Zwei Frauen vor einer grünen Tafel
Sie arbeiten von Cottbus aus für den ländlichen Raum: Dorothee Land und Vanessa Rau. Foto: Susanne Atzenroth

Zentrum für Dialog und Wandel: „Demokratie braucht Religion“

Das Zentrum für Dialog und Wandel will die Kirche wieder stärker mit der Gesellschaft verbinden.

Von Susanne Atzenroth

Cottbus. Wie können Rituale helfen, Heimat zu finden – oder loszu­lassen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Diskussion Anfang Juli im Brandenburgischen Landes­museum für Moderne Kunst in Cottbus. Mit auf dem Podium: ­Dorothee Land und Vanessa Rau vom Zentrum für Dialog und Wandel (ZDW) der EKBO. Unter dem ­Titel „Heimat und Rituale im Strukturwandel“ sprachen Menschen aus Kirche und Gesellschaft über Umbrüche und Übergänge. In der Lausitz muss sich mit dem Ende der Braunkohle eine ganze Region neu erfinden – was viele Unsicher­heiten, aber auch Chancen mit sich birgt

Ähnlich ergeht es der Evange­lischen Kirche: Überkommene Strukturen tragen nicht mehr, die Mitgliederzahlen sinken. „Wie kann die Kirche der Zukunft aussehen? Welche Rolle kann sie im Gemeinwesen spielen? Was können wir als Christinnen und Christen an ­Zu­versicht und Vertrauen in die ­Gesellschaft einbringen?“ Diese Fragen beschäftigen Vanessa Rau und Dorothee Land im ZDW, das seit Anfang 2024 von Cottbus aus für die ländlichen Räume der ­Landeskirche arbeitet.

Was in den ländlichen Räumen los ist

In Cottbus haben sie sich inzwischen etabliert und werden oft als kirchliche Stimmen zu Veran­staltungen eingeladen, zuletzt zur Diskussion im Landes­museum. Auch in anderen regionalen Kontexten moderieren sie schwierige Themen, etwa den ­Umgang mit ­populistischem Ge­dankengut. „Hinter diesen Konflikten stecken oft Ängste“, erklärt ­Vanessa Rau, seit März 2025 Studienleiterin für ­Kirche und Gesellschaft im
ZDW. Biografiearbeit, Migrationsforschung und gesellschaftliche Transformationen gehörten zu ­ihrer bisherigen wissenschaftlichen Arbeit. „Vieles davon lässt sich übertragen, auch wenn es aus anderen Kontexten stammt“, sagt die promovierte Soziologin.

Dorothee Land ist Leiterin des ZDW. Sie war zuvor in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands in verschiedenen Funktionen tätig. „In ländlichen Räumen fehlen öffentliche Orte. Hier könnten kirchliche Räume eine wichtige Rolle spielen. Die Frage ist, wie wir das aufgreifen. Es wird keine fertige ­Lösung oder ein Programm geben. Es geht um eine Haltung: sich einlassen, ohne sofort an Nutzen oder Wirkung zu denken.“

Den Wohnort pilgernd entdecken

Am Anfang ihrer Arbeit stehen daher zunächst: Hingehen, Zu­hören, Netzwerken und Mitdis­kutieren – in Kunst, Kultur und Wirtschaft – wie zuletzt bei der Gesprächsreihe im Kunstmuseum. ­Vanessa Rau ­besucht Projekte in ländlichen ­Regionen der Landes­kirche und ­begleitet junge Pfarrerinnen und Pfarrer, die Unterstützung suchen. „Wir laden uns ein – und lassen uns einladen“, sagt ­Dorothee Land.

Ein Beispiel dafür ist das Format der „pilgernden ­Erkundungen“. In Forst gingen Menschen gemeinsam durch ihre Stadt, ließen sich vom Engagement erzählen. Sie entdeckten Orte, begleitet von Texten und Liedern neu, kamen ins Gespräch und hörten ­einander zu. Es ist ein Projekt, das auch in anderen Orten stattfinden könnte.

Weiterentwickelte Aufgabenstellung

Das ZDW besteht seit 2018 und hat seinen Sitz in der ehemaligen Wilhelmsmühle in Cottbus. Lag der Fokus anfangs auf dem Strukturwandel in der Lausitz, so arbeitet das ZDW seit Anfang 2024 mit ­einer weiter entwickelten Aufgaben­stellung. Zum Team gehören auch Assistentin Gabriella Mrosk und die Referentinnen Antje Hüttig und Theresa Gonschorek. Am 17. Juli wurden sie offiziell in ­ihren Dienst eingeführt.

„Vieles ist noch im Entstehen“, sagt Vanessa Rau. Zahlreiche Veranstaltungen haben sie in den vergangenen ­Monaten mitorganisiert, anderes ist in Planung, etwa eine ­Tagung vom 24. bis 26. November in Brandenburg an der Havel zum Thema „Minderheiten machen ­Zukunft“. Ein regionales Interviewformat mit Menschen aus Gemeinwesen und Kirche ist ebenfalls ­angedacht.

Kirche muss sich klar positionieren

„Kirchliche Orte sind wichtig. Sie können Orte des Dialogs sein – gerade mit Blick auf die Erfahrungen der Friedlichen Revolution“, betont Dorothee Land. „Demokratie braucht Religion. Ich sehe es als Auftrag für die Kirche, sich klar für die Menschenwürde zu positionieren und zugleich den Konsens zu suchen – bei Themen wie Frieden und einem ­guten Leben für alle“, ­ergänzt ­Vanessa Rau.

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