klosters.

April


Die Landessynodalen tagen und richten einen Flüchtlingsfonds in Höhe von 1,5 Millionen Euro ein, um die ­Integration von Geflüchteten aus der Ukraine mittelfristig zu unterstützen.

Auf der Herbstsynode wird er für alle Geflüchteten geöffnet.

Die Landes­synode fordert Russland zum sofortigen Abzug der Truppen auf.

Die Landesgartenschau beginnt in Beelitz – rund um den ­Kirchenpavillon lädt der Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg ein.

Kirchenintern wird verstärkt diskutiert, ob die ­Russisch-Orthodoxe Kirche aus dem Welt­kirchenrat ausgeschlossen werden sollte – der Weltkirchenrat lehnt ab. 

Mai


Im Mai hat Deutschland bereits die Ressourcen der Erde verbraucht, die für ein ganzes Jahr zur Ver­fügung stehen.

Antijüdische, rassistische und nationalsozialistische Darstellungen dürfen laut Kirchengesetz nicht mehr in Kirchen in der Landeskirche verwendet werden.

Die EKBO weiht auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf einen Gedenkort für den jüdischen Musikwissenschaftler Max Friedlaender ein, auf dessen abgelaufener Grabstelle 2021 die Urne eines Neonazis beigesetzt worden war.

Die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in Polen (EAKiP) feiert am 7. Mai mit einem Gottesdienst die erste ­Ordination von Frauen.

Die Zweite ­Ökumenische Konsultation von ­Bischöfen an Oder und Neiße steht im Zeichen des Krieges in der Ukraine. 26 Pfarrer*innen im Entsendungsdienst werden ­ordiniert. 

Wegen Vorwürfen der sexuellen ­Belästigung am Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam lässt ­Rektor ­Walter Homolka seine Auf­gaben vorerst ruhen.

Bei stürmischem Wetter feiern Christ*innen in Lenzen den Elbekirchentag.   

Juni


Die Diakonie Deutschland fordert eine kostenlose Schuldnerberatung für alle Menschen.

Der Aktionsmonat Sehbehindertensonntag macht auf die Situation blinder und sehbehinderter Menschen in Kirchengemeinden aufmerksam.

Bei einer Amokfahrt steuert am 8. Juni ein Mann sein Auto in eine Menschenmenge am ­Kudamm.

Eine Frau stirbt. Vom 10. bis 12. Juni findet in Bad Wilsnack das Landesjugendcamp unter dem Motto „Strahlend in die Zukunft“ statt.   

„Von wegen“ heißt das Motto des ersten Lausitzkirchentages von EKBO und sächsischer Landeskirche in Görlitz.

Die freie Autorin Susanne Atzenroth ist wieder auf Sommertour für „die Kirche“ unterwegs, in diesem Jahr entlang Oder und Spree.

Ein Vorschlag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schlägt ein ­soziales Pflichtjahr für junge ­Menschen vor.

Der ­Bevollmächtigten der EKD bei der Bundesregierung und der EU, Martin Dutzmann, geht in Ruhestand, seine Nachfolgerin wird die Pastorin Anne Gideon. 

Der Bundestag beschließt die Abschaffung des Paragrafen 219a StGb, der die „Werbung“ für Schwangerschaftsbrüche verbietet.

Juli


In Brandenburg gibt es das erste Prüfbüro für leichte Sprache.

Träger sind die Teltower Diakonischen Werk­stätten.

Steigende Energie­kosten und die Inflation treiben die Ausgaben für private Haushalte in die Höhe, auch Kirche und Diakonie sind betroffen.

Wälder in Brandenburg brennen.

In Somalia droht die größte Hungersnot seit 2011.

­Matthias Puppe wird EKBO-Pfarrer zur Koordinierung und der Seelsorge an ukrainischen ­Geflüchteten.

August


Angesichts des Fischsterbens in der Oder rufen deutsche und polnische Kirchen zu mehr Umweltschutz auf.

Die neugegründete evangelische Grundschule in Pritzwalk in Trägerschaft der Stephanus-Stiftung startet.

Skandale im rbb – aus ­Konsequenz tritt Pfarrerin im Ruhestand Friederike von Kirchbach als ­Vor­sitzende des rbb-Rundfunkrates ­zurück, ihr Nachfolger wird EKBO-Präses Harald Geywitz.

Martin ­Germer, langjähriger Pfarrer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, geht in den Ruhestand.

September


Auf der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Karlsruhe treffen sich rund 4000 inter­nationale Gäste aus 352 Mitglieds­kirchen.

Die Frage, ob ­Israel ein „Apartheidstaat“ sei, war die umstrittenste.

Die Initiative GethsemaneKiez lädt zu einem Fest ein, um ein Zeichen gegen „die Querdenker“ zu setzen, die seit ­Monaten jeden Montagabend an der Gethsemanekirche protestieren.

Die documenta fiftteen in Kassel endet – im Mittelpunkt stand nicht die Kunst, sondern Antisemitismus-Skandale um mehrere Werke.

45 Religionslehrkräfte aus der Region erhalten ihre Lehr­berechtigung. Queen Elisabeth, Oberhaupt der ang­likanischen Kirche, stirbt im Alter von 96 Jahren.

Unter dem Motto „Frauen, Leben, Freiheit“ demonstrieren mehr und mehr Menschen im Iran gegen das Regime. 

Oktober


Andreas Goetze, landeskirchlicher Pfarrer für den interreligiösen Dialog, verlässt die EKBO.

An der Kölner Zentralmoschee erschallt freitags der Muezzin-Ruf öffentlich.

Im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung gibt es künftig eine Frauenquote für Führungs­positionen.

Der Gemeindekirchenrat in Wittenberg will die antjüdische Schmähplastik an der Stadtkirche nicht von der Fassade entfernen und neu dokumentieren, wie von einer unabhängigen Kommission vorgeschlagen.

November


Etwa zwei Drittel der Christinnen und Christen in der Landeskirche wählen neue Gemeindekirchenräte.

Die Klimaaktivistin Aimée von Baalen von der „Letzten Generation“ erhält nach ihrem Auftritt auf der EKD-Synode in Magdeburg Beifall von den EKD-Synodalen.

EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich bezeichnet die Straßenblockaden als legitimes Mittel zivilen Widerstands.

Die ­Synode beschließt für PKW-Fahrten im kirchlichen Kontext ein Tempolimit.

Auch Bischof Christian ­Stäblein stellt sich hinter die Ziele der Klimaaktivisten.

Die Landes­synode verabschiedet Konsistorialpräsident Jörg Antoine.

Am 20. November startet die Fußball-WM in Katar, die innerkirchlich stark umstritten ist.

In der Gesamtkirchengemeinde Ruppin wird erstmals landeskirchenweit ein Pachtvertrag über Kirchenland abgeschlossen, in dem Umweltkriterien zentral sind. 

Dezember


Brandenburgs Kulturministerin kündigt an, bis Juni 2023 das Denkmalschutzgesetz zu novellieren und Solaranlagen auf Kirchendächern zu ermöglichen.

Die beim Besuch einer deutschen ­Kirchendelegation in Indien fest­genommenen indischen Kirchenmitarbeiter sind wieder frei. 

Zusammengestellt von Constance Bürger

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Gesellschaft Kirche Kultur Menschen
news-18665 Wed, 21 Dec 2022 12:21:09 +0100 Wir hatten mehr Glück als Maria und Josef https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/wir-hatten-mehr-glueck-als-maria-und-josef.html Zwei geflüchtete Ukrainerinnen schildern ihre Gedanken zu Weihnachten

Für Ukrainerinnen und Ukrainer ist es das erste Weihnachten seit dem Überfall Russlands am 24. Februar auf ihr Land. Wie erleben sie das Fest, wenn in der Heimat Krieg ist? Zwei Stimmen

Herberge gefunden


Ich denke viel an meinen Vater. Ich vermisse ihn sehr. Ich bin Einzelkind, er hat immer für mich gesorgt. Zusammen mit meiner Stiefmutter lebt er in Odessa. 

Mein Vater ging sein ­Leben lang regel­mäßig in die Kirche und hat mit uns die Feste vorbereitet. Er half die Speisen zuzubereiten und sprach die Gebete. Zu mir sagte er: „Wenn alles gut läuft, wirst du Gott vergessen; in der Not wirst du wieder zu ihm finden.“ Wie wird er in diesem Jahr Weihnachten feiern? 

Die meisten Städte in der Ukraine sind dunkel. Die einzigen Lichter sind manchmal die Ampeln, aber auch die funktionieren oft nicht. Es gibt keinen Strom, es ist kalt. 

Mein Vater geht vermutlich in die Kirche. Dort brennen nur Kerzen. Dann steigt er ­wieder hoch in den zehnten Stock seiner Wohnung, dann steigt er wieder herunter, um den Hund auszuführen, denn der Aufzug fährt nicht. Früher gab es zu Weihnachten zwölf Gänge. Ich weiß nicht, was er dieses Jahr ­essen wird. Er hat einen ­Elektroherd, aber die Lebensmittel sind teuer geworden. 

Meine Tochter hat neulich mit ihm telefoniert und ihn gebeten, nach Deutschland zu kommen. Aber er tut sich schwer, so wie es auch mir schwer fiel, meine Heimat zu verlassen. Ich bin nur der Kinder wegen gegangen. Mein Sohn wird bald volljährig. Mein Onkel und mein Cousin haben gesagt: Verlass das Land, damit der Junge nicht eingezogen wird. Die beiden Männer sind längst gefallen. 

Wir werden Weihnachten hier mit der ­Gemeinde feiern. Meine Kinder durften ihre Wünsche auf Zettel schreiben, freundliche Leute aus der Gemeinde werden sie erfüllen. Ich bin dankbar für alle Hilfe und Herzlichkeit, die ich erfahren durfte. Es kommen so unterschiedliche Leute hierher, aufgenommen wurden wir alle mit der gleichen Herzlichkeit. 

Wir hatten mehr Glück als Maria und ­Josef, wir haben eine Herberge gefunden, Wärme und Zuwendung. Andere sitzen noch in Bahnhöfen, Kellerlöchern oder Erdgruben. Wir und unsere Kinder werden unser Leben lang geprägt sein vom Krieg. Und wir werden das Gefühl der Dankbarkeit ein Leben lang im Herzen tragen. Ich wünsche uns allen ­Gesundheit und Frieden.

Hanna aus Odessa, 39 Jahre

Liebe und warme Hände


Dieses Jahr ist Weihnachten anders für mich. Alles ist anders. Es ist Krieg in meiner Heimat, und meine Mutter ist gestorben. Das Leben geht irgendwie weiter, aber anders. 

Ich war lange Zeit so erschüttert, dass ich mich nicht zur Flucht entschließen konnte. Diese Gewalt ist entsetzlich. Wir haben so viele Kriege erlebt in der Geschichte, ich kann es nicht verstehen. Es tut alles so weh, als wäre die Haut ganz wund. 

Meine Tochter hat mich gedrängt, Kyiv endlich zu verlassen. Ich habe dann irgendwann meine Tasche gepackt und bin ins ­Ungewisse gefahren. Sie ist in Breslau, ich bin allein in Berlin. Jeden Tag telefonieren wir miteinander. Jeder Tag beginnt mit Nachrichten aus der Heimat. Jeden Tag sterben dort Menschen gewaltsam. An jedem Tag leiden die Kinder. 

Wenn wir keinen Glauben haben, keine Hoffnung auf eine Wendung zum Besseren – dann erstarren wir zu Salzsäulen. Ich hoffe, Gott wird die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen. Und ich hoffe, wir lernen, das Leben zu schätzen. Denn es ist so kostbar. Hier schenken uns viele Menschen ihre Liebe. Unser Leiden ist ihnen nicht egal, sie teilen ­unseren Schmerz. Dafür werde ich immer dankbar sein. Ich werde nie vergessen, wie mich in der Fremde die warmen Hände der Freiwilligen berührten – solche Gefühle kannte ich bisher nicht. 

Ich möchte gerne etwas zurückgeben, aber es ist schwierig ohne die Sprache. Darum lerne ich nun Deutsch. Eigentlich feiern wir Weihnachten im Januar, aber in der Ukraine passen wir uns an die europäischen Standards an, auch in der Religion, und darum ­feiern wir gerne mit im Dezember. Haupt­sache ist doch, wir sind zusammen. 

Ich werde zu meiner Tochter fahren. Ich freue mich so, sie zu sehen und zu umarmen! Mein Leben hat einen Sinn durch die Liebe, die uns verbindet.

Ljudmilla aus Kyiv 47 Jahre

Mit Hanna und Ljudmilla gesprochen hat Pfarrer Sven Grebenstein. Übersetzt hat ­Michael Zwilling, Sozialbetreuer in der Notunterkunft und Mitglied im Gemeindekirchenrat der Markus-Gemeinde in Berlin-Steglitz. 

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news-18612 Wed, 14 Dec 2022 12:12:51 +0100 Koordinierte Hilfe für die Ukraine https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/koordinierte-hilfe-fuer-die-ukraine.html Bar, digital oder per Päckchen: Mario Göb organisiert für die Diakonie Katastrophenhilfe die Hilfe für die Ukraine. Katharina Körting sprach mit ihm. „Viele haben gar nichts mehr“

Herr Göb, wir sprechen in Ihrem Büro in Berlin-Mitte in einem schicken Neubau, gut geheizt, satt vom Mittagessen im hauseigenen Restaurant. Da scheinen Kälte und Hunger weit weg.

Für mich nicht. Ich war gerade in der Ukraine, und das prägt nachhaltig.

 

Seit wann koordinieren Sie die Winterhilfe dort?

 

Ich habe gerade erst angefangen. Im November war ich direkt eine Woche in Polen und eine Woche in der Ukraine. Zuerst vier Tage im Westen, im ukrainischen Uszgorod. Das ist ein wichtiger Standort für uns, weil die Hilfsgüter, die wir per Konvois in die Ukraine transportieren, dort abgeladen, individuell verpackt und weiter verteilt werden.

 

Was muss in die Päckchen ?

 

Was packen Sie in die Pakete?

 

Vor allem Nahrungsmittel, aber auch Hygieneartikel wie Zahnbürsten, Zahnpasta oder Damenbinden. Und wenn Babys in der Familie sind, gibt es eine extra Komponente. Es gibt dort zwei große Lagerhallen mit insgesamt 18 Leuten, die dort agieren – das war eine Riesenoperation. In Uszgorod ist es noch verhältnismäßig ruhig, viele haben dort Zuflucht gesucht, auch Mitarbeitende unserer Partnerorganisation „Vostok SOS“, die sich 2014 gegründet hat. Sie sitzen eigentlich in Donezk, im Osten des Landes, aber nach dem Einmarsch Russlands im Februar mussten sie fliehen. Der „Child Well-being Fund“ ist eine weitere ukrainische Organisation, mit der wir zusammenarbeiten.

 

Sie waren auch in Kiew. Wie geht es den Menschen dort?

 

Es ist eine ganz andere Anspannung zu spüren als in Uszgorod. Wir sind mit dem Nachtzug eingerollt, und zwei Minuten, bevor der Zug zum Stehen kam, ging der Luftalarm los. Da es am Bahnhof nicht sicher war, blieb uns nichts anderes übrig, als durch die dunklen Straßen zum Hotel zu fahren. Der erste Schnee fiel und es ist jetzt schon bitterkalt. Auch im Hotel war alles dunkel, wir sind sofort in den Bunker gegangen, eine umfunktionierte Tiefgarage. Da saßen wir dann mit etwa 80 anderen. Einige haben kurzerhand ihre Konferenz im Bunker fortgeführt. Es muss ja weitergehen, die Arbeit muss weitergehen. Die Leute wollen, dass ihr Land weitergeht!

 

Hatten Sie Angst?

 

Ja, Angst hat man natürlich auch. Es hilft, wenn man etwas tun kann. So geht es auch den Ukrainern. Wer Arbeit hat, kommt besser mit der Situation zurecht. Schwieriger ist es für die, die keine Arbeit haben, vor allem für die Geflüchteten. Es ist schwer, eine Arbeit zu finden. Die Arbeitslosenquote ist von 10 auf 35 Prozent gestiegen. Das geht einem dann emotional sehr nahe. Nach acht Monaten sind deren Ersparnisse aufgebraucht. Viele der 6,8 Millionen Binnengeflüchteten haben nichts zu essen, keine Wärme, keinen Strom. Sie sind traumatisiert. Was mich als Vater mitgenommen hat, war der Besuch bei einer Mutter mit Baby. Es trug so ein flauschiges Hasenkostüm, weil es in der Wohnung recht kalt war, und die Mutter erzählte von einem Artilleriefeuer, das die Fenster im Nachbarzimmer zerbersten ließ. Da war sie noch hochschwanger. In der Wand sahen wir die Löcher von den Splittern. Sie hielt den Jungen im Arm, und um ihn zum Lachen zu bringen – ich habe auch ein kleines Baby –, klatschte ich mit den Händen. Aber der Junge zuckte zusammen. Die Mutter erklärte mir, dass er sehr lärmempfindlich sei.

 

Wie sind die Menschen untergekommen?

Manche harren bei minus 10, minus 15 Grad auf der Straße aus. Vor der Ausweitung des Krieges auf das gesamte Land gab es in der Hauptstadt 20000 Obdachlose, jetzt sind es 40000, allein in Kiew. Aber die meisten sind in Privathäusern, in umfunktionierten leerstehenden Gebäuden oder Turnhallen untergebracht.

 

Wer bekommt die Päckchen?

 

Da gehen Sie dann hin und übergeben die Päckchen?

 

Es gibt verschiedene Formen der Hilfe. Da ist der Hilfskonvoi mit Lebensmittelpaketen. Und es gibt es Geldleistungen. Die Ukraine ist hochdigitalisiert, da bekommen die Leute eine Karte, mit der sie in einer Supermarkt-Kette einkaufen können. Sie können also selbst entscheiden, da jede Familie am besten weiß, was sie benötigt.

 

Funktioniert der Strom für die Kartenzahlung denn noch?

 

Das ist natürlich ein Riesenthema, weil die Angriffe auf die Infrastruktur immer intensiver werden. Es gibt drei, vier Stunden Strom, den Rest der Zeit nicht. Da sitzt man dann im Dunkeln im Büro, mit einer Taschenlampe, und arbeitet sich durch die Dokumente durch. Die Heizung ist elektrisch gesteuert, also bleibt die Wohnung kalt. Eine Kollegin dort wird seit Wochen ihren Husten nicht los. Und viele haben halt gar nichts mehr. Denen helfen wir.

 

Wie wird das alles finanziert?

 

Was kostet das Ganze?

 

Für das Geldleistungsprojekt mit den Karten steht eine Million Euro zur Verfügung. Damit erreichen wir 1880 Familien, das sind rund 4700 Personen. Die Registrierung ist jetzt abgeschlossen. Die Menschen bekommen ihren Zugang und können einkaufen gehen.

 

Wir haben weitere Winterhilfeprojekte, etwa Luftschutzbunker für die Schulen. Die sind jetzt vorgeschrieben. Normalerweise müssen die Kinder in feuchte, kalte Keller, und da helfen wir bei der Ausstattung, mit Fußböden, Decken, Sitzmöglichkeiten. Wiederum mit einer Million Euro. Ein weiteres Projekt unterstützt bei der Einrichtung von Wärmestuben.

 

Hilft die Diakonie Katastrophenhilfe auch Geflüchteten außerhalb der Ukraine?

 

Ja, in den Anrainerstaaten. In Polen ist unser größtes Cash-Projekt.  Dabei erfolgt der Transfer digital übers Handy oder in bar. Dorthin sind zwölf Millionen Euro geflossen. Wir haben fast 20.000 Leute erreicht.

 

 

Gibt es auch schon Hungertote?

 

 

Ist Ihnen bekannt, dass Menschen bereits verhungert oder erfroren sind infolge des Infrastrukturkrieges, den Wladimir Putin führt?

 

Das weiß ich nicht, aber die Lage ist ernst, und das droht auf jeden Fall. Es ist schwer, Zugang zu Orten zu finden, die gerade erst befreit wurden, auch wenn wir nicht allein sind. Viele Hilfsorganisationen sind vor Ort. Allerdings ist die Lage, was Hunger betrifft, in anderen Ländern, um einiges schlimmer, etwa in Somalia oder im Südsudan.

 

Spenden in Deutschland mehr Menschen für die Ukraine als für die Länder in Afrika?

 

Ich glaube ja. Dadurch, dass die Krise direkt vor unserer Haustür stattfindet, mitten in Europa, gibt es eine sehr große Solidarität und Spendenbereitschaft. Über die Ukraine wird auch in den Medien viel mehr berichtet. Leider hat die Ukraine-Krise jedoch auch enorme globale Auswirkungen. Sie verschärft den Hunger in Ostafrika. Wir bitten um Spenden für die Ukraine – möchten jedoch ebenso, dass Afrika dabei nicht vergessen wird. Nach UN-Schätzungen werden 2023 weltweit 339 Millionen Menschen auf Nothilfe angewiesen sein – ein trauriger Rekord.

 

Fühlen Sie sich manchmal ohnmächtig angesichts der großen Not?

 

Ich denke, dass viele Menschen in Deutschland eine gewisse Ohnmacht spüren. Die Situation ist verfahren. Aber wir sind nicht handlungsunfähig. Wir können konkret helfen. Die Hilfsmaßnahmen haben direkte ­Auswirkungen auf das Leben einer Familie. Sie sitzen mit ihren Kindern im Dunkeln, Vater krank, keine Arbeit – und sie bekommen erstmal Geld, um zu überleben. Dafür sind wir angewiesen auf Spenden. Auch wenn der Krieg vorbei ist, wird die Ukraine noch lange Unterstützung brauchen, und die Diakonie Katastrophenhilfe wird sich auch langfristig im Wiederaufbau engagieren.

 

Wo holen Sie sich Ihre Hoffnung?

 

Was macht Ihnen Hoffnung?

 

Der Zusammenhalt. Die Leute stehen zusammen. Auch die Hilfe, die die Menschen in Polen leisten, macht mir Hoffnung. Dort ist die Diakonie Polen unsere Partnerin, und die Polen haben über Nacht ihre Türen für Geflüchtete geöffnet. Die Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit machen mir Hoffnung, auch auf der Ebene der Hilfsorganisationen: Wir sind alle gemeinsam drin. Die Ukraine steht nicht allein da. Sie wird von uns allen unterstützt. Global gesehen rücken wir alle näher zusammen. Und ich hoffe auf Friedensverhandlungen. Das ist die einzig mögliche Lösung. Die muss kommen, und die wird auch irgendwann kommen.

 

 

Mario Göb koordiniert die Winterhilfe in der Ukraine und war im November vor Ort. Er hat einen Bachelor in Geografie und einen Master im Bereich Water, Sanitation and Hygiene. Er arbeitete zunächst vier Jahre in Honduras, bevor er anderthalb Jahre den Kriegsgeflüchteten in jordanischen Lagern beistand. Seit 2017 ist er bei der Diakonie Katastrophenhilfe im Projekt-Management und in der Programmkoordination tätig, fünf Jahre für den Sudan und Südsudan und seit November für die Ukraine.

 

 Hier können Sie spenden:

Die Diakonie Katastrophenhilfe bittet um Spenden:

Diakonie Katastrophenhilfe

Evangelische Bank

IBAN: DE68 5206 0410 0000 5025 02

BIC: GENODEF1EK1

Stichwort: Ukraine-Krise

www.diakonie-katastrophenhilfe.de/spenden/

 

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news-18611 Wed, 14 Dec 2022 11:57:14 +0100 Zwei Fachfrauen am Berliner Dom https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/zwei-fachfrauen-am-berliner-dom.html Zwei Fachfrauen begleiten die Erneuerung des vierten Turms am Berliner Dom Vierter Turm am Berliner Dom wird erneuert

 

von Sabine Meissner

 

Von den vielen Wahrzeichen Berlins ist eines den Menschen besonders ans Herz gewachsen: der Berliner Dom mit seiner Fassade aus Sandstein. Ihn zu erhalten, ist das Ziel nicht nur der Gemeinde der Oberpfarr- und Domkirche, wie das sakrale Gebäude offiziell heißt. Spenden- und Fördergelder ermöglichen die nötige Sanierung. Nun wird der letzte von vier Türmen erneuert.

 

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) engagiert sich mit einer deutschlandweiten Spendenkampagne für die größte evangelische Kirche Berlins. Nur wird mit einem Teil des Geldes die Sandsteinfassade des vierten Turms saniert. Drei Türme, die in Richtung Friedrichswerdersche Kirche, Richtung Nationalgalerie und Richtung Hackescher Markt gerichteten, sind bereits saniert worden.  Mit den Arbeiten wurden im Wechsel jeweils regionale Unternehmen beauftragt. Anfang 2023 kann die vorerst letzte Phase der Fassadenrestaurierung beginnen. Insgesamt kamen 379 600 Euro zusammen.

 

Der Berliner Dom wird von vielen Menschen geschätzt

 

An spektakulärer Stelle  erfolgte nun die Übergabe der aktuellen Rate der Spendenkampagne in Höhe von 47.066 Euro: Auf dem Baugerüst über den Dächern Berlins überreichte Wolfgang Degen, Mitglied des Berliner DSD-Ortskuratoriums, im Namen der Stiftung den überdimensionierten Scheck an Jan Kingreen, Geschäftsführer des Berliner Doms. Zuvor hatte Degen erfreut mitgeteilt: „Es gibt so viele Menschen, die ein Interesse daran haben, diese besondere Kirche in Berlin zu erhalten. Sie ist ihnen wichtig.“ Dass sich das unter anderem in klingender Münze äußert, freut Dom-Geschäftsführer.

Mit der Übergabe dieser weiteren Spende geht ein Fördervertrag der DSD zur Instandsetzung der Sandsteinfassade an Turm A einher, dem in Richtung Alexanderplatz zeigenden Turm an der Karl-Liebknecht-Brücke. Es ist der letzte der vier Türme, der noch nicht restauriert werden konnte.

 

Einer der prachtvollsten Sakralbauten Deutschlands

 

Der Berliner Dom befindet sich in der historischen Mitte der Bundeshauptstadt. Er gilt als einer der prachtvollsten Sakralbauten Deutschlands und ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Berlins. Den Auftrag für den repräsentativen Zentralbau mit Kuppel gab einst Kaiser Wilhelm II. (1859–1941).

Die Fertigstellung in Formen der Neorenaissance und des Neobarock erfolgte nach elfjähriger Bauzeit im Jahr 1905. Der Dom ist eine der größten evangelischen Kirchen Deutschlands, bestehend aus Predigtkirche sowie Tauf- und Traukirche, der Hohenzollerngruft und dem Dommuseum. Im Zweiten Weltkrieg gab es am Gebäude schwere Beschädigungen. Nach einem Bombentreffer war die brennende Kuppel ins Innere gestürzt. Die Arbeiten zum Wiederaufbau begannen im Jahr 1975.

 

Umfangreiche Schäden am Dom

 

Die Notwendigkeit der aktuellen Arbeiten erläuterten zwei Fachfrauen, die Dombaumeisterin Sonja Tubbesing und Baudenkmalpflegerin Damaris Gorrissen: Als im Jahr 2018 die Domgemeinde auf eigene Kosten den Glockenturm restaurieren ließ war es nach ihren Angaben möglich geworden, vom Gerüst aus Teile der Fassade aus der Nähe zu betrachten. Das Ergebnis war für beide Spezialistinnen erschreckend, weil es umfangreiche Schäden zutage brachte.

 

„Dramatische Zeichen des voranschreitenden Zerfalls waren an dem über 100 Jahre alten Gebäude zu erkennen“, sagt Dombaumeisterin Tubbesing. Schwarze Verkrustungen aus Ruß, Gummiabrieb, Schmutz und Staub hatten sich über Jahrzehnte auf dem Sandstein abgelagert und stellten eine Bedrohung des Gebäudes dar. Säuren, die sich durch Luftschadstoffe und Regenwasser bildeten, konnten in den Stein eindringen und ihn zersetzen. Undichte Fugen und der dadurch gestörte

Ablauf von Wasser hatten die Sandsteinfassade zusätzlich geschädigt, so dass einzelne Teile herabzustürzen drohten. Die äußere Natursteinhülle des Doms musste dringend saniert werden.

 

Rettung durch Spenden

 

Klar war, dass das alles Geld kosten würde – viel Geld, das die Dom­gemeinde allein nicht würde aufbringen können. Es wurde die DSD mit ins Boot geholt, was sich heute als Rettung erweist. Die eingehenden Spenden halfen auch über die Corona-Zeit hinweg, als es keine Präsenz-Veranstaltungen und damit keine Einnahmen aus dem Ticketverkauf gab. Der Dom-Geschäftsführer Jan Kingreen erklärte: „Unabhängig von den Ausgaben für Instandhaltung und Restaurierung kostet die Unterhaltung des Doms täglich 14000 Euro, die zu 95 Prozent der Dom selbst erwirtschaftet.“

 

Vorerst letzte Restaurierungsphase

 

„Wir sind sehr froh“, betonte Baudenkmalpflegerin Gorrissen, „dass ohne Unterbrechung weitergebaut werden konnte“. Kingreen dankte der Stiftung und allen Spendern für die großzügige finanzielle Unterstützung. Wenn die Arbeiten an allen vier Türmen beendet sind, werde nicht etwa Schluss sein, sagte Sonja Tubbesing. Sie habe in den fast sieben Jahren ihrer Tätigkeit als Dombaumeisterin das Gebäude nie ohne Gerüst erlebt. Nach Turm A sei die Ostfassade zu sanieren sowie weitere Gebäudeteile. „Wenn man einmal herum fertig ist, muss es also von vorn wieder losgehen“, bemerkte treffend einer bei der weiteren anwesenden Journalisten.

 

Termine zur Besuchtigung unter: www.berlinerdom.de/termine/

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news-18610 Wed, 14 Dec 2022 11:30:00 +0100 Das Lesen mit Sternchen https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/das-lesen-mit-sternchen.html Der Lesemodus mit Sternchen wirkt störend. Pröpstin Christina-Maria Bammel wirbt für Respekt. Sprachräume weiten vom Schulbuch bis zur Heiligen Schrift

von Pröpstin Christina-Maria Bammel

Um Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter ringen wir. Das Ringen um die entsprechende Sprache gehört dazu. Das gilt für alle Bereiche von der Alltagssprache über Schulbuch- und Gesetzestexte bis zur Heiligen Schrift. Auch von Erfahrungen geschlechtsspezifischer Marginalisierungen ist in den Heiligen Schriften als Zeugnissen von Gotteserfahrung zu lesen. Solche Marginalisierungen zu benennen und Gegen­strategien zu finden, hat mit Gerechtigkeit zu tun.

Gewöhnungsbedürftigkeit gegenseitig zugestehen

Den meisten Menschen sind Ungerechtigkeiten im Verhältnis der Geschlechter heute unerträglich geworden. Man kann sich darüber empören, dass sich im Ringen um eine neue Sprache die Texte der Heiligen Schrift zu verändern beginnen, wenn von Gott als König*in etwa die Rede ist. Gewöhnungsbedürftigkeit kann man sich gegenseitig zugestehen. Und miteinander darüber reden, wie seit über 2000 Jahren  Übersetzungen der Heiligen Schrift die Glaubenssprache ändern. Wichtig ist, den Kern der Nachricht nicht aus den Augen zu verlieren: die Sehnsucht nach Gottes Gerechtigkeit.

Gott mit oder ohne Sternchen - es bleibt GOTT

Mir geht das Herz auf, wenn ich Menschen erlebe, die für Gerechtigkeit ihr Reden und Handeln einsetzen. Vor allem für soziale Teilhabe und Teilgabe, aber auch für die Gerechtigkeit im Verhältnis der Geschlechter, wie sie sich auch in unserem Sprechen von Gott ausdrückt. Ob dabei von Gott mit oder ohne Sternchen gesprochen wird, ist für mich nicht entscheidend. Wesentlich ist, dass wir in unserem Sprechen von Gott niemanden ausschließen, sondern uns zusammenhalten lassen von unserer, vor allem von einer Liebeskraft der Gottheit, die die Menschheit so dringend braucht.

Respektvolle Zuwendung

Menschengemachte Sprache bleibt immer anfällig dafür zu dominieren und zu marginalisieren. Doch die sich wandelnde Sprache ist unser Werkzeug, uns gegenseitig von unseren Erfahrungen der Ewigen zu erzählen, die Heiligkeit zu loben. Sprache hat ihre Schwächen. Und es gibt nur einen Weg, diese auszuhalten: die ­gegenseitige Begegnung in respektvoller Zuwendung.

Aktion "Folgt dem Stern - G*ott kommt"

Bei der Adventsaktion „Folgt dem Stern – G*tt kommt“ von Frauen in der EKBO, ejbo, Startbahn Neukölln und anderen werden geloste Bibelverse in geschlechtergerechte Sprache übersetzt und mit Bild und Kommentar auf Instagram und Facebook veröffentlicht. Das ist ein kreatives Angebot zum Weiten der Sprachräume als Ausdruck einer tastenden Gottesrede. Denn es geht nicht darum, eine politisch korrekte Sprache vorzuschreiben, sondern  sprachliche Möglichkeiten neu auszuschöpfen. Das ist kein  theoretisches Spiel mit Sprachbildern. Es geht um Menschen, die mit dieser Sprache berührt werden und Berührung suchen, vor allem geht es um das Geheimnis der Menschwerdung.

akd-ekbo.de/blog/folgt-dem-stern

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news-18609 Wed, 14 Dec 2022 09:38:10 +0100 Wärme schenken https://die-kirche.de/news-detail/nachricht/waerme-schenken.html Wärme schenken erwärmt viele Herzen Frieren und einsam sein? Das muss nicht sein, wenn jeder aufmerksamer wird für seine Mitmenschen

Von Thomas de Vachroi

Viele in unserem Land reden im Moment von Wärme und Licht. Die einen machen sich Sorgen um die Energiekosten und andere wiederum wissen nicht, wie sie die kalten Tage auf der Straße überleben sollen. Wo finde ich eine wärmende Stube? Wo bekomme ich ein warmes Essen und einen Platz zum Schlafen? Seit vielen hundert Jahren ist das so. Die einen wissen nicht, wie sie über die Runden kommen im ­alltäglichen Kampf gegen die Not und andere wiederum leben in ­großem Überfluss.

Doch Gesellschaften können sich ändern und das tun sie, auch wenn es noch nicht genug ist. Wir erleben gerade jetzt eine große ­Solidarität für Menschen in Not. Und in Not sind viele Menschen, sei es durch Vertreibung, Klimawandel, Kriege und Zerstörung, Krankheit oder Menschen ohne Wohnraum und ohne ­Arbeit. Viele Ehrenamtliche kümmern sich liebevoll um Menschen in Not. Nicht nur die christ­lichen Gemeinden sind daran beteiligt, es sind große gesellschaftliche Gruppen, die die Not lindern wollen. Den Glauben in der Gemeinschaft zu leben, gibt Geborgenheit im Schutz der Kirche, es stärkt das Wir-Gefühl und bildet damit ein solidarisches Fundament, um das gesellschaft­liche Leben gemeinsam mitzugestalten – nicht nur aus christlicher Sicht heraus, sondern als Mensch. Mit Nächstenliebe und wahrer ­Mitmenschlichkeit kann man die (soziale) Kälte besiegen und helfend eingreifen. Der Staat allein kann mit Gesetzen die Ursache der Not kaum bekämpfen und ist auf die gesellschaftlichen Kräfte angewiesen.

Manche Hilfe kostet kein Geld

Das leisten landesweit hunderte ­soziale Einrichtungen. Städte, Gemeinden und Kommunen weisen in ihren Mitteilungen darauf hin: vom Kältebus über Wärmestuben bis zu den Öffnungszeiten der Kirchen. Dutzende Aktionen wie Weihnachtspakete für obdach- und wohnungslose Menschen, Weihnachten im Schuhkarton, Weihnachtsessen oder Schlafplatzpaten sind nur einige Beispiele für die Unterstützung gesellschaftlicher Gruppierungen. Manche Investition in mehr Wärme und Licht kostet nicht einmal Geld. Ich muss einfach nur aufmerksamer für meine Mitmenschen werden und ihnen Hoffnung geben.

Wir reden immer gerade im Winter davon, Wärme zu verschenken. Doch die Not dauert nicht nur eine Winterzeit lang, sie ist immer und allgegenwärtig. Sie begleitet uns ständig durch den Alltag und die Jahre. Die Gruppen der Notleidenden werden immer größer, obwohl das solidarische Tun scheinbar wächst: Rentnerinnen und Rentner, Alleinstehende mit Kindern, Geflüchtete aus den Kriegsgebieten, schwerkranke Menschen, Menschen aus Europa, die ihr Glück suchen und ihrem bisherigen Leben damit eine Wendung geben wollen, Menschen in großer wirtschaft­licher Not, die doch nur einen Platz zum Leben suchen.

In meinem Umfeld erlebe ich gerade viele Christinnen und Christen, aber auch privat Unterstützende, die schier an der wachsenden Not, ausgelöst durch die menschen­gemachten Krisen, resignieren und verzweifeln. Wie sollen wir das schaffen? Der Tag hat doch nur 24 Stunden.

Hilfe für Sinn-Perspektiven

Die Not der Menschen ist nicht gottgegeben. Ihre Ursache liegt auch nicht im Versagen der leidenden Menschen, das Leben zu meistern. In unserer Verantwortung liegt es, die Not zu lindern, Hilfe ­anzubieten und Perspektiven aufzuzeigen, ­damit Menschen wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und ihrem Leben wieder einen Sinn geben können. Wärme zu verschenken, ist ein kleiner Aspekt der Hilfe. Viele Einrichtungen sozialer Träger öffnen zu Weihnachten und bieten neben warmer Kleidung und Essen einen wärmenden Ort an, um der Einsamkeit entgegenzuwirken. Kirchen öffnen ihre Tore, um ­Hilfesuchende zu unterstützen, ein ­wärmendes Plätzchen zu finden. Doch reicht das wirklich aus?

Das Recht auf Wohnen für alle

Ich sage nein, denn Menschen sollten das Recht haben, wohnen zu dürfen. U-Bahnschächte und Straßen sind kein Wohnraum. Natürlich tut man vieles, sei es mit Notunterkünften, mit sogenannten Wärmebussen, mit vielen Aktivitäten wie Kleidersammlungen und finanzieller Unterstützung. Für Wärme benötigt man Energie und damit meine ich nicht die fossilen Brennstoffe oder die aus Wasser, Sonne und Wind. Menschliche Energie bedeutet Zeitspende, es bedeutet neben dem Handeln auch finanzielle Zuwendung und dafür braucht man starke Partner. Es gibt in unserer Gesellschaft viele große und kleine Unternehmen, die sich dem sozialen Netzwerk „Wärme spenden“ angeschlossen haben. Sie eröffnen vielen sozialen Trägern und Gruppierungen die Möglichkeiten, zusätzliche Hilfen anzubieten.

Starke Partner übernehmen soziale Verantwortung

Sie wissen um ihre hohe soziale Verantwortung und fördern weiterhin Projekte und Unterstützungsleistungen. Ohne diese finanz­starken Zuwendungen wäre es viel schwerer, so vielen Menschen Wärme zu schenken. In mittlerweile überwältigender Form zeigen sie ihr Mitgefühl für Menschen in Not und unkomplizierte Hilfen. Seien es Sachspenden oder direkte Hilfe im Rahmen von Feierlichkeiten zu Advent und Weihnachten, aber auch darüber hinaus. Das soziale Netzwerk für Wärme wird immer größer und das lässt für die Zukunft hoffen.

Darum bitte ich Sie auch weiterhin, die Ärmsten der Armen nicht im Stich zu lassen. Ich hoffe, dass die Solidarität in unserer Gesellschaft fortdauert.

 

Thomas de Vachroi ist Armutsbeauftragter des evangelischen Kirchenkreises Berlin-Neukölln.

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